Plötzlich wurde es ruhig. Der Sturm hatte aufgehört und ein sternenklarer Himmel machte sich breit.
Die Kinder brachen in lauten Jubel aus. » Rudi, Du bist ein Held! «, riefen sie überglücklich ihrem Leitrentier zu. Auch der Weihnachtsmann war begeistert.
» Wenn ich gewusst hätte, dass Deine Nase so einen Lichtstrahl aussenden kann, hätte ich Dich schon viel früher in meinem Team aufgenommen. «
Bei diesen Worten konnte sich das kleine Rentier vor lauter Übermut und Stolz gar nicht mehr beruhigen. Hoch erhobenen Hauptes ging die Fahrt weiter.
Bald schon tauchten unter ihnen die ersten Häuser auf. Die Arbeit des Weihnachtsmannes konnte beginnen.
Voller Staunen beobachteten die beiden Kinder, wie geschickt und schnell er die Geschenke auslieferte.
Schnell verging die Zeit und der Berg an Geschenken neigte sich langsam dem Ende zu, als der Schlitten ein weiteres Mal vor einem Haus anhielt.
» Das ist ja unser Haus «, staunte Susi. » Wir bekommen dieses Jahr auch etwas von Dir?«
» Natürlich «, bestätigte der Weihnachtsmann. » Ihr seid doch Kinder. Und jedes Kind bekommt Weihnachten ein Geschenk von mir! «
» Ja, aber wir sind doch gar nicht zu Hause! «, konterte sie.
Der Weihnachtsmann lächelte. » So - wo seit ihr denn dann, wenn ich fragen darf? «
» Na hier! In Deinem Schlitten «, antwortete sie irritiert.
» Und wo steht dieser Schlitten? «, wollte er wissen, während er abstieg.
» Vor unserem Haus! «, strahlte Franzl. » Dann sind wir ja doch zu Hause. Susi, der Weihnachtsmann hat Recht. Wir sind zu Hause, obwohl wir eigentlich ganz wo anders sind! «
Nun war Susi wirklich durcheinander. Das sollte verstehen wer will. Aber bevor sie etwas erwidern konnte hörte sie den Weihnachtsmann laut auflachen.
Mit einem Zettel in der Hand, welchen er von der Haustüre abgenommen hatte, stand er da und hielt sich den Bauch, der im gleichmäßigen Rhythmus auf und ab wanderte.
» Ja was ist denn das? «, lachte er noch immer. » So etwas habe ich noch nie erlebt! Also wirklich... Das ist gut! «
Mit - vor lauter lachen - feuchten Augen wandte er sich an Franzl. » Also ich muss schon sagen junger Mann - Du hast ganz schön Humor! Mir einen Zettel an die Haustüre zu kleben mit genauen Anweisungen, wo ich die Geschenke zu platzieren habe, weil ihr erst in ein paar Tagen wieder nach Hause kommt und darum keinen Christbaum aufgestellt habt. Der Witz ist gut! «. Er wischte sich die Augen. » Glaubst Du etwa, ich brauche immer einen Weihnachtsbaum, damit ich weiß, wo ich die Geschenke hinlegen soll? «
Franzl`s Ohren liefen vor Verlegenheit rot an.
» Na ja «, wehrte er sich kleinlaut. » Ich habe mir gedacht... Also weißt Du... Es war so... Ich wollte ja nur... «
» Lass gut sein «, beruhigte ihn der Weihnachtsmann. » So gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Aber falls ihr wieder einmal Weihnachten nicht zu Hause sein solltet, kannst Du Dir das sparen. Ich weiß auch so, wo ich die Geschenke hinlegen muss. «
Noch bevor eines der Kinder etwas erwidern konnte, war der Weihnachtsmann auch schon im Haus verschwunden.
Es war schon spät in der Nacht, als das weihnachtliche Trio wohlbehalten wieder im Weihnachtsdorf zur Landung ansetzte. Während sie ausstiegen und mit großem Jubel und donnernder Applaus empfangen wurden, eilte ein kleiner Kobold eiligst herbei und flüsterte dem Weihnachtsmann aufgeregt etwas ins Ohr.
Siegessicher hob dieser seine Hände in die Höhe und deutete an, etwas sagen zu wollen.
» Frohe Weihnachten Euch allen! Wir haben es geschafft! «, verkündete er ganz vergnügt. » Außerdem habe ich auch noch drei gute Nachrichten für alle! «
» Aber davor möchte ich den beiden Kindern und Rudolf danken, denn ohne sie wäre die Bescherung am heutigen Abend ausgefallen. «
Es brach erneut donnernder Applaus aus.
