Das Schicksal aber hatte ganz offensichtlich anders entschieden.
Und wenn er ehrlich war, dann musste Mavis zugeben, das Phase vier doch im Grunde nichts Anderes war, als Phase drei unter Gefechtsbedingungen. Warum sie also nicht einfach miteinander verbinden und damit Zeit sparen?
Hatten sie denn auch überhaupt noch eine andere Wahl, als direkt ins eiskalte Wasser zu springen?
„Vilo?“ rief er in sein Mikrofon.
„Keine Zeit, hab Scheiße am Hacken!“ kam als Antwort zurück.
„Sehe ich!“ bestätigte Tibak und feuerte eine Salve auf Vilos Verfolger ab, die zumindest eine Bestie zu Boden streckte und den Rest kurz aufhielt.
„Danke!“ Vilo atmete einmal durch.
„Zwei Möglichkeiten!“ rief Mavis. „Aufgeben...oder kämpfen?“
„Ich laufe nicht weg!“ erwiderte Buras und steuerte auf eine Gruppe von Bestien zu, die er mit einigen, pfeilschnellen Richtungsänderungen quasi um kurvt hatte.
„Ich auch nicht!“ stimmte Dek mit ein und gab eine Salve ab.
„Ich bin dabei!“ bestätigte Florak, während er mit schmerzverzerrtem Gesicht einer Gruppe Bestien ausweichen musste, die urplötzlich von rechts auf ihn zustürmte.
„Das war nicht geplant!“ meinte Vilo und gab Florak Feuerunterstützung.
„Das ist Schicksal, so was kann man nicht planen!“ erwiderte Tibak, während er einige Bestien aufs Korn nahm.
„Stimmt auch wieder!“ meinte Vilo.
„Dann sind wir uns einig!“ hob Mavis an. „Wir gehen gleich über zu Phase vier!“
Doch kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als urplötzlich die Bonitira und die Wanuma über sie hinwegdonnerten und er deutlich Mündungsfeuer aus ihren Bordwaffen erkennen konnte. Innerhalb von Sekundenbruchteilen gingen drei Monster zu Boden und einige, andere sprangen zur Seite.
„Cosco, nein!“ brüllte Mavis.
„Aber sie brauchen Hilfe. Sie werden das niemals allein schaffen!“ erwiderte der Captain voller Sorge, während er sein Schiff in eine enge Kurve zwang.
„Wer zum Teufel sagt das?“ raunte Mavis.
„Aber, ich...!“
„Wir werden es nie mit Sicherheit wissen, wenn wir es nicht austesten!“ erklärte Mavis. „Und entweder, wir überleben das hier und die Welt hat eine echte, neue Hoffnung oder es bleibt alles beim Alten und wir werden sterben!“
„Und sie verlangen ernsthaft von mir, dass ich ihnen dabei zuschauen soll?“
„Ja...!“ Mavis Worte kamen klar und deutlich. „Ich befehle ihnen, sich hier rauszuhalten! Wenn es schiefgehen sollte, brauchen wir Jemanden, der den anderen davon berichtet!“
Coscos Antwort kam nicht sofort, sondern erst nach ein paar Sekunden. „Aye, Commander!“ Seine Worte klangen gepresst. „Ich will verflucht sein, aber ich werde es tun!“
„Danke!“ meinte Mavis aufrichtig. „Aber sie werden sehen, wir packen das!“
Und wirklich schienen Mavis und seine Männer seinen starken Worten Taten folgen zu lassen. Unter Ausnutzung aller Möglichkeiten, die ihnen die Boritas boten, stemmten sie sich der feindlichen Übermacht entgegen. Es entbrannte ein irrwitziger Kampf innerhalb des Geröllfeldes, der trotz der beengten Verhältnisse ein irrsinniges Tempo innehatte und ständig durch abrupte Richtungsänderungen geprägt war.
Wenn möglich, versuchten die Männer ihre Boritas von den Bestien fern zu halten, doch gelang ihnen das nicht immer, denn die Monster waren schlau, unglaublich stark und kannten weder Furcht noch Gnade.
Captain Tibak erwischte es als ersten, als er so sehr auf eine kleine Gruppe von Monstern konzentriert war, dass er die anderen Bestien von der linken Seite nicht kommen sah. Mit widerlichem Quieken schwappten die acht Kreaturen über seine Kugel hinweg und rissen sie trotz der hohen Geschwindigkeit sofort aus der Bahn. Mit ihren rasiermesserscharfen Krallen hieben sie auf das Drahtgeflecht, konnten es jedoch nicht zerstören oder auch nur teilweise durchdringen. Dennoch gelang es ihnen in dem engmaschigen Geflecht mit den äußersten Spitzen ihrer Krallen Halt zu finden, sodass sie an dem Boritas hingen, wie Spinnen an einem Kokon.
