Kaiser Satos Sohn Akira hatte den Befehl, dieses Mädchen zu entführen und dem König ein Ultimatum zu unterbreiten. Sollte er es nicht in einer vereinbarten Zeit schaffen, alle seine Truppen abzuziehen und seine Macht wieder aufzuteilen, würde dieses Mädchen eines schrecklichen Todes sterben.
Kaiser Sato allerdings hielt sich nicht an die Abmachung und ließ dieses Kind trotz allem töten. Doch geschah an diesem Tag etwas Merkwürdiges. Ihr Geist erschien Kaiser Sato und schwor Rache, bevor sie verschwand und hinterließ eine weiße Rose, die erst verblüht, wenn ihre Seele wieder mit ihrem Körper vereinigt wäre. Sie würde die Welt und all ihre Bewohner, die mit ihrem Tod zu tun hatten, vernichten.
Einige erzählten, dass sie in ein Kind fuhr und auf den Tag ihrer Rache wartete. Doch bis zum heutigen Tage war von ihrer Rache noch nichts zu spüren. Nur die weiße Rose des Lebens blüht noch heute und verwelkte nie. Ein Zeichen, dass sie noch immer irgendwo umher wandelt und auf den Tag ihrer Rache wartete oder, dass sich jemand findet, der in ihrem Namen die Geschichte ändert und ihr den Thron zurück gibt, der ihr von Geburt an zugestanden hatte!“
So konzentriert war Jenny in Frau Peters Unterricht schon lange nicht mehr. Und sie überflog die Zeilen gleich noch ein zweites Mal. „Wow, ein Mädchen, dessen Seele Rache schwört“, dachte sie darüber nach. Das war doch viel interessanter als die Römer. Sie fing gerade noch einmal zu lesen an, als es zur Pause klingelte. Alle packten wie wild ihre Sachen zusammen, um endlich aus dem Unterricht in den verdienten Feierabend zu kommen.
„Denkt an den Aufsatz!“, hörten Tina und Jenny Frau Peters noch rufen, als sie schon auf dem Flur waren.
„Hey, sag mal, was war das denn gerade? So kenne ich Frau Peters gar nicht!“, versuchte Tina, durch das Getümmel im Flur auf den Schulhof zu gelangen.
„Frag mich was Einfacheres. Vielleicht ist der Direktor von den Römern auch genervt!“ Sie wurde von einem blonden Jungen angerempelt. Noch ein paar Stufen und dann hätten sie es endlich auf den Schulhof geschafft. Es war furchtbar, wenn die Schlussglocke läutete, dann ging im Schulgebäude alles drunter und drüber. Jeder wollte der Erste sein, der nach Hause kam und keiner nahm Rücksicht auf den Anderen. Endlich, geschafft.
Jenny streckte erst einmal ihre müden Knochen und wandte sich dann wieder an Tina.
„Sag mal, glaubst du, dass die Geschichte wirklich wahr ist?“, wollte sie von Tina auf dem Nachhauseweg schließlich wissen. Sie durfte gar nicht daran denken, eines Tages von einer Seele Besuch zu bekommen. Ihr ganzer Körper kribbelte schon bei der Vorstellung. Nicht, dass sie Angst vor einem Geist hatte, aber alleine die Vorstellung, dass eine Seele die Welt und damit auch sie vernichten könnte, reichte schon. Aber wie schon gesagt, es war nur eine Geschichte. Und wer glaubte schon an so etwas? Aber es war auch eine Legende und sind Teile einer Legende meistens nicht auch auch wahr? Oh verdammt, was geschah hier eigentlich? Sie dachte nach, das konnte doch nicht wahr sein. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie die Gedanken so aus ihrem Kopf vertreiben.
„Was ist denn mit dir los?“, musterte Tina sie grinsend. „Es sieht so aus, als würde dein Kopf gleich platzen!“
„Aber Mal ganz im Ernst, an so einer Legende soll immer etwas Wahres sein. Ich bin mal auf den Ort des Geschehens gespannt. Weißt du, wo das sein soll? Also ich für meinen Teil habe noch nie etwas von „Sorola“ gehört. Du etwa? Wo soll das überhaupt sein?“, dachte Tina laut nach. Sofort fing Jennys Gehirn wieder an zu arbeiten. Der Ort sollte nicht weit von der Schule entfernt sein. Also hätten sie doch eigentlich schon einmal was davon hören müssen. Sie waren beide hier aufgewachsen und kannten so gut wie jeden Winkel in dem kleinen Örtchen, trotzdem kam ihr „Sorola“ nicht bekannt vor. Merkwürdig.
