Jo Danieli
UHURU
Die Kilometermacher
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jo Danieli UHURU Die Kilometermacher Dieses ebook wurde erstellt bei
UHURU UHURU Die Kilometermacher Autobiografischer Reisebericht Von Jo Danieli © 1993 / 2017
Vorwort
Start ins Abenteuer
Am Anfang war die Neugier
Morgenröte
Überraschung!
Omen
Erste Schritte
Am Rand des Kontinents
In der Fremde
Romantik, wie erwartet
Tunesien & andere Gegensätzlichkeiten
Ernsthaftes Reisen
Im Orient gelandet
Nachts, in der Oase
Feuersbrunst
Übertritt nach Algerien
Wendepunkte in der Wüste
Der Teufel und die Fliegen
Weite, Weite
Der umgekehrte Markt
Das goldene Wasser
Noch ein Omen?
Sturm am Tademait-Plateau
Der Zauber der Tuareg
Der Segen des Marabut
Heimlicher Feind
Tam
Wunderwelt des Hoggar
Wellblech & Treibsand
Unter Schakalen
Der Hauch Schwarzafrikas
Tagebuch: Arlit
Agadez
Schwachpunkte
Tausend und eine Nacht
Tagebuch: Ungeliebte Zivilisation
Auf dem Plateau von Yos
Eintritt in den Dschungel
Im Taumel
Good-bye an einen Senior
Tagebuch: Im Urwald ...
Tagebuch: Undichte Zelte & Flusswasser im Müesli
Am Fluss
Von Douala nach Kribi
Kribi
Flecken zum Frühstück
Sabotage
Bewährungsprobe
Tagebuch: im zentralafrikanischen Hügelland
Afrikanisches Badezimmer
Spuren der Sklaverei
Zerfall der Ordnung
Die Fälle von Boali
Eine Tragödie
Schwarze Nacht
Um Bangui
In Zaire
Lazarett »Uhuru«
Afrikanische Nächte & Alltag in den Tropen
Mbote!
Gemena
Extreme Hygiene
Kriegsbeil – ausgegraben
Tropische Impressionen
Tagebuch: Flussfahrt am Kongo
Globetrottel
Magic Bus
Pili-Pili
Stanleyville
Parasiten aus Kamerun
Invasionen
Okapi-Station Epulu
Unter Pygmäen
»Tarzans« Missgeschick
Da waren es nur noch ...
Tagebuch: Die Treppen der Diana
Jambo!
Die Flaschenzug-Aktion
Trennung in Beni
Weihnachten am Äquator
Das andere Gesicht
Bekanntschaft mit der Steppe
Nächtliche Begegnung
Meuterei
Offizielles Schmiergeld
Am Kivusee
Silvester in Ruhengeri
Tanz auf dem Vulkan
Kigali
Gorilla-Trekking
Der Leopard
Am Rand des Herzens
»Tanzania – keep left«
Ananasparadies unter Wattebäuschchen
Indien in Afrika
Über tausend Fährten
Die Serengeti lebt noch
Alte Riten
Alte Bekannte
Geburt des Ngorongoro
Hyänen im Löwencamp
Das touristenreichste Tal Ostafrikas
Im Land der Masai
Unter dem Mount Meru
Am Fuß des Kibo
Tourist, Tourist!
Erwachen
Stadt ohne Geschichte
Jenseits von Afrika
Der harte Kern
Abrechnung
Letztes Lager
Dem Ziel entgegen
Mombasa
Die andere Seite des Kontinents
Ebbe und Flut
Abschied vom Paradies
Nachwort
Anmerkungen:
Virunga
Impressum neobooks
Die Kilometermacher
Autobiografischer Reisebericht
Von Jo Danieli
© 1993 / 2017
Afrika macht traurig. Dann nämlich, wenn man verliebt daraus zurückgekehrt ist. Damit ist nicht der Safari-Tourist gemeint, der kam, um auch einmal in seinem Leben Löwen, Giraffen und Zebras in natura zu fotografieren und mit plötzlicher Vorliebe für Großwild zu Hund und Katz’ nach Hause fuhr. Auch schwarzgebrannte Sonnenurlauber mit Flirt-Nostalgie im Herzen sind nicht gemeint. Ebensowenig Historienfreaks oder Sex-Touristen, die als weiße Genießer tiefe Eindrücke mit sich genommen wie auch hinterlassen haben.
