„Ach noch etwas, wagt euch nicht, ohne etwas wiederzukommen!“, warnte er ihn mit durchdringendem Blick, der Akira bis ins Mark ging. Wenn sie nichts finden würden, könnte er sich genauso gut selbst das Leben nehmen, denn ansonsten würde es sein Vater tun, wenn er wieder zurück war.
Akira zog mit fünf seiner besten Männer und Freunde Richtung Westen, wo die feindlichen Truppen eingefallen waren. Zwei Tage waren sie bereits unterwegs, bis sie schließlich das feindliche Lager an der Meeresgrenze erreicht hatten. Es war mitten im Sommer und das Tageslicht war an diesen Tagen länger vorhanden als die Nacht. Sie mussten in sicherer Entfernung warten, bis es schließlich so dunkel war, um sich ohne große Mühe im Schutz der Dunkelheit in ihren schwarzen Anzügen anschleichen zu können. Nachdem sie die ersten Wachen entdeckt und ausgeschaltet hatten, schlichen sie vorsichtig zu den ersten Zelten ins Lager. Die feindlichen Soldaten waren allesamt gut aufgelegt und es schien Akira, als würden sie sich bereits auf den Angriff vorbereiten.
Es waren etliche Zelte aufgestellt worden, aber es sah so aus, als wären nicht alle Soldaten an Land. Sicher hatte man die meisten auf den Schiffen gelassen, mit denen sie ins Land gekommen waren.
Ein großes Hauptzelt stand inmitten von vielen kleineren Zelten und das musste das Lager des Kriegsherren König Malvin sein. Es würde nicht einfach werden, an all den Soldaten vorbei bis an das Zelt zu gelangen. Doch Akira und seinen Begleitern blieb keine andere Wahl, wenn sie etwas über den Anführer herausbekommen wollten und vor allen Dingen am Leben bleiben wollten. Etwas, was sie als Druckmittel einsetzen konnten.
Die Soldaten hatten sich weitgehend um ein Lagerfeuer versammelt, tranken und lachten. Einige von ihnen erzählten alte Kriegsgeschichten und andere machten einige Scherze.
Akira schlich an den äußeren Zelten vorbei und rief seine Gefährten zu sich, nachdem er die Lage geprüft hatte. Einige der Betrunkenen torkelten in ihre Richtung, wurden aber kurz vor ihrer Entdeckung von den anderen wieder zurückgerufen. Akira fiel ein Stein vom Herzen.
Leise schlichen sie weiter, bis sie schließlich nach langen endlosen Minuten, ohne entdeckt zu werden, das Hauptzelt erreicht hatten. Von innen konnte er Stimmen hören und es schien, als würde gestritten werden. Er konnte eine ältere männliche Stimme und die eines noch ziemlich jungen Mädchens? heraushören. Ansonsten schien keiner im Zelt zu sein. Sie legten sich auf die Lauer und lauschten dem Gespräch.
„Warum lässt du mich nicht mitgehen? Ich bin mindestens genauso gut wie jeder andere von denen! Wenn nicht sogar besser!“, hörte er die jüngere Stimme wütend schreien.
„Ich habe es dir schon einmal erklärt und ich mache es jetzt zum allerletzten Mal. Was meinst du passiert, wenn sie herausbekommen, dass du mein Kind bist oder noch schlimmer, dass du in Wirklichkeit ein Mädchen bist? Ich kann es nicht zulassen, dass sie dich gefangen nehmen und dich als Druckmittel gegen mich einsetzen! Und damit ist die Unterhaltung beendet. Du bleibst im Lager und Ende!“, schrie die wütende Männerstimme zurück.
Also wenn Akira das gerade richtig verstanden hatte, war dieser Junge sein Kind und was noch besser als alles andere war, ein Mädchen. Er lachte höhnisch in sich hinein. Besser konnte es nicht laufen, weder für ihn und seine Begleiter, noch für seinen Vater. Plötzlich hörte er aus dem Inneren etwas zerbersten und einen wütenden Aufschrei. Danach verließ ein Junge stampfend das Zelt. Er beobachtete, wie der Junge aufbrausend das Lager in Richtung Wald verließ. Ohne einen Begleiter und ohne, dass es jemand mitbekam. Er grinste und befahl seinen Freunden, mit ihm das Lager in seine Richtung zu umrunden. Die beste Gelegenheit, um nicht entdeckt zu werden. Der Junge schien wirklich sauer zu sein und warf wütend einige Steine in einen kleinen Bach, die tänzelnd über die Wasseroberfläche spritzten. Langsam schlich sich Akira an den Jungen heran und nachdem er nahe genug war, hielt er ihm von hinten den Mund zu und versetzte ihm einen Schlag gegen die Schläfe. Der Junge sackte lautlos in seinen Armen zusammen. Im Schein des Mondes konnte er das hübsche Gesicht mit den endlos langen Wimpern erkennen. Er konnte wirklich nicht verstehen, wie man dieses Gesicht in Verbindung mit einem Jungen bringen konnte. Es handelte sich eindeutig um ein Mädchen. Auch die Figur und die reine, sanfte Haut lies auf nichts anderes schließen. Die dunklen Haare flatterten im Wind hin und her. Akira hob sie in seine Arme und seine Begleiter hielten nach Soldaten Ausschau. Doch niemand schien sie zu vermissen, sodass sie ohne weitere Probleme das Lager wieder in Richtung Palast verlassen konnten.
