„Jetzt begreife ich auch, warum dieses edle Restaurant jenen auf den ersten Blick völlig übertriebenen Namen trägt. Die Lichtbrechung des Wassers”..., begann Fatima völlig überraschend,
”...und die unglaublichen Lichteffekte bei Nacht sowie die schwebenden Diamantenwolken aus Wassertröpfchen”, fuhr ihr Mann verträumt fort, „sind der beste Beweis für eine exzellente Wahl dieses Namens. Wer auch immer sich diese Bezeichnung ausgedacht hat, war ein genauer Beobachter. Wer war er?”
„Oarüwüeli Ädoieta, ein Eäölionier, der von seinem Heimatplaneten Eäölion VII vor nunmehr 19 528 Jahren diese Restauration gegründet hat”, antwortete Rogopol wie aus der Pistole geschossen.
„Das kann doch nicht sein, so lange kann es doch diese hochmoderne Stadt noch gar nicht geben”, meinte Yossi erstaunt.
„Ich wäre an deiner Stelle da nicht so sicher”, meinte Can bedächtig. „Da dieser Staat bereits seit Urzeiten existiert, halte ich es sehr wohl für denkbar, dass auch dieser Ort bereits seit sehr langer Zeit bewohnt ist. Wenn hier Materialien verbaut wurden, die nicht altern, nicht rosten, nicht korrodieren und sich auch sonst nicht auf irgendeine Weise abnutzen, kann das alles schon stimmen.”
„Die erste filmische Urkunde über diese Metropole liegt bereits 21 048 Jahre zurück. Komplett fertig gestellt, wie man es heute bewundern kann, wurde Naroda vor 20 876 Jahren”, wusste Rogopol zu berichten.
„Und wir arroganten, bornierten Israelis dachten, dass wir wegen unserer langen Geschichte das Recht hatten, uns Land zu rauben, das uns zu biblischen Zeiten gehörte. Aber das hier stellt ja alles in Frage, an das wir geglaubt haben. Diese Kultur hat niemals etwas zerstört, hat alle Energie in die kulturelle, wissenschaftliche und auch politische Entwicklung gesteckt, mit dem Resultat, dass meiner Meinung nach diese Zivilisation in voller Blüte steht und den Zenit ihrer Macht erreicht hat”, bemerkte Aaron.
Rogopol und Knud nickten zustimmend.
„Den letzten Satz unterschreibe ich so nicht”, meinte der Professor bedächtig. „Wenn dieser Staat keinerlei äußere Bedrohung erfährt und auch innenpolitisch keine Spannungen und Verwerfungen entstehen, kann diese Zivilisation noch in kulturelle Höhen steigen, von denen ich mir beim besten Willen keine Vorstellung machen kann.”
„Völlig richtig, Wahid. Die Gründungsrassen der Föderation haben niemals die Energie dafür verschwendet, sich gegenseitig zu bekämpfen.
Einige Beispiele dieses Aspektes der Nachhaltigkeit mögen die soeben getroffene Aussage verdeutlichen: Die Wasserversorgung in dieser Stadt, gespeist von Gletscherflüssen aus dem benachbarten Gebirge, ist seit nunmehr etwa 21 300 Jahren unverändert und immer noch voll funktionsfähig. Auch die geniale Technologie der Luftzirkulation, die fast vollständig ohne künstliche Ventilation auskommt, ist ebenfalls zu jener Zeit installiert worden. Sie ist auch nicht auf eine zusätzliche Heizung angewiesen, denn tief unter dem Ort, an dem wir uns jetzt befinden, herrscht im Gestein jahrein jahraus eine konstante Temperatur von 292 Kelvin. Riesige Wärmetauscher sorgen dafür, dass auch im Winter die Frischluft, die von außen herangeführt wird, stets auf der gleichen angenehmen Temperatur gehalten wird. Nur alle drei Jahre, wenn es auf Grund eines besonderen meteorologischen Ereignisses auf diesem Planeten ziemlich kalt wird, muss die Außenluft zusätzlich erwärmt werden. Aber dazu erst später mehr.
Eine besondere Herausforderung stellt die Beleuchtung dar. Ein Teil der Energie Caeleons wird elektrolytisch in Wasserstoff umgewandelt, der dann bei Bedarf in elektrischen Strom via Brennstoffzelle umgewandelt werden kann - eine uralte Technologie, die aber immer noch perfekt und zuverlässig und vor allem völlig wartungsfrei funktioniert. Aber wenn aus irgend einem Grund die Situation auftreten sollte, dass eine Energieverknappung herrscht, haben die Altvorderen uns auch noch einen Antimateriereaktor hinterlassen, der mühelos in der Lage ist, diese Stadt über viele Jahre mit Strom und Wärme zu versorgen. Aber in über 20 000 Jahren Stadtgeschichte wurde er nur einige Male genutzt. Und zwar geschah das in den Fällen, als die Stadt erweitert wurde und die Energieversorgung daher jeweils für einige Tage unterbrochen werden musste: Beim Bau des Raumflughafens vor etwa 19 300 Jahren, der Tarmora Universität vor etwa 19 270 Jahren. Letztmalig dann bei der letzten Erweiterung der Stadt, der Universität und des Raumhafens mit gleichzeitiger vollständiger Überprüfung aller technischen Einrichtungen. Das liegt etwa 90 Jahre zurück.”
