1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 Er verkniff sich ein Lächeln. »In einen formellen Anzug haben sie ihn allerdings nur bei seiner Hochzeit zwingen können, doch er trägt seine legeren Outfits mit einer so aufreizenden Lässigkeit, dass es schon wieder gut rüberkommt.«
Kai fuhr sich mit der Hand durch seine pechschwarzen Haare. »Und, so wie es aussieht, hat er nicht eine Sekunde gezögert, als sich die Situation ergab und er merkte, dass Hetty nicht abgeneigt war. Für die passt er, bis auf sein Alter, auch genau in ihr übliches Beuteschema von blondhaarig, braungebrannt und blauäugig. Damals waren beide Singles, also sprach auch nichts dagegen, aber trotzdem haben sie kein Wort darüber verloren und spielen nach außen hin, für alle anderen, die guten Freude, die sich einfach hervorragend verstehen.
Außer mir hat niemand auch nur die geringste Ahnung, dass es der ach so brave Patrick, faustdick hinter den Ohren hat.«
Hashimoto brachte den Mund nicht mehr zu. Als er sich gefasst hatte, nickte er langsam mit dem Kopf. »Ich würde sagen, da liegst du richtig. Und der Junge ist tatsächlich nicht schlecht mit seiner Tarnung. Er verkauft den netten sympathischen Kerl, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann, ganz gut. In Wirklichkeit muss er aber dann ganz schön clever sein, um das alles so durchzuziehen. Na ja, dass er nicht dumm ist, weißt du ja zur Genüge. Schließlich hat das Kerlchen einen Abschluss in Betriebswirtschaft und Informatik und wie du mir schon erklärt hast, sparen seine Programme der Firma seines Schwiegervaters eine Menge Geld.«
Hashimoto fügte nach kurzer Pause noch hinzu. »Wenn ich mal objektiv urteile, dann ist er tatsächlich ziemlich attraktiv und hat das gewisse Etwas, das Frauen unwiderstehlich finden. Sogar Susi hat schon zu mir gesagt, dass er ein absolut umwerfendes Lächeln hat und die lässt sich nicht so leicht beeindrucken.«
Da seine Frau eine rothaarige, vollbusige, äußerst gut gebaute Sexbombe mit einer Professur für Betriebswirtschaft und Management in Brisbane war, konnte ihr Urteil wohl als Maßstab gelten. Wenn Susi einen Mann attraktiv fand, dann war das sozusagen der Ritterschlag.
Kai nickte. »Er ist Hetty von der Wesensart sehr ähnlich. Beide sind sozusagen die Underdogs, die sich von unten hocharbeiten mussten und beide haben eben diese Ausstrahlung, die andere Leute dazu bringt, sie sofort zu mögen. Da ist es kein Wunder, dass sich die beiden so gut verstehen. Und seitdem sie sich kennengelernt haben, telefonieren sie äußerst regelmäßig miteinander. Das habe ich schon vor langer Zeit mitbekommen und das hat sich auch nicht geändert, seit sie mit mir zusammen ist.«
Hashimoto runzelte die Stirn. »Stört dich das nicht?«
Kai schüttelte den Kopf. »Reden können sie ruhig. Der Junge braucht anscheinend jemanden, bei dem er sich aussprechen kann, sonst wird ihm der ganze Druck, den er jetzt mit der Firmenleitung hat, zu viel. Schließlich ist er in die Rolle ja mehr oder weniger gezwungen worden. Und Hetty hört gerne zu, wenn er über seine Computerprogramme redet.
Doch ein Problem habe ich mit dem Ganzen und damit sind wir bei meiner Leiche angekommen. Chrissie hat über das Vorgefallene nie etwas erfahren und sie weiß auch nicht von allen Anrufen. Ich habe schon einige Male bemerkt, dass Patrick bereits eindeutig über ein Thema Bescheid wusste und seine Frau noch nicht. Und noch eines hat er mit Hetty gemeinsam: Wenn er seine Gedanken verbergen will, sieht er genauso neutral und uninteressiert drein, wie sie. Wenn meine Annahme stimmt, dann verbirgt der Kerl mir gegenüber ziemlich viel.«
Er schenkte sich Rotwein nach. »Und wie du weißt, tendieren wir dazu, auf die Farm zu ziehen und von meinem Vorwissen her, ist da dann eindeutig Potential für neue Schwierigkeiten vorhanden.«
Kai nahm einen Schluck vom Wein und lehnte sich zurück. Jetzt war sein Freund an der Reihe seine Schlussfolgerungen zu ziehen und der Japaner war in der Hinsicht fast so gut, wie er.
Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, denn Hashimoto brauchte Zeit zum Nachdenken. »Ich würde ihn nicht aus den Augen lassen.«
Kai grinste. »Das darfst du glauben. Der war schon einmal schlauer als ich und ein zweites Mal kommt er mir nicht in die Quere. Das Gute daran ist, dass ich jetzt weiß, was Sache ist und nicht unvorbereitet bin.«
Sein Blick schweifte kurz in die Ferne, als er sich an einen Vorfall erinnerte, der den Grundstein für sein ungutes Gefühl gelegt hatte. Jawohl, es war besser, auf der Hut zu sein und Patrick nicht zu unterschätzen.
Hashimoto wechselte das Thema. »Und was machst du jetzt mit deinen zahlreichen Freundinnen? Deinen Harem musst du wohl abschaffen. Da wird halb Brisbane weinen.«
Sein Gegenüber schmunzelte. »Als höflicher Mensch werde ich mich zwangsgedrungen überall persönlich abmelden müssen. Wie du weißt, wird mir das äußerst schwerfallen. Bis Hetty zurückkommt, habe ich die Runde gemacht. So habe ich wenigstens an den Abenden auch eine Beschäftigung.«
Hashimoto kicherte. »Wahrscheinlich werden Brisbanes gehörnte Ehemänner ihr alle ein Dankschreiben schicken. Du solltest sie vorwarnen, dass sie in der nächsten Zeit viel Post bekommen wird.«
Kapitel 5
Die Zivilisation hatte sie wieder! Am späten Nachmittag erreichten sie Esperance, das malerisch in einer Bucht lag und einen Anblick bot, der zum Träumen einlud. Zumindest, wenn man nur drei Viertel der Stadt betrachtete und die großen Tanks und Hafenanlagen für die Verschiffung von Erz und Weizen am anderen Ende ignorierte.
Die kleine Stadt war inzwischen zu einem äußerst beliebten Touristenmagnet mutiert, da in ihrer Umgebung wunderbare Nationalparks lagen und die meisten Australier im Sommer die kühleren Temperaturen an der Südküste bevorzugten. Am Meer führte eine bald vier Kilometer lange Promenade entlang, die von Norfolk Pinien eingesäumt wurde und zum Spazierengehen einlud. Außerdem hatte Esperance zahlreiche Supermärkte, Läden und kleine Restaurants vorzuweisen und eine Reihe von Stränden mit feinem weißen Sand.
Nachdem sie auf einem netten Vier-Sterne-Platz ihren Stellplatz eingerichtet hatten, fuhren sie in den Supermarkt um die Vorräte zu erneuern. Als Britney nach ihrer Rückkehr auf den Campground verkündete sie würde jetzt schlafen gehen, rief das bei Hetty nur ein gemäßigtes Schulterzucken hervor. Auch gut, sie hatte schließlich einen wichtigen Anruf zu tätigen.
Kai hörte sich in aller Ruhe ihren genervten Bericht über den bisherigen Reiseverlauf an. »Das hast du dir selber zuzuschreiben, Prinzessin. Du wolltest ja nicht bei mir bleiben. Jetzt musst du da durch!«
Hetty ahnte, dass hier kein Mitleid zu ernten war. Ihr Gejammer spielte Kai nur in die Hände, der von Anfang an gegen diese Fahrt gewesen war. »Ich vermisse dich!«
Sie seufzte in ihr Telefon und war sich dabei absolut sicher, dass der eigentlich so ernste Kai nunmehr übers ganze Gesicht grinsend in seinem Büro saß.
Dann hörte sie im Hintergrund Telefonläuten. »Du, ich muss ran, also bis bald Prinzessin« und gerade als sie meinte, er würde einfach so auflegen kam ein »Ich vermisse dich auch!« und dann hörte sie nur noch das Freizeichen.
Blödsinnig ihr Handy anlächelnd, saß sie noch eine Weile da und schwelgte in Erinnerungen an die letzten Wochen mit Kai. Sie würde nie den Augenblick vergessen, als er ihr gesagt hatte, dass er sie liebte. Nach fast zwei Jahren Flucht vor ihren eigenen Empfindungen, hatte sie in diesem Moment endlich geglaubt, was sie immer nur ganz im geheimen gehofft hatte. Denn Kai konnte sehr überzeugend sein. Sie schloss die Augen. Sehr, sehr überzeugend!
»Krieg dich wieder ein, Britney wartet.« Ihr Verstand schaltete sich ein und riss sie aus ihren Gedanken.
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