Verliebt in Afrika zu sein, ist schmerzhafter als all das. Aber es ist auch unvergleichlich süßer. Denn die Erinnerung wartet zu allen Zeiten, an allen Orten im Heimatland oder anderswo mit winzigen Nadelstichen in Form bunter Bilder auf. Sie peinigt die Vernunft mit Sehnsucht nach der Luft, dem Licht, dem warmen oder feuchten Boden im Schwarzen Kontinent. Sie quält mit aufsteigendem Verlangen, den Blick wieder über endlose sandige Ödländer, dampfend grüne Tropenkessel und windgestreichelte, gelbe Steppen streifen lassen zu dürfen.
Sie narrt die Sinne mit flüchtigem Duft der Holzkohlenfeuer und gebratenen Ziegenfleisches, mit dem Geschmack exotischer Früchte. Sie lässt das Herz mitten im Gedränge der U-Bahn heftiger schlagen, weil alles Denken unerwartet für Sekunden von jener Ahnung einer scheinbar unberührten Art von Freiheit »dort unten« durchdrungen ist, ... so fern im wilden Dickicht der Geheimnisse, Freiheit, wie sie der Europäer meint, wenn er es schafft, seinem zivilisierten Gefängnis aus Regeln und Pflichten einmal den Rücken zu kehren.
Von einem Gefühl, etwas unaussprechlich Großes, Schönes in Afrika zurückgelassen zu haben, einen Schatz, den man berührt hat, der zu fühlen, zu schmecken und zu atmen gewesen ist, wird der oder die Verliebte gequält. Was genau den reisenden Europäer von heute dermaßen faszinieren kann am Schwarzen Kontinent, dass die Erinnerung nicht nur süß ist, sondern schmerzt, scheint schwer ergründlich. In nicht allzu fernen Epochen der Menschheitsgeschichte hat Europa Afrika schon mit begehrlichem Blick gestreift – und einfach genommen, was immer gerade am erstrebenswertesten schien. Reisende von heute sehen den Schwarzen Kontinent und seine Menschen zwar anders motiviert – jedenfalls aber ebenfalls begehrlich. Hier Fuß zu fassen wäre trotz aller Begeisterung schwer (nicht einmal in den afrikanischen Metropolen wäre es leicht), denn auf Reisen merkt der Weiße unweigerlich, wieviel ihn von »schwarzer« Lebensart trennt: Generationen von Erziehung. Respekt und schlechtes Gewissen machen Weiße vorsichtig, selten noch überheblich, aber nichtsdestotrotz kann viele nichts davon abhalten, in Afrika eine Ahnung des Paradieses ursprünglicher Natürlichkeit an Umwelt und Lebensform kosten zu wollen. Mancheiner der Aufgeschlossensten unter ihnen mag, unterwegs in den Dörfern, wo die Menschen heute der Hilfe bedürfen, um auch nur an lebensnotwendiges Wasser zu kommen, mit Grauen daran denken, welche Katastrophe es einst allein bedeutet haben muss, dass weiße Kolonialherren die genügsamen einheimischen Selbstversorger mittels Steuervorschreibungen zum Produzieren exportierbaren Überflusses gezwungen haben.
So ist alles Alte, Sinnige ins wanken gekommen. Es ist die Sonne, die Szenerien alter Dramen trügerisch beruhigend erhellt, als wäre nie etwas geschehen, was Menschen und so manches Tier (fast) entwurzelt hat. Ein Wunder, wahrhaftig, dass Afrika immer noch soviel für den Reisenden Lockendes besitzt, hat doch kein Kolonialherr der Vergangenheit viel darauf geachtet, das Schöne zu erhalten. Vielleicht trachtet der eine oder andere weiße Besucher ja ein wenig bange danach, den Kontinent weniger verwüstet vorzufinden, als befürchtet, sucht er, stets rückzugsbereit, nach Beweisen, dass nicht so schlimm ist, was geschichtlich gesehen und gedenk moderner politischer und ethnischer Katastrophen furchtbar klingt, vielleicht will er aber auch bloß all das Schöne erhaschen, das Weiße vor ihm übrig gelassen haben, und das sensible Zeitgenossen sehr wohl erahnen.
Die afrikanische Persönlichkeit, Weißen vertraut, auch wenn diese das Schlagwort des schwarzen Widerstandes kontra Überfremdung durch die Kulturen der Kolonialherren und pro Rückbesinnung auf die eigene Identität gar nicht kennen, strahlt nicht nur aus den Menschen – sie ist das Land an sich, wo immer Bürgerkriege, Armut, Verödung und Industrialisierung die alte schwarze Welt noch durchschimmern lassen. Danach suchen Reisende.
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