R. R. Alval
Homo sapiens movere ~ geschehen
Vorgeschichte zu den HSM
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Inhaltsverzeichnis
Titel R. R. Alval Homo sapiens movere ~ geschehen Vorgeschichte zu den HSM Dieses ebook wurde erstellt bei
Homo sapiens movere ~ geschehen Homo sapiens movere ~ geschehen Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden jähen Bach des Lebens. Friedrich Nietzsche (1844 – 1900) Hinweis in eigener Sache: Dieses Buch kann unabhängig von den anderen Bänden der HSM gelesen werden. Die Protagonistin ist Samanthas Großtante. Die Bücher um Samantha Bricks sollten jedoch unbedingt der Reihe nach gelesen werden.
Geburtstagskatastrophen
Begegnungen
Ribberts Revier
Fragen
Hindernisse
Gefahren
Mühen
Ehre
Wagnisse
Alexander
Alltag
Sterben
Düster
Alptraum
Aggression
Bleiche Stille
Schlangen
Erklärungsnot
Mein
FreeDom
Kontakte
Hauenstein
Glück im Unglück
Desaster
Pläne
Wunder
Rhett
Sturm
Neu
Annäherung
Epilog
Danksagung
Info
Impressum neobooks
Homo sapiens movere ~ geschehen
Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden jähen Bach des Lebens.
Friedrich Nietzsche (1844 – 1900)
Hinweis in eigener Sache:
Dieses Buch kann unabhängig von den anderen Bänden der HSM gelesen werden. Die Protagonistin ist Samanthas Großtante.
Die Bücher um Samantha Bricks sollten jedoch unbedingt der Reihe nach gelesen werden.
4. April 2051
Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt ! Heute war mein Geburtstag. An solchen Tagen passierten nur schöne Sachen, richtig? Scheiße passierte nur an anderen Tagen. Ich lachte trostlos und umarmte mich selbst.
Das Ticken der Wanduhr dröhnte unendlich laut in meinen Ohren.
Nein, in meiner Familie passierte regelmäßig irgendwelche Scheiße. Als hätten wir das Unglück gepachtet. Mein leiblicher Vater? Tot. Er kam einen Monat nach meiner Geburt ums Leben. Meine Großeltern – tot. Vor fast einem Jahr waren sie mit dem Auto verunglückt. Mein Ehemann – tot. Wäre er nur Busfahrer geworden oder sowas. Oder Lehrer. Oder Friedhofswärter. Stattdessen war er Polizist gewesen; mit Leib und Seele. Bis zu diesem beschissenen Tag vor beinah acht Jahren: Ein Raubüberfall. Ich würde es – vielleicht – verstehen, hätte der Täter auf ihn geschossen. Es war jedoch seine junge, viel zu unerfahrene Kollegin.
War durchgedreht und hatte auf alles geballert, was sich bewegte.
Das letzte Jahr hatte ich dann abwechselnd mit meinen Eltern meine Schwester gepflegt. Darmkrebs. Die Operationen waren nervenzehrend gewesen. Die Chemo höllisch. Die letzten sechs Monate hatte sie hauptsächlich mit Kotzen zugebracht. Sie wog noch knapp 40 Kilo. Haut auf Knochen. Ihre Augen waren eingefallen, aber immerhin strahlten sie wieder. Ihre schönen, langen, lockigen Haare… nun, die würden nachwachsen. Sie hatte den Krebs besiegt. Vorübergehend. Und jetzt – auch wenn das nur eine Lappalie war im Vergleich zu dem, was sonst in meiner Familie passierte – gab es keinen Strom
Seit drei Stunden!
Der Kuchen stand halb gebacken im Ofen. Die Sahne ungeschlagen im Kühlschrank – ich hätte Sprühsahne holen sollen. Kaffee konnte ich auch keinen kochen. Ich wusste nicht, ob es überall keinen Strom gab oder bloß nicht in meiner Straße.
Fakt war, telefonieren funktionierte nicht ohne Strom. Wenigstens war die Heizung noch an. Für Anfang April war es saukalt. Glücklicherweise gab es keinen Schnee mehr.
Mich aus meiner Umarmung lösend, griff ich zum hundertsten Mal zum Handy. Kein Netz. Immer noch nicht. Lag das ebenfalls am fehlenden Strom?
Tick – Tack. Tick – Tack. Tick – Tack.
