Ingo Schulze - Neue Leben

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Neue Leben: краткое содержание, описание и аннотация

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Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

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Er hörte erst wieder hin, als ihre Mutter rief:»Der eine, Dionysos, schlägt die Frauen mit mania ; der andere, Pentheus, will sie hinter Schloß und Riegel bringen. Das sollten wir mal festhalten!«

«Das sollten wir festhalten!«stimmte Rudolf Böhme zu und sprach von der feinen Unterscheidung, die Teiresias zwischen kratos , der Macht als etwas Äußerlichem, und dynamis , der Kraft und Stärke als Eigenschaft, trifft.

Rudolf Böhme sah beim Sprechen vor sich auf den Tisch. Hob er einmal den Kopf, schloß er die Augen. Erst aus dieser Nähe gewahrte man die vielen Fältchen, die sich wie ein feinmaschiges Netz von den Augenwinkeln her über die Wangen ausbreiteten.

Wie früher, wenn seine Mutter ihm Geschichten erzählt hatte, so sah Titus auch jetzt alles vor sich. Das Schloß des Pentheus glich der Kreuzschule, Pentheus war eine Art Direktor oder Lehrer und Dionysos, das hatte Rudolf Böhme behauptet, ein Hippie, ein Frauenheld, ein Künstler.

«Der Dionysos-Kult«, sagte Rudolf Böhme,»ist keine Sache, die sich einfach mitteilen ließe, man muß den Kult vollziehen, man muß mitmachen und sich an die Regeln halten, wie bei jedem Glauben.«

Titus sah, wie Dionysos in den Kohlenkeller gesperrt wird — da erbebt die Erde, das Schulgebäude stürzt ein, Dionysos aber tritt unversehrt hinaus auf den Schulhof und prahlt damit, Pentheus mit Wahnsinn geschlagen zu haben. In diesem Moment kommt schon Pentheus angerannt — war es Petersen? War es der Direktor? Alles ist so eingetroffen, wie es Dionysos vorausgesagt hat. Doch solches Gerede will Petersen nicht hören. Er läßt das Schultor schließen, als hätte er nicht gerade selbst erlebt, wie nutzlos derartige Befehle sind. Joachim weist ihn darauf hin, aber Petersen hat genug von diesem Schüler, der immer das letzte Wort haben will.»Sofos, sofos sy!«schreit er.»Klug, klug bist du, nur dort nicht, wo du klug sein solltest!«

«Er ist harthörig, wie das mein Opa ausdrücken würde«, sagte Joachim.

«Man versteht Pentheus und versteht ihn auch nicht«, fuhr Rudolf Böhme fort.»Alles, was er bisher gelernt hat, alle seine bisherigen Erfahrungen widersprechen dem, was er da erlebt. Wir können nicht erwarten, daß er so mir nichts, dir nichts die Brille abnimmt, durch die er seit Jahr und Tag die Welt betrachtet. Andererseits ist es erstaunlich, wie blind er für die veränderte Situation ist.«

In dem Moment schlug wieder der Lichtkeil gegen den Tisch. Bernadette kam mit zwei Kompottschälchen herein. Titus erhob sich und ging in die Küche, dem Apfel- und Vanilleduft entgegen, nahm ebenfalls zwei Schälchen und trug sie auf. Bernadette lächelte, ihr Mund bewegte sich, als wollte sie etwas sagen. Noch zweimal liefen sie dicht aneinander vorbei. Als sie wieder am Tisch saßen, sah Bernadette ihn an. Uns reichen Blicke, um die Gedanken des anderen zu kennen, dachte Titus und wartete, bis Bernadette zum Löffel griff und zu essen begann, überbackene Apfelstücke mit Vanillesauce.

«Das schmeckt vorzüglich«, sagte Rudolf Böhme, spitzte die Lippen und schlug mit dem Löffel in die Luft, als klopfte er ein Ei auf. Titus stimmte nicht in das Lob ein, das erschien ihm zu läppisch. Auch Bernadette schwieg. Aber es war eine fröhliche Stille, die sogar die Tragödie in ein helles Licht rückte.

«Wo ist eigentlich Stefan?«fragte Rudolf Böhme, der bereits sein Schälchen auskratzte. Martin schien die Frage nicht gehört zu haben, Titus sah, wie sehr er mit dem Nachtisch beschäftigt war, er mußte lächeln, und dieses Lächeln wollte er Bernadette zeigen, die aber im selben Moment sagte:»Ich geh dann rüber«, und dabei sah sie Titus an, der nun nicht mehr wußte, wohin mit seinem Lächeln. Er schaufelte es zu, er schaufelte die Apfelstückchen in sich hinein wie Erde in ein Grab und sah auch nicht auf, als Bernadette hinausging.

