Fritsch verstand sein Handwerk und hatte selbst in Kreisen der Polizei ein hohes Ansehen. Für Lange war das neu. In München empfand die Polizei die Presse eher als Gegner, der meist unfair berichtete und mit fehlerhaften Berichten nicht selten den Fahndungserfolg gefährdete. Speziell seine Kollegen Adam und Grundner hatten Lange geraten, Fritsch als Partner, nicht als Feind zu betrachten.
Was störte dieses Bild? „Fritsch ist halt ein unverbesserlicher Romantiker“, hatte Adam schulterzuckend gemeint. Auffallend war, dass ein Mann in der Position von Fritsch, der auf Augenhöhe mit allen Honoratioren des Ortes verkehrte, keine Familie hatte, keine Ehefrau und keine Kinder und als fast Vierzigjähriger allein mit seinem Hund in einem kleinen Haus lebte. Lange hatte nicht einfach nur aus Neugier beim Klassentreffen recht direkt nach Clarissa und Bibi gefragt. Da war schon deutlich geworden, dass Fritsch Privatleben längst nicht so erfolgreich und glücklich verlaufen war wie sein Arbeitsleben. Aber rechtfertigte das polizeiliches Misstrauen?
Auch bei drei Punkten, nach denen Lange gar nicht gefragt hatte, sah er etwas klarer. Wenn zwei Männer sich am Sonntagmorgen um 8 Uhr an einem einsamen Ort trafen bzw. treffen wollten, gab das Anlass zu Spekulationen. Die beiden konnten eine geheime homosexuelle Partnerschaft führen. Diese These konnte in diesem Fall ausgeschlossen werden. Nächste These: Der eine erpresste den anderen! Dass eine Erpressung mit 20-jähriger Verzögerung begann, klang verrückt. Und da Fritsch Schneider gefunden hatte, konnte nur Fritsch der Erpresser sein. Warum sollte gerade er dann sein potentielles Opfer töten? Aber all das war so unwahrscheinlich, dass Lange das Thema auf der 1. SOKO-Sitzung nicht mal angesprochen hatte.
Blieb eine dritte Möglichkeit: Zwei Männer wollten bei einem geheimen Treffen etwas aushecken – also sich beispielsweise bei dem anstehenden Klassentreffen an einem ehemaligen Mitschüler oder einer Mitschülerin rächen. So, wie die Fakten bislang aussahen, wäre dann Schneider die treibende Kraft gewesen, der von Fritsch wissen wollte, ob er bei der Sache mitmachen würde. Und das potentielle Opfer hatte den Braten gerochen und war Schneider zuvorgekommen. Diese Möglichkeit, die durchaus plausibel klang, wollte Lange im Hinterkopf behalten.
Ziemlich sicher war er sich, dass Fritsch wirklich nicht gewusst hatte, warum Schneider ihn treffen wollte. Und das war aus Sicht von Lange sehr schade. Es war bestimmt kein Zufall, dass Schneider ausgerechnet Fritsch gewählt hatte. Wenn sie herausfinden könnten, welche Motive Schneider dafür hatte, wären sie ein gutes Stück weiter in ihren Ermittlungen, davon war Lange überzeugt.
NEUN
Als Fritsch das Polizeirevier verließ, was es fast 21 Uhr. Nach dem heftigen Regen am Morgen war das Wetter im Laufe des Tages umgeschlagen. Fritsch genoss die warme Abendsonne, trank in einem Straßencafé, wo überwiegend junge Leute verkehrten, die ihn nicht weiter beachteten, noch ein Bier und machte sich dann auf den Heimweg. Daheim begrüßte ihn sein Hund, der Mischling Blink, schwanzwedelnd und voller Vorfreude auf den Abendspaziergang. Einer seiner Journalistik-Professoren hatte mal gesagt: „Ein guter Journalist sollte immer zwischen allen Stühlen sitzen. Und wenn er einen Freund braucht, dann sollte er sich einen Hund kaufen.“
Dieser Satz ging Fritsch immer mal wieder durch den Kopf. Er hatte schon als Junge einen Hund gehabt. Aber vermutlich hatte er sich Blink nach seiner Rückkehr nach Gondorf auch deshalb zugelegt, weil es einfach schön war, freudig begrüßt zu werden, wenn man heimkam. Fritsch ging noch schnell die Post durch, checkte seine E-Mails und machte sich auf den Weg, als es gerade dunkel wurde.
Sie drehten ihre übliche Runde durch den menschenleeren Stadtpark. Beim Rückweg kam ihnen eine Person in einem Trenchcoat entgegen. Ungewöhnlicher Aufzug für eine Sommernacht, dachte sich Fritsch. Erst im Licht der Laterne erkannte er Gerti, eine ehemalige Klassenkameradin, die schnurstracks auf ihn zuging, leise „Hallo Fidschi“ flüsterte, ganz nahe kam und ihn küsste. Fritsch atmete das verführerische Parfüm ein, hauchte „Hi Gerti“, drückte sie fest an sich und gab ihr einen Kuss, der in ein heftiges Zungenspiel überging, das erst unterbrochen wurde, als Blink sein Schnüffeln am Laternenpfahl beendet hatte und weiter drängte.
