1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 » Jetzt fängst Du auch noch an! «, beschwerte sich der Junge. » Da hab ich mich halt getäuscht! Das kann schon einmal vorkommen!«
Am nächsten Tag holte Riddlesnik die beiden Kinder zu einer weiteren Weihnachtsstadt-Entdeckungstour ab. Als sie ihr Rundgang an den Rentierställen des Weihnachtsmannes am Rande des Dorfes vorbei führte, vernahmen sie ein leises Schluchzen hinter einem großen Tannenbaum.
» Psst! Hört mal! «, bemerkte Susi und legte ihren Finger an den Mund. » Da weint doch jemand! « Neugierig lief sie um den Tannenbaum herum, um herauszufinden, wer da so traurig war. Franzl und Riddlesnik folgten ihr.
» Ui, ist der aber süß! «, rief sie. » Der ist ja noch ganz, ganz jung! «
Am Boden lag ein kleines Rentier mit einer leuchtend roten Nase. Tränen standen in seinen Augen. Sie kniete nieder und schlang ihre Arme um das Tier. » Was fehlt Dir denn? «
» Das ist Rudolf - unser Jüngster! Dem fehlt überhaupt nichts. «, klärte sie Riddlesnik auf. » Er ist nur deshalb so traurig, weil er gerne am Heiligen Abend bei den anderen Rentieren dabei sein würde, um den Schlitten vom Weihnachtsmann und den Geschenken am Himmel zu ziehen. Allerdings ist er noch zu klein, darum darf er auch nicht mit. Aber das möchte er halt nicht akzeptieren. Jedes Jahr kurz vor Weihnachten ist immer das gleiche Theater mit ihm. Er bewirbt sich beim Weihnachtsmann für den Job als Schlittenzieher und jedes Mal muss ihm der Chef eine Absage erteilen. Aber in ein paar Jahren ist er dazu endlich groß genug. Dann darf er mit. «
Rudolf schaute Susi und Franzl mit großen Augen an, als die Kinder begannen, ihn zu streicheln und zu trösten. Mit der Zeit beruhigte er sich und schleckte mit seiner Zunge ganz zärtlich über ihre Wangen. Dabei erstrahlte seine Nase noch heller und sah jetzt fast wie eine Glühbirne aus.
Langsam verging auch dieser Tag im Weihnachtsdorf und die Nacht senkte sich hernieder. Die Kinder mussten zu Bett und waren schon ganz aufgeregt, denn morgen war ja Heiliger Abend und der Weihnachtsmann würde dann mit seinem Schlitten und den Geschenken in den Himmel fliegen. Dieses Spektakel durften sie auf gar keinen Fall verpassen. Hoffentlich, so dachten sie sich, schaute er dann auch bei ihrem Haus vorbei. Nur gut, dass Franzl den Zettel mit den Anweisungen an die Tür geklebt hatte - es war also doch nicht umsonst.
Endlich war der sehnsüchtig erwartete Weihnachtstag da. Seit Sonnenaufgang herrschte im Dorf eine hektische Stimmung. Alle Wichteln, Elfen und Kobolde liefen hin und her und verstauten die Geschenke auf dem Schlitten, welcher auf dem großen freien Platz hinter dem Eingangstor stand. Die Rentiere wurden gestriegelt und gebürstet und für ihren großen Auftritt vorbereitet.
Franzl, Susi, die Moslers und alle anderen, welche sich die Weihnachtsvorbereitungen eigentlich nur in Ruhe ansehen wollten, wurden von Riddlesnik sofort zu ehrenamtlichen Helfern ernannt und mit Aufgaben und Arbeit überschüttet.
Als sich die Sonne langsam dem Horizont zuneigte, waren alle Pakete sicher und fest auf dem Schlitten verpackt. Nun wurden die Rentiere eingespannt, bevor der Weihnachtsmann seinen großen Auftritt hatte.
Gehüllt in einen dicken roten Mantel und einer warmen Zipfelmütze schreitete dieser erhobenen Hauptes stolz zu seinem Gefährt.
» Wie ist das Wetter da draußen? «, fragte er skeptisch in die Menge, als er den Schlitten bestieg und seinen Platz einnahm.
» Miserabel! «, wurde seine Frage von einem Wichtel beantwortet. » Vor dem Dorf toben schwere Schneestürme und die Sicht ist gleich null! «
Mit einem Kopfnicken nahm der Weihnachtsmann die Aussage zur Kenntnis und wendete sich an seine Rentiere.
» Alles klar bei Euch da vorne? «, rief er diesen zu. Die Tiere begannen zu schnauben und nickten mit ihren Köpfen.
