„Was, ihr habt nichts gesehen?“ fragte der Physiker verwundert. „Nein, wir mussten uns beeilen, um das letzte Licht auszunutzen. Die Entfernung war ziemlich groß, mindestens achthundert Meter, vielleicht noch mehr, aber wir haben zwei Filme gedreht — mit dem Teleobjektiv.
Wie spät ist es? Noch nicht zwölf. Wir können sie gleich entwickeln.“
„Gib sie dem Schwarzen“, sagte der Koordinator. „Wisst ihr, der zweite Automat. Doktor, Henrik, ich sehe, es hat euch sehr mitgenommen. Stimmt, wir stecken verdammt tief in alldem drin, aber.…“
„Müssen Kontakte zwischen hochentwickelten Zivilisationen immer so enden?“ sagte der Doktor. „Ich hätte gern einmal eine Antwort auf diese Frage…“
Der Koordinator schüttelte den Kopf, stand auf und nahm die Flasche vom Tisch. „Wir bewahren sie für eine andere Gelegenheit auf.“
Der Ingenieur und der Physiker gingen hinaus, um sich den Beschützer anzusehen, der Chemiker wollte beim Entwickeln des Films auf alle Fälle dabeisein. Als sie allein geblieben waren, faßte der Koordinator den Doktor am Arm, trat mit ihm an die schiefstehenden Bücherregale heran und sagte leise: „Hör zu, ist es nicht möglich, dass ihr diese panische Flucht durch euer unerwartetes Erscheinen verursacht habt und dass man nur euch, nicht aber die Flüchtenden anzugreifen versuchte?“ Der Doktor sah ihn erstaunt an. „Das ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen.“ Er schwieg eine Weile nachdenklich. „Ich weiß es nicht“, sagte er schließlich. „Wohl kaum… Höchstens, dass es ein mißlungener Angriff war, der sich gleich gegen einige von ihnen selbst kehrte… Natürlich“, fügte er hinzu und richtete sich auf, „man kann das alles völlig anders auslegen. Ja, jetzt sehe ich es deutlich.
Sagen wir: Wir sind auf ein bewachtes Gebiet gestoßen.
Angenommen, die Flüchtenden waren eine Pilgergruppe, was weiß ich. Der Posten, der diesen Ort bewachte, führte die Waffe — jene bewusste Leitung — in dem Augenblick an die Denkmäler heran, als der Beschützer hielt. Ja, aber die erste Gaswelle hat zuerst jene erfaßt und nicht uns… Gut, nehmenwir an, dass das von ihrem Standpunkt ein Unglücksfall war. Dann ja, dann mag es so gewesen sein.“
„Ausschließen kannst du es also nicht?“
„Nein, das kann ich nicht. Und weißt du, je länger ich darüber nachdenke, um so mehr scheint mir auch diese Auslegung berechtigt zu sein. Es wäre ja möglich, dass sie mehrere Wachen in der Umgebung aufgestellt haben, als sich die Nachricht von uns verbreitete. Als wir in dem Tal waren, wussten sie noch nichts, und deshalb trafen wir dort keine Bewaffneten an … An jenem Abend erschienen die wirbelnden Scheiben zum erstenmal bei der Rakete.“
„Unser Pech ist, dass wir bis jetzt auf keinerlei Spuren ihres Informationsnetzes gestoßen sind“, rief der Kybernetiker von hinten aus der Kajüte. „Telegraf, Radio, Schrift, Dokumente, Dinge dieser Art… Jede Zivilisation schafft solche technischen Mittel und fixiert mit ihrer Hilfe ihre Geschichte und ihre Erfahrung. Diese sicherlich auch. Ja, wenn wir in die Stadt gelangen könnten!“
„Mit dem Beschützer gewiß“, antwortete der Koordinator. „Aber dann gäbe es eine Schlacht, deren Verlauf und deren Ergebnisse wir nicht absehen können. Darüber bist du dir wohl im klaren.“
„Wenn wir mit einem ihrer vernunftbegabten Fachleute, mit einem Techniker aus ihren Reihen zusammenkommen könnten.“
„Wie sollten wir das bewerkstelligen? Uns auf die Jagd begeben?“ fragte der Doktor.
„Wenn ich nur wüßte, wie! Es mutet alles so einfach an: Man erscheint mit einem ganzen Armvoll Interkommunikatoren und übersetzenden Elektronenhirnen auf dem Planeten, zeichnet die Dreiecke des Pythagoras in den Sand, tauscht Geschenke aus.“
„Bitte, laß das Märchenerzählen, ja!“ Der Ingenieur stand auf der Schwelle. „Kommt, der Film ist entwickelt.“ Sie beschlossen, ihn gleich im Labor vorzuführen. Als sie es betraten, befand sich der Film gerade zum Trocknen in der Trommel.