Tibak hatte kaum eine Chance, sich zu wehren. Der Hauptantrieb funktionierte nicht, weil sich die Kugel nicht mehr am Boden befand, die seitlichen Laufwerke hatten nur sporadisch Kontakt, was ein abgehacktes Fortkommen zur Folge hatte. Anfangs zeigten auch die Kanonen kaum Wirkung, da die Sensoren immer wieder dafür sorgten, dass sie in den Schutz der Hülle zurückgerissen wurden.
Dann aber fand eines der Projektile doch sein Ziel und als der Sprengsatz detonierte, wurde der Boritas samt seiner Anhängsel in die Luft geschleudert. Dabei verloren einige der Monster ihren Halt und als die Kugel wieder zu Boden krachte, reagierte Tibak blitzschnell und konnte mittels des Hauptantriebs flüchten. Im ersten Moment erfreut darüber, spürte er sehr schnell schon eine ziemlich deutliche Unwucht und musste knallhart erkennen, dass die Bestien in den vielleicht zwanzig Sekunden, in denen er in ihrer Mitte war, der Kugel mehr zugesetzt hatten, als er befürchten konnte. Zwar waren alle Kanonen noch intakt, doch konnte er jetzt nicht mehr gefahrlos auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigen.
Mavis donnerte eine kleine Anhöhe hinauf, schwenkte herum und verschaffte sich so für eine kurze Sekunde lang einen schnellen Überblick über das Geschehen. Alle Boritas waren in Kämpfe verwickelt, auch hinter ihm waren mehrere Monster her. Dabei schätzte er die Zahl der Bestien noch auf etwa sechzig. Immerhin ein gutes Drittel hatten sie damit schon eliminieren können. Zum Sterben aber waren es noch immer mehr als genug Gegner.
Eigentlich hatte er vorgehabt, wieder auf das Geröllfeld zu rasen, doch da sah er schon ein halbes Dutzend Kreaturen den Hügel hinaufpreschen. Hinter ihm waren nach wie vor Bestien, die sich schnell näherten.
Mavis traf einen schnellen Entschluss, beschleunigte seine Kugel auf das Äußerste, erklomm die Hügelspitze, donnerte ein paar Meter auf ihr entlang, bis er auf eine Verwerfung traf, die fast wie eine Schanze schräg in die Höhe ragte und dabei einem sanften Knick in Richtung Geröllfeld machte. Ohne zu zögern jagte er sie hinauf und über sie hinweg. Dabei drehte er den Boritas im allerletzten Moment in Richtung der heranstürmenden Monster. Dann drückte er die Auslöser für alle drei Kanonen.
Während er so in einem hohen Bogen durch die Luft flog, spuckten die Waffen ihre todbringenden Geschosse aus, die dieses Mal zu einem großen Teil ihr Ziel fanden. Quasi im Sekundentakt zuckten Monster zusammen, weil sie getroffen und aus dem Lauf gerissen wurden, nur um einen Wimpernschlag später durch die detonierenden Sprengzünder vollkommen zerfetzt zu werden. Eine ekelhafte Wolke aus Blut, Fleisch und Knochen entstand, die sich wuchtig verteilte und auch Mavis noch erwischte.
Doch das war ihm fast schon egal, denn er konnte erkennen, dass es ihm mit seiner schnellen Aktion gelungen war, wahnsinnige sieben Bestien auf einen Schlag zu töten.
Zeit zur offenen Freude blieb ihm jedoch nicht, denn der Aufprall des Boritas in dem Geröllfeld war hammerhart. Mavis hatte alle Hände voll zu tun, wieder die Kontrolle über seine Kugel zu erlangen. Als ihm das endlich gelungen war, sah er schon wieder neue Gegner auf sich zukommen, die irgendwo noch wütender zu sein schienen, als zuvor.
Florak steckte in echten Schwierigkeiten, denn auf seiner Flucht war er quasi einmal falsch abgebogen und saß jetzt am Rande des Geröllfeldes in einer Sackgasse, umgeben von hohen Gesteinsbrocken und einer Verwerfung im Rücken, in der Falle, während sich ihm gut ein Dutzend Bestien näherten.
Als Dek das sah, war ihm sofort klar, dass er seinem Freund helfen musste. Doch mitten hinein in dieses Vorhaben, wurde sein Boritas von einigen, anderen Monstern aus der Bahn gerissen und er musste sich um sich selbst kümmern. Dabei konnte er dennoch erkennen, mit welch tödlicher Energie die Insekten vorgingen, denn zwei von ihnen standen auf der Verwerfung hinter Florak und warfen sich mit ihrer ganzen Kraft gegen einen mächtig großen Gesteinsbrocken, der dort am Rand lag. „Um Himmels Willen, Florak!“ rief Dek entsetzt, denn er ahnte, was gleich geschehen würde. „Mach, dass du da rauskommst!“
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