Der Kaiser grinste spöttisch, als er sich das Kind ansah. Jetzt hatte er etwas in der Hand gegen diesen Mistkerl.
„Sende einen Boten mit einem Ultimatum aus. Entweder er verlässt unser Land auf der Stelle und gibt seine Macht wieder an alle Länder zurück oder seine Tochter wird erleben, was es heißt, sich mit mir anzulegen!“ Akira wusste, wie grausam sein Vater sein konnte. Er selbst war auch nicht ohne, aber er würde sich niemals an einem hilflosen Kind vergreifen. Selbst für ihn war das eine Spur zu heftig und sie tat ihm leid.
Nachdem der Bote die Botschaft überbracht hatte, war schnell klar, dass der westliche Herrscher sich beugen würde. Er liebte dieses Kind über alles, auch wenn es nicht sein eigenes war. Er hatte sie, nachdem er seinen eigenen Bruder töten ließ, als sein eigenes aufgezogen, da seine Frau keine Kinder bekommen konnte. Also beschloss er, sich seinem Schicksal zu fügen und all seine Macht, die er die ganzen Jahre über erlangt hatte, wieder abzugeben, um das Leben dieses Kindes zu retten. Danach würde er zurückkehren, um seine Tochter wieder mit sich nach Hause zu nehmen.
Kaiser Sato jedoch hielt sich nicht an Abmachungen und das Kind wurde ihm schnell lästig. Zwei Wochen, nachdem er sie als Druckmittel benutzt hatte, ließ er sie ein letztes Mal in den Palast führen.
Zitternd stand das junge Mädchen, das Akira nicht älter als fünfzehn geschätzt hatte, von zwei Soldaten gehalten vor dem Kaiser. Akira sah die Kleine mit Trauer in den Augen an. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich und doch würde es an diesem Tag enden.
Triumphierend hob Sato sein Schwert und sah dem Mädchen grinsend ins Gesicht.
„Bitte!“, flehte die Kleine. „Bitte, ich habe euch doch nichts getan und mein Vater hat das Ultimatum mit Sicherheit schon erfüllt. Also bitte, ich flehe euch an!“ Tränen traten in ihre Augen, doch Sato interessierte das nicht. Die Wachen drückten sie weiter nach unten, damit der Kaiser frei zuschlagen konnte. Akira konnte nicht hinsehen und hörte nur noch, wie das Schwert nach unten schoss und schließlich auf den Boden schlug. Das Wimmern des Mädchens war vorbei. Kaiser Sato lachte lauthals und befahl den zwei Soldaten, die Maja gehalten hatten, den Dreck wegzuräumen.
Doch plötzlich geschah etwas Merkwürdiges. Ein grelles Licht erschien aus dem leblosen Körper des Mädchens und Akira sah wieder hin. Ein Geist, eine Seele oder etwas ähnliches, entfloh aus dem Körper und verweilte vor Kaiser Sato. Doch das Merkwürdigste kam erst noch.
„Du hast mich vielleicht getötet, aber glaube mir, du und deine Nachfahren werden noch lange keine Ruhe finden. Ich werde mich mit meinem Körper wieder vereinigen und dann wird die Rache mein sein. Und die wird schlimmer als alles, was du bis jetzt in deinem armseligen Leben erlebt hast. Die Welt, wie ihr sie kennt, wird nur noch ein Häufchen Asche sein. Das schwöre ich dir, deinen Anhängern und deinen Nachfahren! Diese weiße Rose, wird solange blühen, bis ich meine Bestimmung erfüllt habe, als Warnung für euch und als Hoffnung für mich!“ Gab die Gestalt von sich und warf dem Kaiser eine weiße Rose vor die Füße, bevor sie wieder verschwand.
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