Ab neun Wochen können Babys bis zu zweieinhalb Meter weit sehen – und werden immer interessierter an den sie umgebenden Gesichtern und Geschehen. Sie versuchen sogar, von der Mimik ihrer Eltern auf das eigene Verhalten und umgekehrt zu schließen. Übertriebene Gesichtsausdrücke seitens der Eltern können diese Entschlüsselung vereinfachen. Also Mut zur Grimasse!
Spätestens in dieser Zeit wird der Blickkontakt wichtig, versuchen Kinder doch, darüber mit ihren Eltern zu kommunizieren. Manche Kinder schauen ein Spielzeug an und ihre Eltern, um ihnen damit zu sagen, dass sie es haben wollen. Reagieren die Eltern, ist das Kind glücklich.
Farbe kommt ins Spiel
In den ersten drei Monaten ist es nicht selten, dass ein Kind schielt, weil die Abstimmung der Augen noch nicht funktionieren muss. Das liegt auch daran, dass das Gehirn die beiden Einzelbildchen noch nicht aufeinanderlegen kann. Mit rund sieben Monaten sollte der Silberblick aber verschwunden sein, ansonsten ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
Mit einem halben Jahr können Kinder Farben so gut wahrnehmen und unterscheiden wie Erwachsene. Ab jetzt wird auch die Tiefenwahrnehmung immer besser, und das Kind kann weiter entfernte Dinge beobachten wie Vögel im Baum oder Pferde auf einer Wiese. Gegenstände außerhalb der Reichweite werden dank besserer Sehschärfe ebenfalls gut erkannt. Mit etwa einem Jahr kann das Kind so gut sehen wie Erwachsene.
Von Eva Voß
Wie vererbt sich bei Kindern die Augenfarbe?
Wird ein Kind geboren, geht in der Familie und im Freundeskreis sofort das Rätseln los: Mit wem hat das Baby mehr Ähnlichkeit, Mutter oder Vater? Als Beleg wird dann häufig die Augenfarbe angeführt – doch dieser Beleg ist nicht besonders zuverlässig. Denn die meisten Babys werden in Europa zwar mit blauen Augen geboren, das heißt aber noch lange nicht, dass das auch so bleibt. Mit zunehmenden Alter des Kindes kann sich die Augenfarbe noch ändern. Die endgültige Augenfarbe zeigt sich erst nach einigen Monaten.
Iris oder Regenbogenhaut
Der farbige Ring, der die Pupille umgibt, nennt sich Iris oder Regenbogenhaut. Welche Farbe diese Haut hat, bestimmen die sogenannten Melanozyten, wie Dr. Nicolas Gumpert in seinem Webblog schreibt. Der Mediziner aus Frankfurt betreibt seit 2003 ein Online-Medizin-Lexikon. Die Melanozyten produzieren demnach den Farbstoff Melanin, der auch für die Farbe der Haut und der Haare zuständig ist.
Blaue Augen haben Menschen, bei denen nur wenige Melanozyten eingelagert sind. Bei grünen Augen sind etwas mehr Melanozyten zu finden, bei Menschen mit braunen Augen sehr viele. Physiologisch gesehen, sagen Forscher, seien blaue Augen eigentlich ein Hinweis für einen Mangel. Aufgrund der fehlenden Melanozyten werde die blaue Farbe nämlich weitgehend vom unpigmentierten Bindegewebe der Iris bestimmt. 2008 erregte der dänische Wissenschaftler Hans Eiberg Aufsehen, weil er behauptete, dass alle blauäugigen Menschen von einem Vorfahren abstammen, der vor etwa 6000 bis 10 000 Jahren aufgrund einer Genmutation blaue Augen hatte. Zwar ist unbestritten, dass blaue Augen das Ergebnis einer Genmutation sind, ob aber wirklich nur ein einziger Mensch dafür verantwortlich ist, bleibt unklar.
