Hah, nur gut, dass ich ein paar klitzekleine Asse im Ärmel hatte. Beziehungsweise in den Genen. Mit denen konnte es keine Technik aufnehmen. Das Problem bestand nur darin, nah genug an das Zeug ranzukommen. Ich hatte zwar einen guten Radius von knapp zwanzig Metern vorzuweisen, aber die Vibrationsdetektoren hatten einen weitaus größeren Bereich, den sie abdecken konnten.
Wah, mich fröstelte. Ging diese blöde Heizung wieder nicht? Es wunderte mich nicht, dass ich meine Hand an der Heizung nicht verbrannte. Ich sollte einen Fachmann anrufen. Verflixt, das hatte ich schon vor zwei Wochen tun wollen! Irgendwann würde ich mir doch diese Wärmewände einbauen lassen. Zusätzlich zu einer Fußbodenheizung. Wenn es nicht so viel Lärm machen würde und mein Heim währenddessen nicht zu einer Baustelle umfunktionierte – ganz zu schweigen von dem vielen Dreck – würde ich mir das nicht schon seit drei Jahren vornehmen.
Zähne knirschend stand ich auf, griff mir das Telefon und blätterte durch das Menü. Ah, da stand was von Installateuren. Ich suchte, bis ich die Spezialisten für Wärmeanlagen fand, drückte auf bestätigen und wartete auf die Verbindung. Kurz dudelte im Hintergrund eine nervige Musik. Dann führte mich eine monotone Bandansage durch ein weiteres Menü, bis ich endlich jemanden am Hörer hatte. Na bitte, geht doch. Bevor der gute Mann oder die gute Frau hereinschneite, sah ich zu, dass ich die Pläne außer Sichtweite räumte.
Die waren nur für meine Augen bestimmt.
Keine zwei Stunden später saß ich wieder vor dem Plan, kam aber einfach nicht weiter. Ich lehnte mich auf der Couch zurück und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf. Woran könnte der alte Devereaux nicht gedacht haben? So wie der Lageplan aussah, hatte er sämtliche Eventualitäten im Auge behalten. Glatt würde ich ihn für paranoid halten; wenn er nicht schon tot wäre. Denn das meiste seiner Millionen hatte er sicher nicht in einer Socke versteckt, sondern lagerte gut behütet in einer der Banken. Ich fand einfach kein Schlupfloch. Aber verdammt nochmal, es musste eins geben!
Ich rieb mir meine Schläfen, legte die Füße auf den Tisch und rief mir jede Einzelheit ins Gedächtnis. Es gab nur einen Haupteingang, keine Nebeneingänge. Das Haus selbst hatte zwar einen Eingang für die Angestellten, aber da es innerhalb der Mauer stand, war das zweitrangig. Auch die Hunde machten mir Sorgen. Anders als Gestaltwandler dürften die selbst mit dem Zeug von Wiesel auf die eine oder andere Art reagieren. Was wiederum den Hundeführern sagen würde, dass etwas nicht stimmte.
Das war kniffliger, als ich gedacht hatte.
Ich besaß zwar nicht nur eine angeborene Fähigkeit, aber eine meiner anderen Begabungen beinhaltete gewisse Nachteile, die ich bei einem Einbruch nicht gebrauchen konnte. Nachdenklich trommelte ich mit den Fingern auf meine Oberschenkel und nippte an meinem kalt gewordenen Kaffee. Der Lösung kam ich keine Spur näher. Verflucht noch mal! In dem was ich tat, war ich die Beste. Abgesehen davon, dass mich selbst jemand beklaut hatte und ich keine Ahnung hatte, wo ich nach der vermaledeiten Statue suchen sollte. Nicht mal den Ansatz einer Ahnung! Würde mir Alan damit nicht im Nacken sitzen, würde ich es auf sich beruhen lassen. So wichtig war sie mir nicht. Selbst wenn sie noch so viel Kohle eingebracht hätte.
Ich seufzte schwer, als mir einfiel, dass ich Wiesel hatte fragen wollen. Herrje, ich wurde alt. Das Vergessen ist nur das erste ernstzunehmende Anzeichen.
In meinem Kopf war ich festgefahren. Ich kam keinen Schritt weiter. Also entschied ich mich für ein wenig Entspannung. Ein heißes Bad und ein Glas Rotwein würden Wunder wirken. Und wenn nicht?
Morgen war schließlich auch noch ein Tag. Wiesel hatte mir keinen Termin gegeben, also konnte ich mir so viel Zeit lassen, wie ich wollte. Dumm war nur, dass ich sicher keine anderen Informationen von ihm bekäme, solange sein Auftrag nicht erledigt war. Und ich brauchte Informationen über diese blöde Statue, von der ich mir wünschte, ich hätte sie niemals in die Finger bekommen.
