Penny schaute ihn verwundert an: “Da bin ich jetzt aber überrascht! Woher weißt du?“ „Na ja, ich habe wahrscheinlich schon öfter mal gesehen, dass das dein Drink ist. Ich nehme an, ein Gruß an die Heimat!?“
Nach dem zweiten Whisky Sour und dem zweiten Gin Tonic – es war fast schon halb Zwei – bemerkte er, dass sie ihre schönen, großen Augen nicht mehr so ganz unter Kontrolle hatte. „Penny, ich glaube, ich bring dich jetzt nach Hause!“ „Good idea, my friend!“
Sie fuhr sich – sehr erotisch – mit der Zunge über die Lippen. Vom Lokal bis zur Wohnung von Miss Penelope waren es keine dreihundert Meter. „Ich wohne in der…“ Peter unterbrach sie: „Ich weiß, wo du wohnst, Penny!“ Wieso weißt du das?“, nuschelte sie. „Dass das in unserer Firma jeder, aber auch jeder Mann weiß, kannst du mir aber glauben!“
Vor ihrer Haustür angelangt, nahm sie seine Hand und sagte: “Komm, es gibt noch einen Kaffee!“ Sie hatte ein schönes Appartement – etwas crazy vielleicht – aber es roch gut! Es duftete nach Penny. Als er sie in seine Arme nahm und begann, sie leidenschaftlich zu küssen, machte sie bereitwillig mit. Ihre Zungen spielten miteinander. Irgendwann landeten sie in ihrem Queen Size Bett – und die Sache nahm ihren Lauf. Peter war im 7. Himmel! Erst als der Morgen schon graute, schliefen beide ein.
Gegen 11:00 Uhr drang frischer Kaffeeduft in seine Nase. Peter schlug die Augen auf und erblickte erfreut seine Miss Penny, die immer noch nichts an hatte. „ Eloise “ klang aus dem Radio. „Peter, versprich mir, dass du in unserer Firma niemandem erzählst, dass wir heute Nacht miteinander geschlafen haben. Wenn du das nicht für dich behältst, kannst du davon ausgehen, im schlimmsten Fall sogar gefeuert zu werden. Bist du dir darüber im Klaren?“ „Ja, klar, ist doch kein Thema“, besänftigte er sie sofort. Natürlich wusste er, dass sie maßlos übertrieb und diese „Rücksicht“ ganz andere Gründe hatte.
„Und jetzt, mein Lieber, musst du gehen – o.k.?“ „Kann ich schnell noch duschen?“ „Ja natürlich, Junior!“ Als er aus dem Bad kam, brannte ihm doch noch eine Frage auf der Seele: „Bin ich eigentlich zu jung für dich?“ „Gerade richtig, Pit. Aber nun sei mir nicht böse, denn ich fliege heute um 16:00 Uhr von Stuttgart nach London und muss noch packen.“ „Merry Christmas, my puppet und Happy Landing.” „Happy Xmas, my love! Ich freue mich schon auf den 7. Januar und vergiss nicht – immer schön cool bleiben!“
Als er auf dem Bürgersteig stand und zum ersten Stock hinauf blickte, winkte sie ihm – von einer Gardine umhüllt – nach. W O W!!! – nun konnte Weihnachten kommen!
Am 23. Dezember 1972 bekam Peter einen Anruf von Klaus-Peter Rosorius, Generalsekretär der FV Europa und Motorsport Chef von VW. “Peter, ich bin über die Weihnachtsfeiertage in Oberlech am Arlberg. Hast du Zeit und Lust, dich am 29. Dezember, gegen 11:00 Uhr, mit mir im Hotel Montana zum Mittagessen zu treffen?“ „Ja, sehr gern, Herr Rosorius!“ „Mich verwundert, dass du gar nicht wissen willst, warum wir uns treffen?“ „Warum wir uns treffen, ist für mich nicht wichtig, dass wir uns treffen, ist entscheidend.“ „Schöne Weihnachten, Peter!“ „Gleichfalls, Herr Rosorius und vielen Dank für den Anruf. Ich werde pünktlich sein.“
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Der 29. war ein Freitag. Bereits um 7: 30 Uhr machte sich Peter auf in Richtung Lindau. Es herrschte dicker Verkehr. Viele Silvesterurlauber waren schon unterwegs. Durch den Pfändertunnel erreichte er Vorarlberg und fuhr dann – an Bludenz vorbei – weiter ins Oberland nach Lech und Zürs. In der Nacht zuvor war Schnee gefallen, der noch in einer dicken Schicht auf dem Alpenpass lag. Doch Peter bereiteten die Straßenverhältnisse keine Schwierigkeiten. Der Audi 80 hatte Frontantrieb und Winterreifen mit tiefem Profil waren auch aufgezogen. Eine halbe Stunde vor dem vereinbarten Termin erreichte er den Parkplatz in Lech, von dem aus es mit der Seilbahn nach Oberlech hinauf ging.