„Ich hab' Dir aufgelauert“, sagte Gerti. „Als ich nach der Arbeit nach Hause gekommen bin, bin ich nicht zur Ruhe gekommen. In der ganzen Stadt haben sie darüber gesprochen, dass Du im verfluchten Hinkofen ein brennendes Auto und einen Toten gefunden hast. Ich hab' Dich mehrmals angerufen, aber Dein Handy war ausgeschaltet.“
„Warum hast Du keine Nachricht hinterlassen?“
„Weil ich gar nicht wusste, was sich sagen sollte. Ich glaube, ich wollte einfach mit Dir zusammen sein“
Als Blink wieder zum Schnüffeln stehenblieb, flüsterte sie Fritsch ins Ohr. „Und ich wollte Dir was zeigen.“ Gerti stellte sich ganz nah vor ihn hin und öffnete langsam ihren Trenchcoat. Darunter war sie nackt. Fritsch starrte auf die kleinen, festen Brüste, deren Nippel kokett abstanden, auf das dunkle Dreieck zwischen Gertis Beinen. Er war völlig perplex. Gerti ließ die eine Hälfte des Trenchcoats los, schmiegte sich an Fritsch und fing an, ihn mit ihrer freien Hand zwischen seinen Beinen zu streicheln. Als seine Erektion deutlich spürbar wurde, sagte Gerti leise: „Gefällt Dir, was Du siehst? Soll ich ihn herausholen?“ „Du bist verrückt“, murmelte Fritsch, kaum fähig, einen ganzen Satz zu sagen.
In dem Moment drängte der Hund weiter. Gerti schloss ihren Trenchcoat wieder und hakte sich ein.
„Komm, gehen wir zu mir“, sagte Fritsch, griff mit einer Hand von hinten unter den Trenchcoat und tätschelte Gertis nackten Po. Seine alte Bekannte war keine Schönheit, hatte eher ein Allerweltsgesicht, aber ihre kleinen Brüste und ihr Hintern waren immer noch knackig. Gerti ging, so hatte sie einmal nach einer heißen Nummer erzählt, regelmäßig ins Fitnessstudio, und im Bett kannte sie keine Hemmungen.
Unterm Gehen versuchte Fritsch, ihr einen Finger in den Po zu stecken, was Gerti knallhart so kommentierte: „Nimm lieber das andere Loch.“ Jede Schnüffel- und Pinkelpause des Hundes nutzen Fritsch und Gerti für heiße Zungenküsse, wobei Fritsch gleichzeitig Gertis Scheide mit zwei Fingern bearbeitete. Dass sie so unglaublich feucht zwischen den Beinen war und heftig stöhnte, machte Fritsch unheimlich an.
Gerti war heiß. Noch während Fritsch die Wohnungstür aufschloss, zog sie seinen Reißverschluss runter und holte seinen Penis hervor. Mit festem Griff zog sie Fritsch ins Schlafzimmer, wo wie ihren Trenchcoat abschüttelte, sich vor ihm hinkniete und ihn oral befriedigte. Dabei schaute sie hoch zu Fritsch. Dem war schon klar, dass sie mit ihrem unterwürfigen Blick und den Fertigkeiten ihrer Zunge viele Männer zum Wahnsinn trieb. Aber das war völlig egal. Er wollte sie haben jetzt.
„Aufs Bett mit Dir“, murmelte er, riss sich, so schnell es ging, die Kleider vom Leib, holte aus dem Nachtkästchen ein Kondom, das er Gerti gab, damit sie es im überstülpte und dann fickte er Gerti ohne weiteres Vorspiel in der Missionarsstellung durch. Fritsch hatte viel zu lange keinen Sex mehr gehabt und war viel zu erregt, um lange durchzuhalten. Aber wenn ihm Gerti nichts vorspielte, dann kamen sie gleichzeitig zum Höhepunkt. Vermutlich war Gerti, seit sie praktisch nackt durch die Stadt gefahren war, unter Hochspannung gestanden. Deshalb reichten einige Stöße, damit sie kam.
Hinterher lagen beide nackt und eng umschlungen im Bett. Erst küssten sie sich noch minutenlang, dann holte Fritsch zwei Gläser Wein und brachte einen Aschenbecher.
Beim Rauchen erzählte er, was er an diesem Tag alles erlebt hatte. Er machte sich keine großen Gedanken, was er Gerti erzählen durfte und was nicht. Schließlich wusste er selbst kaum etwas. Wer der Tote wirklich war? Was er in Hinkofen gewollt hatte? Ob er dort ermordet worden war? All das wusste Fritsch ja selbst nicht. Und irgendwie wäre es im komisch vorgekommen, einer Frau, die er gerade geliebt hatte, groß etwas zu verheimlichen.
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