1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Nachdem die Passagiere ausgestiegen waren, wurden sie mit sehr viel Neugierde begutachtet. Alle Augenpaare lasteten auf ihnen.
Plötzlich begann sich innerhalb der Menge eine freie Gasse zu bilden, aus der ein großer gut gebauter älterer Herr mit langem weißem Bart, einer Brille, schwarzen Stiefeln, rotem Gewand und roter Zipfelmütze hervor trat. Franzl und Susi fielen vor lauter Staunen die Kinnladen herunter und ihre Augen weiteten sich, als sie diesen Mann erblickten, der gezielt zu den Angekommenen schritt und sie freudig begrüßte.
»Herzlich willkommen in unserem bescheidenen Dorf. Mein Name ist Claus «, begann er. » Besser bekannt unter den Namen Santa Claus oder Weihnachtsmann. Ich habe von meinen Leuten schon erfahren, was Euch passiert ist. Es ist ein Wunder, dass ihr bei diesem heftigen Schneesturm, der jetzt schon seit zwei Tagen vor unserer Stadt herrscht, genau hierher zu uns gefunden habt. «
Traurig schaute er zum Himmel. » Obwohl der Sturm sich jetzt kurzzeitig ein wenig zurückgezogen hat, habe ich die Befürchtung, dass er noch einige Tage anhält. Und wenn das so ist, wird dieses Mal, sehr zum Leidwesen der Kinder, die Bescherung am Heiligen Abend ausfallen müssen. Bei so einem Schneegestöber komme ich unmöglich mit meinem Schlitten durch.«
Er wandte sich wieder an die Menschen. »Aber nichts desto trotz, werden meine Leute sich Euer Schiff vornehmen und wieder auf Vordermann bringen. Ich hab‘ ganz geschickte Handwerker hier - ihr werdet es schon noch sehen. Aber bis es soweit ist, wäre ich glücklich, Euch als meine Gäste begrüßen zu dürfen!«
Der Weihnachtsmann wendete sich an einen neben ihn stehenden Kobold, legte seine Hände auf dessen Schulter und raunte ihm Befehle zu, bevor er weiter sprach.
»Das hier ist Riddlesnik, mein Chefkobold. Ihr habt ihn ja bereits bei Eurer Evakuierung kennen gelernt. Er wird Euch in Eure provisorischen Unterkünfte führen. Und wenn ihr die Stadt ansehen wollt, braucht ihr ihn das nur zu sagen. Er wird gerne eine Führung organisieren.«
Lächelnd nickte er dem Kobold und den Menschen zu, wendete sich ab und verließ die Runde.
Riddlesnik ergriff sofort die Gelegenheit, weitere Elfen und Wichteln einzuteilen, die sich um die Unterbringung der Gäste kümmern sollten.
Diese machten sich sofort an die Arbeit und teilten die Menschen in Gruppen ein, zu denen sich je ein Elf oder Wichtel als Führer dazu gesellte.
Als Riddlesnik Franzl und Susi bemerkte, kam ihm eine Idee und er zwinkerte ihnen ganz spitzbübisch zu. »Na, wie sieht`s aus? «, raunte er. » Wollt ihr beiden mal was ganz Tolles sehen? Dann kommt gleich mal mit mir mit - ich bring Euch dann anschließend höchstpersönlich zu Euren Eltern! «
» Na klar «, riefen die beiden Kinder wie aus einem Mund.
» Die Weihnachtsstadt mit eigenen Augen sehen - man ist das toll «, schwärmte Franzl. » Das wird uns keiner von unseren Freunden glauben, wenn wir ihnen das erzählen! «
»Das ist wieder mal typisch mein Bruder!« , verzog Susi ihr Gesicht. » Und dabei hast Du immer versucht, mir den Weihnachtsmann auszureden. Und was ist jetzt? Glaubst Du nun endlich an ihn, oder ist er immer noch ein Märchen? «
» Ich gebe es zwar ungern zu, aber Du hast Recht! «, murmelte Franz ganz verlegen. «Ich hab mich halt getäuscht. Das kann ja mal vorkommen! «
Riddlesnik musste lachen.
Vorbei an Schneemännern, Rentieren, geschmückten Christbäumen und Weihnachts- und Lebkuchenbäckereien marschierten die drei direkt auf eine große Halle mit drei Schornsteinen zu.