Gleich-reiß-ich-das-Ding-von-der-Wand -Tick – und-hau-es-auf-den-Boden -Tack. Das Ticken der Wanduhr wurde stetig lauter. Ich konnte es mir in der Stille jedoch auch nur einbilden.
Um eins.
Toll!
In nicht ganz zwei Stunden würden meine Gäste eintreffen. Meine Eltern, mein Bruder mit seiner Frau – würg – und meine Schwester. Außerdem meine Freundin Lucy. Samt aktuellem Freund. Wie hieß der gleich? Roland. Ronny. Rudolf… egal. Irgendwas mit R. Unnötig es mir zu merken. Lucy wechselte ihre Freunde so oft wie andere die Unterwäsche. Manchmal sogar noch schneller. Ihre längste Beziehung hatte einundzwanzig Tage gehalten. Plus minus ein paar Stunden. Da ich Lucy seit zehn Jahren kannte, sagte das eine Menge aus.
Trotzdem war sie mir die liebste und beste Freundin. Sie hatte mir in der Zeit, als mein Mann Lance gestorben war, sehr geholfen. Ich vermisste ihn immer noch. Aber nicht mehr so sehr. Ohne Lucy wäre ich eingegangen. Wäre neben seinem Grab verwelkt. Sie war die einzige, die verstand, warum ich mich nicht neu verlieben wollte. Liebe war schön und gut. Aber sie konnte auch verdammt noch mal scheiße wehtun.
Erneut sah ich an die Uhr.
Fünf nach eins.
Hmm… noch genug Zeit in den Supermarkt zu flitzen und eine Torte aus dem Frost zu holen. Vielleicht taute die ja innerhalb von ein, zwei Stunden auf. Dazu Sprühsahne. Und fertigen Kaffee aus der Kühlabteilung. Den könnte ich in die Mikrowelle… äh, auf die Heizung stellen.
Frustriert rieb ich mir über die Augen.
So hatte ich mir meinen 34. Geburtstag weiß Gott nicht vorgestellt. Nun gut: Es gab Schlimmeres. Richtig? Der Strom würde schon irgendwann wiederkommen.
Rasch zog ich mich an. Schal, Mantel, Stiefel, Handschuhe. Mütze. Die war wichtig. Meine roten Haare schienen bei manchen die Vermutung hervorzurufen, ich könnte eine movere sein. War ich nicht. Wüsste ich. Meine Nachbarin war eine. Bis vor kurzem hatte ich es nicht mal geahnt. Sie war so… nett gewesen. Einige aus dem Haus munkelten, sie hätte Heilkräfte besessen. Andere, dass sie kleine Kinder aß. Wieder andere, dass sie Feuer spie. Vor zwei Monaten hatte man sie abgeholt; abgeführt wie eine Schwerverbrecherin. Dabei war sie Mitte 90.
Bis jetzt hatte ich sie nicht wieder gesehen.
Waren movere gefährlich oder nicht? Falls jeder so war wie meine Nachbarin... Vielleicht hatte sie sich verstellt? Mal ernsthaft: Ich hatte nie Kinderleichen gesehen. Oder Rauch aus ihrer Nase aufsteigen. Wäre sie hingegen wirklich in der Lage gewesen zu heilen…
Nein!
Mit Sicherheit nicht . Niemand wurde abgeführt, weil er andere heilte.
Ich griff Schlüssel und Geldbörse und eilte zum Supermarkt. Oh prima! Er war – welch Wunder – geschlossen. Ich klatschte meine Hand an die Stirn. Klar. Vermutlich hatte unsere gesamte Straße keinen Strom. Ohne den funktionierte auch im Supermarkt rein gar nichts. Noch nicht mal die Türen.
Seufzend atmete ich aus.
Wir lebten im 21. Jahrhundert und doch waren wir abhängig: Von Strom, von Benzin und Diesel, von Geld. In der Ferne hörte ich Menschen brüllen. Bestimmt wieder eine Demonstration. Oder… ich runzelte die Stirn. Schüsse waren zu hören. Das Bersten von Glas. Der Alarm von Autos. Das Rattern von Hubschraubern. Zumindest die gehörten inzwischen zum Alltag. Seitdem vor drei Monaten damit begonnen worden war die movere einzusammeln. Die gefährlichen von ihnen. Obwohl sie das wahrscheinlich alle waren.
Die Hubschrauber flogen nun direkt über mich hinweg.
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