» Na dann «, rief er in die Menge und begann zu winken, » Frohe Weihnachten alle miteinander! «
Mit diesen Worten gab er die Zügel frei und das Gespann setzte sich unter donnernden Applaus aller Anwesenden in Bewegung.
Nach ein paar Metern hoben der Schlitten und die Rentiere vom Boden ab, wendeten und zogen in der Luft eine Schleife um den großen Marktplatz, bevor sie im Dunkel der Nacht Kurs auf den Rest der Welt nahmen.
In der Stadt herrschte mittlerweile eine richtige Partystimmung. Von überall her erklangen Weihnachtslieder. Alle waren vergnügt und begannen zu singen und zu tanzen.
Plötzlich ertönte ein lauter Knall. Alle verstummten erschrocken - schlagartig herrschte absolute Stille. Aus der Richtung, in die der Weihnachtsmann vor ein paar Minuten abgeflogen war, sah man ihn wieder auf das Dorf zukommen. Große Besorgnis machte sich unter den Bewohnern breit, als der Schlitten wieder auf dem großen Platz aufsetzte und der Weihnachtsmann ganz verdrossen von seinem Gefährt stieg.
» Bei diesem Schneesturm ist kein Durchkommen möglich. «, verkündete er enttäuscht.
»Man sieht ja da draußen die Hand nicht mehr vor den Augen und meine Laternen am Schlitten sind viel zu schwach, um den Weg für meine Rentiere zu erhellen. Wenn uns nicht gleich etwas einfällt, gibt es dieses Jahr keine Bescherung!«
Alle waren betroffen und ratlos. Was konnten sie jetzt noch unternehmen?
»Ich hätte da eine tolle Idee!« , meldete sich Susi nach kurzer Überlegung zu Wort und zog sämtliche Blicke auf sich.
»Was haltet ihr davon, wenn der Rudi mit seiner roten Nase ganz vorne an das Gespann angehängt wird. Er könnte doch dann alles ausleuchten - so quasi als Lampe. Oder nicht?«
»Ja genau!« , pflichtete ihr Franzl begeistert bei. »Wir haben gestern ganz genau gesehen, dass die Nase von ihm ganz hell leuchten kann.«
Der Weihnachtsmann sah die beiden Kinder ganz verdutzt an. » Der Rudolf? «, überlegte er nachdenklich. Plötzlich hellte sich seine Miene auf und er begann zu lachen. » Natürlich, das ist die Lösung. Warum bin ich denn da nicht selber drauf gekommen. Der Rudolf! Wie konnte ich den nur vergessen? Wo ist er denn! «
» Hier ist er «, riefen einige Elfen und Kobolde durcheinander, als Rudolf sich aus der Menge löste und überglücklich auf den Weihnachtsmann zu marschierte.
»Na, worauf wartet ihr noch. Spannt ihn ganz vorne an - aber macht schnell, es eilt, wir haben heute Nacht noch sehr viel zu erledigen.«
Eiligst machten sich ein paar Kobolde daran, den überglücklichen Rudolf ganz vorne an das Gespann anzuhängen und die Zügel zu verlängern.
»Und ihr beiden« , wendete sich der Weihnachtsmann grinsend an Franzl und Susi, »könnt gerne mit mir mitkommen, wenn ihr wollt. So eine gute Idee muss ja schließlich auch belohnt werden!«
Die Kinder schauten mit großen Augen erst ihre Eltern, die ihnen aufmunternd zunickten und dann den Weihnachtsmann an.
»Na klar wollen wir mit!« , riefen sie begeistert und sprangen schnell auf den Schlitten auf.
Dann war es wieder soweit. Das Gespann mit Rudolf an der Spitze, dem Weihnachtsmann und den beiden Kindern war startbereit. Wieder wurden die Zügel gespannt und der Schlitten hob nach ein paar Metern in den Himmel ab.
»Rudolf, lass Deine Nase leuchten! «, befahl der Weihnachtsmann seinem neuen Mitglied. » Wir zählen auf Dich!«
» Komm schon Rudi «, drängte nun auch Susi. » Du musst unbedingt Weihnachten retten! Denk an die Kinder auf dieser Welt!«
Voller Stolz brachte das kleine Rentier seine Nase zum Leuchten. Und diesmal, so schien es, viel heller als jemals zuvor in seinem Leben.
Bevor sie sich versahen, peitschte ihnen der Wind wie wild um die Ohren und sie befanden sich mitten im Schneesturm. Die Fahrt wurde nun recht ungemütlich. Immer dichter fielen die Flocken und man konnte die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Unbeirrt dessen hielt der kleine Rudolf weiterhin seinen Kurs bei und die anderen Rentiere folgten ihm immer weiter in das Unwetter hinein.
Читать дальше