Mit einer weiteren Geste verschaffte er sich wieder Ruhe und fuhr fort.
» Die erste gute Nachricht lautet, das sich der Sturm, der vor unserer Stadt tobte, endlich gelegt hat. Die zweite betrifft unseren Rudolf! « Er deutete auf das kleine Rentier an der Front seines Gespannes. « Er gehört ab sofort fest zu meinem Team und wird mir in Zukunft den Weg erleuchten! «
Das Rentier war überglücklich. Sein größter Traum ging endlich in Erfüllung. Zärtlich schleckte es Susi und Franzl, die neben ihm standen, über die Wangen, bevor es wie auf Kommando seine Nase - zur Erheiterung aller - zum Erleuchten brachte.
» Und als drittes «, wendete er sich an die Menschen, » habe ich für unsere Gäste eine große Weihnachtsüberraschung!« Er machte eine kleine Pause und blickte in die Runde, bevor er mit erwartungsvoller Stimmer fort fuhr. « Meine Helfer haben in der Zwischenzeit Euer Schiff aus dem Eis befreit und wieder auf Vordermann gebracht. Sämtliche Schäden sind beseitigt und sogar der richtige Kurs schon vorprogrammiert. Eurer Weiterfahrt steht somit nichts mehr im Wege. «
Großes Staunen ging durch die Runde, bevor dieser erneut in Applaus umschlug. Die Schäden wurden trotz dem ganzen Trubel alle in nur zwei Tagen behoben? Das konnte doch gar nicht sein - das grenzte doch schon an ein Wunder!
Der Kapitän löste sich aus der Menge, schritt auf den Weihnachtsmann zu und streckte ihm seine rechte Hand entgegen. » Ich weiß gar nicht, wie wir Ihnen Danken sollen «, begann er.
» Ist schon gut «, erwiderte der Weihnachtsmann mit einem festen Händedruck. » Wenn ihr jedes Jahr friedliche und besinnliche Weihnachten feiert und den Weihnachtsgedanken tief in Eurem Herzen trägt, ist dies schon Dank genug! Aber jetzt beeilt Euch, damit ihr wieder auf See seit, bevor das Schiff noch einmal im Eis stecken bleibt. «
Er drehte sich zu den Kindern, die immer noch Rudolf streichelten.
» Franzl, Susi, kommt mal her zu mir «, lächelt er. »Obwohl für Euch ja schon ein Geschenk zu Hause liegt, habe ich da noch etwas ganz Besonderes als kleines Andenken an Euren Ausflug mit mir. « Er kramte aus seinen Taschen zwei kleine Weihnachtsmann-Figuren hervor und überreichte sie den Kindern. » Behaltet das Weihnachtswunder tief in Eurem Herzen, damit es noch lange fortbestehen kann. Und vergesst mich nicht ganz!«
Die Kinder fielen ihm um den Hals.
» Danke lieber Weihnachtsmann «, seufzte Franzl. » Ich werde immer an Dich glauben! «
» Ich auch «, meldete sich Susi und drückte ihm einen dicken Kuss auf seine Wange. » Ich freue mich schon jetzt auf nächstes Jahr. Dann sehe ich Dich bestimmt wieder! «
Der Weihnachtsmann war gerührt.
»Ich habe Euch für Eure Hilfe zu Danken. Sonst wäre Weihnachten wohl ausgefallen. Und dass wir uns nächstes Jahr wiedersehen, dass möchte ich doch schwer hoffen!«
Nach einer langen Umarmung war es nun endgültig an der Zeit, Abschied zu nehmen. Während sie sich von Rudolf und Riddlesnik verabschiedeten, wurden die großen Transportbusse vorgefahren und die Menschen stiegen ein.
Einige Zeit später hatte die Besatzung ihren Dienst auf dem Dampfer wieder aufgenommen und die Passagiere drängten sich auf dem Deck zusammen, um noch einmal einen letzten Blick auf die Weihnachtsstadt und ihre Bewohner werfen zu können.
Langsam setzte sich das Schiff mit einem lauten, lang anhaltendem Ton aus dem Nebelhorn in Bewegung.
Noch während alle Menschen den unter dem großen Eingangstor versammelten Weihnachtshelfern zuwinkten, begann die Stadt zu flimmern und zu verschwimmen. Immer mehr schien sie sich in Luft aufzulösen, bis sie schließlich ganz verschwunden war. An ihrer Stelle erschien ein heller Lichtschein, der langsam dem Horizont entgegen wanderte und schließlich im Nichts verblasste.
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