» Das «, verkündete Riddlesnik stolz, »ist unsere Spielzeugfabrik. Ich habe mir gedacht, es würde Euch interessieren, wie die Weihnachtsgeschenke für die Kinder auf der ganzen Welt hergestellt werden. Hab ich mich da vielleicht getäuscht? « » Nein, ganz und gar nicht «, rief Franzl ganz aufgeregt mit einem Glanz in den Augen.
» Genau! «, pflichtete ihm Susi bei. » Das wollten wir schon immer mal sehen! «
Nachdem sie die Fabrik betreten hatten, konnten die Kinder die großen, in der Halle installierten Maschinen begutachten. Überall bewegten sich Fließbänder auf denen sich Geschenke und Spielzeuge stapelten. Hier und da sah man ein paar Kobolde und Elfen an Computerbildschirmen sitzen und neugierig zu den dreien herüber schauen.
» Wow! «, rief Franzl ganz erstaunt. » Das läuft ja alles ganz von alleine! Ich hab immer gedacht, dass das Spielzeug von Hand angefertigt wird! So ist es zumindest in jedem besseren Weihnachtsfilm im Fernsehen! «
» Ja meinst Du denn, dass wir hier in der Steinzeit leben, nur weil man sich das in der Welt da draußen über unsere Stadt und den Weihnachtsmann so vorstellt? «, fragte Riddlesnik ganz spöttisch. » Was glaubt ihr denn, was wir hier für eine fortgeschrittene Technik besitzen? OK, früher haben wir alles noch selbst herstellen und zusammenbauen müssen, aber heute ist das anders. Wir haben Hochleistungscomputer und Maschinen, die diese Arbeiten für uns erledigen und jede Menge Ideen. « Er zwinkerte Franzl zu. » Oder glaubst Du, dass sich die Kinder heutzutage immer noch mit Puppen und hölzernen Schaukelpferden unter dem Christbaum abgeben? Alles muss heute ja schon elektronisch und computergesteuert sein, sonst landen die Sachen doch gleich wieder in einer Ecke! « Er deutete mit dem Finger auf eine Maschine auf der anderen Seite der Halle. » Schaut mal da hin! Sogar das Einwickeln der Geschenke mit Geschenkpapier und das Binden der Schleife wird automatisch erledigt.«
Voller Staunen liefen die Kinder umher und schauten sich alles ganz genau an.
» Sag mal!« , fiel es Susi ein. » Wie bekommt ihr eigentlich die Wunschzettel von den Kindern zugeschickt? «
Riddelsnik lächelte zufrieden und nickte. »Auf diese Frage habe ich gewartet. Kommt mal mit, dann zeig ich`s Euch!«
Die drei verließen die Fabrik und marschierten über den Marktplatz zu einem kleinen bunt beleuchteten Querbau.
»Das hier ist unser Postamt.« , erklärte Riddlesnik. »Hier kommen die Wünsche der Kinder per eMail bei uns an und werden anschließend nach Kategorien sortiert, bevor sie per Netzwerk von den Postcomputern an die Fabrikcomputer übermittelt werden. Das geht viel schneller und wir haben keinen Papierkram mehr. Vor einigen Jahren noch haben wir die Berge von Wunschzetteln und Briefen kaum mehr bewältigen können. Dann kam mir diese Idee. Seitdem geht alles nur noch per eMail und es ist viel leichter und übersichtlicher für uns geworden.«
»Toll!« , staunte Franzl ganz begeistert. » Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ihr so mit der Zeit geht! «
» Du hast doch nicht mal davon geträumt! «, stichelte Susi ihren Bruder auf. » Was hast Du immer gesagt? Den Weihnachtsmann und die Weihnachtsstadt... «
» Ist ja gut «, unterbrach sie Franzl genervt. » Über dieses Thema brauchen wir in Zukunft nicht mehr diskutieren. Ich hab`s ja eingesehen! «
Riddlesnik musste lächeln. Es war spät geworden und an der Zeit, die Kinder wieder zu ihren Eltern zu bringen.
In der Notunterkunft angekommen, verabschiedeten sich die Kinder von ihrem neuen Koboldfreund und konnten es kaum erwarten, ihren Eltern die Erlebnisse der letzten Stunden zu erzählen.
» Ich würde sehr gerne hier bleiben «, schwärmte Franzl mit einem Augenzwinkern. » Vor allem in der Spielzeugfabrik. Die ist ja tausend mal besser als Schule! «
» Das würde Dir so passen! «, lachte sein Vater. » Gerade Du, wo Du doch immer behauptet hast, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt? Jetzt hast Du ihn ja selbst mit Deinen eigenen Augen gesehen! «
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