Der Koordinator setzte sich hinter den Apparat, um ihn jeden Augenblick anhalten oder notfalls auch zurückdrehen zu können. Alle nahmen Platz, der Automat löschte das Licht. Die ersten Meter waren völlig schwarz. Einigemal flimmerten Fragmente des Sees auf, dann zeigte sich sein Ufer. Es war befestigt. An einigen Stellen fielen lange Schrägen zum Wasser hinab, über denen sich breitbeinige, mit durchsichtigen Bändern verbundene Türme erhoben. Das Bild wurde ein paar Sekunden lang unscharf. Als wieder Einzelheiten zu erkennen waren, sahen sie, dass jeder Turm an der Spitze zwei fünfschauflige Propeller hatte, die sich in entgegengesetzter Richtung drehten. Sie kreisten sehr langsam, weil die Aufnahme mit überhöhter Geschwindigkeit gedreht worden war. Auf den zum See hin abfallenden Schrägen bewegten sich Gegenstände, die anscheinend im See versenkt wurden. Man konnte ihre Umrisse nicht erkennen. Außerdem spielte sich alles unerhört langsam ab. Der Koordinator spulte ein Dutzend Meter zurück und ließ den Apparat etwas schneller laufen. Die Gegenstände, die an schmalen, verschwommenen Streifen wie an dicken, zitternden Saiten hinabgelassen wurden, rutschten jetzt rasch hinunter und stürzten ins Wasser. Auf der Oberfläche bildeten sich Kreise. Am Ufer stand, mit dem Rücken zum Beschauer, ein Doppelt. Der obere Teil seines großen Rumpfes trat aus einer faßähnlichen Vorrichtung hervor, über der eine dünne, in einem verwaschenen Fleck endende Peitsche aufragte. Das Ufer verschwand. Jetzt glitten flache, schachtelähnliche Gebilde über die Leinwand, die an durchsichtigen Pfosten angebracht waren.
Darüber standen zahlreiche faßähnliche Gebilde, ähnlich dem, in dem der Doppelt an der Anlegestelle steckte. Alle waren leer, einige bewegten sich träge zu zweit oder zu dritt in der gleichen Richtung, hielten an und fuhren zurück. Das Bild glitt weiter. Blitze zuckten, recht häufig, man sah sie als schwarze Flecke. Der Film war überbelichtet. Obendrein waren die Flecke von trüben Ringen umgeben. Hinter diesen verschwommenen Kreisen schimmerten kleine Gestalten, man sah sie von oben und deshalb verkürzt. Doppelts gingen paarweise in verschiedene Richtungen. Ihre kleinen Torsos waren m etwas Flauschiges gehüllt, nur das Köpfchen ragte daraus hervor. Das Bild war jedoch nicht so deutlich, dass sich die Gesichtszüge erkennen ließen. Nun schwamm eine große Masse über die Bildfläche, sie hob und senkte sich gleichmäßig und floß wie schäumender Sirup zur unteren Ecke der Leinwand ab. Dutzende von Doppelts schritten auf elliptischen Unterlagen darauf herum.Sie schienen in ihren Händchen etwas zu halten, und sie berührten diese Masse, glätteten sie oder schöpften daraus. Von Zeit zu Zeit türmte sie sich zu einem oben zugespitzten Hügel auf. Daraus spritzte etwas, was einem grauen Kelch glich. Das Bild glitt weiter, aber die bewegliche Masse füllte es noch immer aus. Die Einzelheiten traten nun sehr klar hervor. In der Mitte bildete sich eine Anhäufung schlanker Kelche, so als wüchse sie im Zusehen. Vor jedem standen zwei oder drei Doppelts und beugten sich mit ihren Gesichtern darüber. Eine Weile verharrten sie davor, dann zogen sie ihre Gesichter zurück. Das wiederholte sich mehrmals. Der Koordinator spulte das Band zurück und ließ es schneller ablaufen. Jetzt schienen die Doppelts das Innere der Kelche zu küssen. Andere, die sich im Hintergrund aufhielten und die sie zuvor nicht beachtet hatten, standen mit halb eingezogenem kleinem Torso da und schienen das Tun zu beobachten. Das Bild glitt weiter. Man sah jetzt den Rand der Masse, die von einer dunklen Linie eingefaßt war. Dicht daneben fuhren wirbelnde Scheiben vorüber. Sie waren viel kleiner als die, die sie kannten. Ihr Wirbeln war träge und schien sich sprungweise zu vollziehen. Man konnte das Schwingen der durchsichtigen Flügel beobachten.
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