Vererbung
Und wie entscheidet sich nun, ob ein Kind Vaters blaue Augen oder Mutters braune Augen erbt? Wie Nicolas Gumpert weiter schreibt, gingen Forscher lange Zeit vom Davenport-Modell aus. Demnach war nur ein Gen zuständig für die Vererbung der Augenfarbe. Inzwischen sei aber klar, dass nicht nur ein Gen die Augenfarbe bestimmt. Grundsätzlich seien braune Augen in der Vererbung dominanter als grün, blau oder grau. „Theoretisch gilt nun also, dass wenn der Vater braune und die Mutter blaue Augen hat, sich braun gegen blau durchsetzen und das Kind braune Augen haben wird. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht“, so Gumpert. Denn von jedem Gen gebe es zwei Ausprägungen, die sogenannten Allele. So könne ein Vater mit braunen Augen in seinem Genmaterial auch ein Allel für blaue Augen haben, etwa von seiner Mutter. An sein Kind gebe er aber nur ein Allel weiter und das kann sowohl braun als auch blau sein. „So muss also ein Kind eines braunäugigen Vaters nicht zwangsläufig auch braune Augen haben“, so Gumpert. Auch bei zwei braunäugigen Elternteilen ist es trotzdem möglich, dass das Kind die blauen Augen der Großmutter erbt. Es kommt zwar sehr selten vor, aber auch Eltern mit blauen Augen können ein braunäugiges Kind haben. Laut Mediziner Gumpert liegt das daran, dass noch weitere Gene die Vererbung der Augenfarbe verkomplizieren. Eltern bleibt also nichts anderes übrig, als sich bei der Augenfarbe ihres Kindes überraschen zu lassen.
Von Hildegard Wekenborg-Placke
Tollpatschig? Oft steckt ein Sehfehler dahinter
Der Nachwuchs läuft endlich, sogar einigermaßen sicher. Aber dann ist da die Tür weit offen, und das Kind läuft trotzdem gegen den Rahmen. Oder: Essen gehen mit Sohnemann. Der ist zweieinhalb und eigentlich im Stande, ein Glas zu halten und daraus zu trinken. Aber jedes Mal greift er daneben, und der Inhalt ergießt sich über den Tisch? „Manche sind einfach nur tollpatschig“, meint der Bramscher Augenarzt Peter Großerhode. Aber viele Eltern machen sich Sorgen und fragen lieber einen Fachmann. Zu Recht, meint der Mediziner.
Schielen nicht normal
Sehstörungen sind auch im frühkindlichen Alter nicht selten. Auf was sollten die Eltern achten, haben wir den Fachmann gefragt. „Ganz offensichtlich ist meist das Schielen, überkreuz oder nach außen. Viele Menschen denken ja, dass das bei Säuglingen noch normal ist. Aber wenn es mehr als ein gelegentlicher Ausrutscher bei Müdigkeit ist, dann sollte man schon zum Arzt gehen. Normal ist Schielen eigentlich nie“, meint er.
Neben dem Schielen sollte den Eltern schon zu denken geben, wenn das Kind keinerlei Interesse an Bilderbüchern oder kleinen Dingen zeigt, meint der Augenarzt weiter. Dennoch: „Man bemerkt Probleme häufig auch gar nicht, vor allem, wenn nur ein Auge betroffen ist. Die Kinder sehen dann mit einem Auge genauso gut wie mit zwei Augen. Das kann man nur mit einer Untersuchung feststellen“. Manchmal hilft dann schon, das starke Auge abzukleben, damit das Schwächere genutzt werden muss. Wichtig ist nur, dass das früh geschieht. Die prägende Zeit für die Entwicklung des Sehvermögens liegt zwischen dem achten und neunten Monat, warnt Großerhode.
„Wenn eine Sehschwäche erst bei den regulären Vorsorgeuntersuchungen mit drei bis vier Jahren oder bei der Schuluntersuchung festgestellt wird, ist es eigentlich schon reichlich spät. Wir Augenärzte empfehlen also schon, dass man mit den Kindern einmal vor dem dritten Lebensjahr zum Augenarzt geht“, sagt Großerhode. Und er fährt fort: „Ein kleines Schielen, so um ein, zwei Grad, das merkt man nicht, aber es führt automatisch dazu, dass sich nur ein Auge richtig entwickelt. Das schwächere Auge wird sozusagen abgeschaltet“, erläutert Großerhode.
Eltern sensibilisiert
Alles in allem freut den Arzt aber, dass viele Eltern heute aufgeklärt und für das Thema „gutes Sehen“ sensibilisiert seien. „Kinder sind das wichtigste Gut der Eltern. Für sie tut man alles. Deswegen kommen die Eltern früh zu uns, besonders, wenn sie selbst eine Brille tragen“, sagt er. Sie tun gut daran, denn die Veranlagung zu Fehlsichtigkeit ist durchaus erblich. Auch Frühgeborene oder Kinder mit Down-Syndrom tragen ein hohes Risiko.
Mit einem zappelnden Kleinkind zum Augenarzt, das kann für alle Beteiligten in vieler Hinsicht zur Herausforderung werden. „Das ist natürlich noch kein Alter, wo man wirklich eine Sehschärfe testen kann“, räumt der Facharzt ein. Manche Kinder sind schüchtern, manche verstecken sich. Trotzdem könne man schon spielerisch und mit einigen technischen Hilfsmitteln feststellen, ob ein Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) vorliegt, oder ein einseitiger Sehfehler.
Читать дальше