Das Bad entspannte mich tatsächlich.
Ich war so entspannt, dass ich in meinem Fernsehsessel vor meinem riesigen Flachbildschirm mit Blueray, HD, xyz und sämtlichem anderen Trallala einschlief.
Allerdings nicht lange. Als erstes fiel mir die Fernbedienung aus der Hand und fast im gleichen Moment klingelte es an der Tür. Aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden, ist absolut nicht empfehlenswert.
Wirklich nicht!
Normalerweise zeigte ich bei solch reflexartigem Aufwachen die Reaktion eines toten Neandertalers. Heute nicht.
Ich war so durch den Wind, dass ich völlig vergaß, dass ich mich nach dem Bad in meinen Bademantel gewickelt und im Sessel die Decke um mich geschlungen hatte, so dass es mich jetzt der Länge nach auf den Fußboden legte. Meine Ellenbogen, die ich instinktiv an mich gezogen hatte, damit die Decke nicht runter rutscht – ja, ich weiß, ich hätte sie loslassen sollen – vibrierten ebenso schmerzlich wie mein Kiefer. Ich war mir sogar sicher, dass meine Zähne einen Cancan tanzten.
Vorsichtig befühlte ich mein Kinn, aber das war noch dran.
Erneut klingelte es; diesmal länger. „Ich komm ja schon.“, brummte ich, obwohl ich wusste, dass der Klingler es nicht hörte. Fluchend biss ich die Zähne zusammen. Mein Kopf war ein einziges Summen. Ich wickelte mich aus der Decke, die sich regelrecht um meine Beine geknotet hatte und lief – mein Kinn festhaltend – zur Tür, die ich ungehalten aufriss. Wenn das ein Zeitungsvertreter wäre ...
„Du?“ Wow, also heute musste mein Glückstag sein! Erst der Plan, der mir nicht weiterhalf und der, wie mir gerade klar wurde, sehr offen auf meinem Tisch lag. Dann das Dilemma mit der Decke und jetzt auch noch Alan. Das Universum musste mich wirklich hassen.
„Lässt du mich nicht rein?“ Vor hatte ich das nicht, aber er drängte sich an mir vorbei nach drinnen. „Zieh dir was an, ich muss mit dir reden!“, befahl er barsch, obwohl er in meinem Haus war. Ha, der konnte mich mal kreuzweise!
„Ich bin angezogen. Wenn du mit mir reden willst, mach es so kurz wie möglich und dann verschwinde. Oder lenkt dich mein Anblick so ab?“ Alan sah mich ernst an. „Ablenken? Du hast eine zu hohe Meinung von dir.“ Von mir aus. Nonchalant zuckte ich mit den Schultern. Wieso schloss er seine Augen und schnüffelte? „Fichtennadel.“, sagte ich. „Was?“
„Es riecht nach Fichtennadel.“ Ich badete zu gern mit dem grünen Zeug. „Nein. Hund.“ Öhm… was? „In meiner Wohnung gibt es keine Hunde.“ Na ja, abgesehen von ihm. Auch wenn Gestaltwandler mehr Wolf als Hund waren, machte das für mich keinen Unterschied. Ich mochte weder das eine noch das andere. „Das mag sein. Aber es riecht danach. Mit welchem Rudel verkehrst du noch?“ Moment mal, das ging ihn gar nichts an. Auch wenn ich mir keiner Schuld bewusst war. Vielleicht der Heizungsmensch?
Heizungsgestaltwandler klang irgendwie ... dämlich.
„Die Frage muss ich dir nicht beantworten. Das ist mein Haus und es geht dich einen feuchten Kehricht an.“
„Falsch. Du gehörst zu meinem Rudel. Wenn du dich mit einem anderen triffst, geht mich das sehr wohl etwas an!“
„Woher zum Kuckuck soll ich wissen, wann mir einer wie du gegenüber steht? Ihr könntet euch ja Halsbänder umschnallen, damit Menschen euch erkennen.“ Die Aussage schien ihn nicht zu befriedigen. „Meine Güte, ich hatte jemanden wegen der Heizung hier. Ich frage doch nicht, zu welchem Rudel der gehört. Oder ob überhaupt!“ Es wäre mir ohnehin piepegal. Solange derjenige meine Heizung baute. „ Welche Heizung?“ War der paranoid? Seufzend wies ich ihn zur Wohnstube, sah aber zu, dass ich zuerst dort ankam und den Plan wenigstens zusammenfalten konnte. Während er mit geschlossenen Augen und zurückgelegtem Kopf schnupperte, versteckte ich den Plan unauffällig. Was wäre besser geeignet als die Decke, die noch immer auf dem Fußboden lag? Ich legte sie sorgfältig zusammen, schob den Plan in die Mitte und platzierte sie auf meinem Fernsehsessel.
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