„Sie suchen das Montana? Jo schauns, da nunter, glei links am Hang!“ Der Liftführer zeigte ihm den Weg. Peters Schuhe waren eher suboptimal für glatte Wege, aber eigentlich hatte er ja auch nicht vor gehabt zu wandern…
„Peter Eichner, Grüß Gott! Schön, dass du gekommen bist.“ Klaus-Peter Rosorius hatte ihn bereits vor dem Hauptportal erwartet. Ein Grand Seigneur erster Sorte: sportlich, schlank, sehr gepflegt und offensichtlich darauf bedacht, stets „eine gute Figur“ zu machen.
Peter hatte ihn im Juli 72 auf der Nordschleife am Nürburgring kennengelernt. Die Scuderia Hanseat, eine Rennfahrerschule aus Hamburg, war dort mit professionellen Instruktoren anwesend, um jungen, ausgewählten Piloten, die noch keinerlei Kenntnisse „in der grünen Hölle“ vorweisen konnten, mit den Geheimnissen der knapp 23 km langen Rennstrecke – bergauf, bergab – vertraut zu machen und ihnen diese Legende eines Kurses näher zu bringen.
Nach drei Tagen gab es eine Abschlussprüfung, die Peter augenscheinlich mit Bravour ablegte, weil er alles berücksichtigte, was er zuvor gelernt hatte. Bei der abendlichen Siegerehrung kommentierte eine Legende des Motorsports – Hans Joachim Stuck Senior – diese Leistung besonders und benotete seine Durchfahrt im Karussell mit einer „1“, also „Weltklasse“! Peter war mächtig stolz!
Mehr als erstaunt war er, als am Abend am Formel VAU-Tisch plötzlich Elke Sommer auftauchte. Die deutsche Schauspielerin, die gerade begann, in Hollywood Karriere zu machen, benötigte für einige Szenen in ihrer nächsten Rolle Unterstützung beim extremen Autofahren. Diese holte sie sich – begleitet von einigen anderen Promis – bei jenem Event auf dem Nürburgring. Während des Tages hatte man scheinbar schon viel Spaß auf der Rennstrecke gehabt und den Erfolg bereits mit ausreichend Champagner begossen. Jedenfalls versprühten alle eine Menge guter Laune, die sofort auf die Rennkollegen übersprang. Überschwänglich baten sie Elke, doch bei ihnen am Tisch Platz zu nehmen. Das war leichter gesagt als getan – denn es gab keinen Stuhl mehr! Als Peter gerade aufstehen wollte, um ihr einen zu besorgen, schob sie ihn mit einem Lachen auf seinen Stuhl zurück: “Bleib‘ sitzen, Rennfahrer!“ – und schon saß sie auf seinem Schoss.
Dann bewunderte sie den Pokal, der mitten auf dem Tisch stand. „Ein schöner Humpen ist das! Kann man daraus auch trinken?“ Während alle am Tisch johlten, füllte ihn jemand spontan mit Sekt. Dann wurde er rundum gereicht und jeder nahm einen kräftigen Schluck. Die Stimmung war sensationell! Nach einer Viertelstunde verabschiedete sich Elke Sommer mit den Worten: „Seht ihr – immer nur die Sieger werden geküsst! So geht’s im Leben! Nie vergessen, meine Herren!“ Und schon bekam Peter von ihr einen dicken Kuss auf den Mund gedrückt. Er erinnerte sich, dass er sich mindestens drei Tage danach nicht das Gesicht gewaschen hatte.
***
Klaus-Peter Rosorius führte Peter ins Hotelrestaurant, in dem er in einer ruhigen Ecke einen Tisch reserviert hatte. Dort saß bereits ein einzelner Herr. “Ich darf dir Herrn Reinhard Rohde vorstellen, der sich im nächsten Jahr ganz speziell um die FV1300 – also um den Nachwuchs – kümmern wird.“ „Freue mich, sie kennenzulernen, Herr Rohde!“ Schon nach wenigen Minuten spürte Peter, dass die Chemie unter den Männern absolut stimmte. Es gab viel zu erzählen und besonders die beiden Älteren wirkten ziemlich entspannt. Peter hingegen, fühlte eher das Gegenteil. In Wahrheit war er unendlich angespannt! Aber irgendetwas in ihm warnte ihn ständig: Nicht fragen! Auf keinen Fall! Die werden schon die Katze irgendwann aus dem Sack lassen. Und so kam es dann auch.
Schließlich machte Rosorius den Sack auf: „Peter, du hast ja in deiner ersten Saison ziemlich viel Pech gehabt. Auf der anderen Seite hast du bewiesen, dass du, wenn dich das Pech nicht gerade davon abhielt, sehr gute Ergebnisse bringen kannst. Kurz und gut, deshalb wollen wir dich in der nächsten Saison unterstützen! Du bekommst ein Auto durch die VW Motorsport gestellt, das nach deinen Massen gebaut wird.“ Rohde ergänzte: „Außerdem sponsern wir dich mit Reifen, Ersatzteilen, Öl, Benzin und bei den Transporten des Rennautos sowie den Nenngebühren. Lediglich für deine privaten Kosten, wie Übernachtung, Verpflegung und zum Beispiel die Fährkosten zu den Rennen in Skandinavien, musst du selbst aufkommen. Damit du aber nicht zu übermütig wirst, musst du dich auch an Totalschäden mit 50% beteiligen.“
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