„Ist dies die älteste Stadt in der Föderation?”, fragte Aaron Knud.
„Gegenfrage: Was verstehst du unter alt? Das Gesamtalter einer Stadt von den ersten Zivilisationsspuren an? Oder die Zeit, die eine Stadt seit dem Beginn der Entwicklung einer Hochtechnologie existiert?”
„Beides würde mich schon interessieren.”
„Morugh Turghar, was in der Sprache der Gründer der Föderation, der Präthener ,Stadt des Himmels’ bedeutet, ist die älteste Stadt auf dieser Welt. Sie ist vor ungefähr 23 200 Jahren von dieser Spezies auf dem Südkontinent gegründet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte diese Rasse bereits vermutlich mehrere 1 000 Jahre Zivilisationsgeschichte hinter sich. Allerdings ist aus dieser Anfangsepoche wenig überliefert.
Diese Stadt, in der wir uns jetzt befinden, ist zunächst auch von dieser ersten so genannten Gründungsrasse der Föderation erbaut worden. Jahrhunderte später ist Naroda von den Borennon, der zweiten Gründerrasse dieses Staatenbundes, immens erweitert worden. Von ihnen wissen wir beinahe jedes Detail ihrer kulturellen Entwicklung. Sie waren eine Rasse, die andere ,primitive’ Artgenossen auf ihrer Welt durch ihren kulturellen und wissenschaftlichen Vorsprung assimilierte. Die Borennon bauten im Verlaufe von einigen hundert Jahren ein Handelsimperium mit ausschließlich friedlichen Mitteln in der Großen Magellanschen Wolke auf, während die Präthener ähnliches, nur vermutlich schon etwa drei Jahrtausende früher, in der Kleinen Magellanschen Wolke zu Wege brachten. Wir sind jedoch bei der zuletzt erwähnten Rasse nicht sicher, ob diese Entwicklung wirklich so vonstatten ging oder ob die Präthener nicht möglicherweise schon viele 1 000 Jahre früher auf der galaktischen Bühne auftauchten. Jedenfalls waren sie es, die es verstanden, mit Hilfe von Schwarzen Löchern und der Nutzung des dabei entstehenden Wurmlochs die enorme Entfernung zwischen den beiden Galaxien zu überbrücken.
Die Borennon jedenfalls waren nicht besonders überrascht, als plötzlich die Präthener bei ihnen erschienen. Denn sie wussten von den Galaktischen Fliegenden Händlern - die wahrscheinlich ebenfalls eine uralte, umtriebige Rasse sind - dass es in der Nachbargalaxie eine Zivilisation gab, die über ähnliche technologische Fähigkeiten wie sie selbst verfügte. Denn auch die Borennon hatten unabhängig von den Präthenern die Wurmlochtechnologie entwickelt. Nur hatten sie ihren Forscherdrang mehr auf die Milchstraße ausgerichtet als auf die benachbarte Kleine Magellansche Wolke.
Beide Rassen, obwohl sie vermutlich mehrere tausend Jahre lang unterschiedliche Entwicklungswege beschritten hatten, zeichneten sich durch ein sehr geringes Aggressionspotential aus. Sie stellten Forschung, Wissenschaft und Kultur in den Mittelpunkt ihrer Zivilisation. Man war sich daher damals innerhalb von wenigen Wochen einig, dass man künftig zusammen das Universum erforschen wollte. Die Regierungen beider Spezies beschlossen, ein gemeinsames politisches System auf demokratischen Grundlagen zu entwickeln, dessen ununterbrochener Nachfolger die heutige Staatsstruktur ist. Präthener und Borennon hatten bis zu diesem Zeitpunkt nur einen kleinen Teil der Magellanschen Wolken erforscht. Nur kurze Zeit später wurde auch der Kontakt zu den Rovennon etabliert. Und so sahen beide Parteien die Hauptaufgabe darin, erst einmal ihre eigene Umgebung zu erkunden, was dazu führte, dass sie auf viele technologisch hochstehende Rassen stießen, die sich der neuen Föderation in den nachfolgenden Jahrtausenden anschlossen. Zwei kriegerische Rassen, die Quaron und die Ulumtscha, die zu Beginn der Staatsgründung für gewissen politischen Wirbel sorgten, wurden über einen Zeitraum von etwa 500 Jahren zudem von den Gründungsrassen zu friedlicherem Verhalten bewogen. Resultat war, dass bereits knapp 9 000 Jahre nach der Gründung dieser Stadt die beiden Magellanschen Wolken eine politische Einheit bildeten.
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