„Keine Ahnung, aber wir werden es bald wissen. Allerdings muss ich sagen, dass mich diese Geschichte echt zum Nachdenken angeregt hat. Und das ausgerechnet mich!“, versuchte sie zu witzeln. Aber irgendwie ging ihr diese Legende unter die Haut und sie wusste einfach nicht warum. Sie hatte früher als Kind schon viele Geistergeschichten gelesen, aber das hier war etwas anderes. Wenn sie sich vorstellte, dass eine Seele ihr Leben bestimmen könnte und dann auch noch die Welt davon abhinge, wurde ihr plötzlich ganz anders. Anderseits wäre sie gerne selbst dabei gewesen, denn so etwas geschah ja schließlich auch nicht alle Tage und wer weiß, vielleicht hätte sie ja was dagegen unternehmen können. Oh Mann, sie war gerade am Durchdrehen. Das Denken war zu viel. Sie spann sich sogar schon Dinge zurecht, die nie passieren würden und wahrscheinlich nie passiert waren. So ein Quatsch.
„Hallo, ist wirklich alles in Ordnung?“, musterte Tina ihre Freundin. Erst jetzt hatte sie mitbekommen, dass Tina mit ihr redete.
„Ja, ja alles Bestens. Ich habe nur gerade gedacht, dass das Thema eigentlich ganz interessant ist. Vor allem der Teil mit dieser Blume!“
„Du meinst die Rose?“, sah Tina sie fragend an.
„Ja, von mir aus auch Rose. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Rose über mein Leben bestimmt und schon gar nicht eine Seele. Das mache ich doch lieber selber! Auch wenn ich in der Schule keine Leuchte bin!“, grinste sie schließlich.
„Egal, ob Leuchte oder nicht, du bist und bleibst meine beste Freundin und da kommt auch so eine Seele nicht zwischen!“, hakte sie sich bei Jenny ein.
„Da bin ich auch stolz drauf!“, grinste sie jetzt breit.
„Das solltest du auch!“, lachte Tina.
Doch Jenny ließ der Teil mit der Rose nicht mehr in Ruhe. Nachdem sie zu Hause war, machte sie sich über ihren Computer her. Sie musste mehr darüber herausbekommen. Vielleicht fände sie ja sogar eine Wegbeschreibung zu dem Ort der Legende, von dem sie nie etwas gehört hatte. Aber merkwürdig war es schon. Sie lebte so lange hier und hatte alle Ecken ausgekundschaftet, aber „Sorola“ war ihr vollkommen unbekannt.
Auch im Internet fand sie nichts darüber. Vielleicht hatte sich bis jetzt noch nie jemand mit der Legende auseinander gesetzt. Das war eigentlich nicht möglich, oder? Aber woher wusste dann der Direktor davon? Fragen über Fragen auf die sie jetzt wohl keine Antwort bekommen würde. Sie hatte keine andere Wahl, als bis auf den Ausflug zu diesem Ort zu warten. Und für ihren Kopf war es auch besser.
Der nächste Tag. Jenny hatte die ganze Nacht über die Legende nachgegrübelt. So etwas passierte ihr eigentlich nur, wenn es um wichtigere Sachen als Schule ging. Darüber hatte sie die Mathearbeit komplett vergessen. Heute würde sich ihre Zeugnisnote entscheiden. Oh Mann.
Tina war bereits im Klassenzimmer und wartete auf sie.
„Einen wunderschönen guten Morgen!“, zwitscherte sie ihr fröhlich entgegen.
„Morgen!“, gab Jenny noch immer müde zurück.
„Na komm schon, so schlimm kann die Arbeit auch nicht ausfallen. Sag mal, hast du schlecht geschlafen?“, sah sie ihre Freundin ernst an.
„Kann man wohl sagen. Ich habe kaum ein Auge zubekommen!“, gähnte Jenny.
Tina wollte gerade noch etwas erwidern, da betrat Frau Peters das Klassenzimmer. Sie warf wie immer ihre Unterlagen auf den Schreibtisch und nahm das Klassenbuch zur Anwesenheitskontrolle heraus. Dann war es soweit, sie wedelte mit den Klassenarbeiten vor den Nasen der Schüler herum.
„Wie ihr wisst, ist diese Arbeit die wichtigste von allen. Schließlich entscheidet sie über die endgültige Note auf dem Zeugnis und ich muss wirklich zugeben, dass ich angenehm überrascht war! Natürlich habt ihr bis zur nächsten Stunde die Arbeit zu berichtigen, auch wenn es die letzte war!“ Dann teilte sie die Arbeiten aus und einer nach dem anderen freute sich über eine gute Note. Widerlich, dachte Jenny, aber dieses eine Mal war sie auch eine von denen, die sich eine gute Note erhofften. Tina bekam ihre als erstes und nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, fiel diese wie immer aus. Jenny musste bis zuletzt warten. Als ob die das mit Absicht machte. Bevor sie ihr die Arbeit auf den Tisch legte, sah Frau Peters Jenny durchdringend an, als wollte sie ihr damit mitteilen, dass sie noch heraus bekommen würde, wie sie das gemacht hatte.
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