«Ihr Freund wird übermorgen eingezogen«, flüsterte Rudolf Böhme.»Für die beiden ist das ein bißchen wie Weltuntergang.«

Als Titus die Hand von Bernadettes Mutter auf seiner Schulter spürte, hätte er beinah losgeschluchzt. Ohne den Kopf zu wenden, reichte er ihr sein leeres Schälchen, selbst für ein einfaches» Danke «fehlte ihm die Stimme.

Ob sie nicht Lust hätten, jetzt einen tea zu trinken, fragte Bernadettes Mutter und stellte die Metalldose mit Kandiszucker direkt vor Titus hin.

«Ich will es noch schnell zu Ende bringen«, rief Rudolf Böhme,»oder gibt’s Nachschlag?«

Er erzählte von einem Hirten, der die Frauen im Gebirge beobachtet hat. Doch was er berichtet — Szenen voller Harmonie zwischen Mensch und Natur —, ist nicht nach dem Geschmack des Pentheus …

Titus sah diesen Stefan vor sich, kurzgeschoren und mit einem Stahlhelm auf dem Kopf. Titus versuchte sich an den Fahneneid zu erinnern, den ihm Joachim vor Wochen abgeschrieben hatte. Diesen Stefan ließ er den Fahneneid aufsagen, und Bernadette mußte es mit anhören. Ich schwöre, sagte Stefan, der Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen. Ich schwöre, jederzeit bereit zu sein, den Sozialismus gegen alle Feinde zu verteidigen und mein Leben zur Erringung des Sieges einzusetzen. Sollte ich jemals … so möge mich die harte Strafe der Gesetze … und die Verachtung des werktätigen Volkes treffen.

«Die Frauen stürzen sich auf das Vieh, zerreißen und zerfleischen die Schafe und Rinder mit bloßen Händen, Blut spritzt, Fleischstücke bleiben in den Zweigen hängen, Knochen und Hufe fliegen durch die Luft …«

Titus hörte das gern. Er verzog nicht das Gesicht. Auf ihn brauchte Rudolf Böhme keine Rücksicht zu nehmen.

Joachim sagte, daß es Gewalt gewesen sei, die die Gewalt der Frauen erst hervorgerufen habe.

«Ja, natürlich, Pentheus hört nur, was er hören will. Und außerdem, und das sagt er auch zur Begründung, gibt es für ihn nichts Schlimmeres, als von Frauen besiegt zu werden, solche Schmach kann sich Griechenland — plötzlich geht es nicht mehr um Theben, sondern um Griechenland — nicht bieten lassen. An dieser Stelle, und da muß man Nietzsche und all jenen, die ihm folgten, recht geben, macht Pentheus keine gute Figur. Andererseits ist seine Reaktion ganz normal für einen Herrscher. Dionysos jedenfalls, gekränkt von so viel Starrsinn, warnt ihn erneut, nicht gegen einen Gott die Waffen zu erheben.«

«Dionysos beweist Geduld«, sagte Joachim.

Titus war enttäuscht, daß das Gemetzel schon vorüber war. Denn so war der Krieg, entsetzlich, grausam, nicht mit Worten zu beschreiben, und dieser Stefan würde dabei mittun, er schwor es doch. Und statt Rudolf Böhme zuzuhören, der über die Peripetie der Tragödie sprach, sah er, wie sich Bernadette endlich von dem Uniformierten abwandte, angeekelt von so viel Feigheit, Duckmäusertum und Kadavergehorsam.

«Weil Pentheus alles, was er zu hören bekommt, in seine Sprache übersetzt, weil er glaubt, auf seine Fragen nicht die richtige Antwort zu erhalten, statt zu erkennen, daß er die falschen Fragen stellt, wird er untergehen. Oder kurz gesagt: Weil er nicht bereit oder nicht in der Lage ist, sich selbst in Frage zu stellen, wird ihm ein grausiges Ende zuteil«, sagte Rudolf Böhme. Und Titus hätte am liebsten gerufen: Weil er feige gewesen ist! Weil er nicht begreift, was er tut! Weil er Bernadette nicht verdient!

«Wichser«, rief Martin.

«Ja, Pentheus ist ein Voyeur«, sagte Rudolf Böhme.»Aber jetzt verstehen wir auch, warum er dort, wo von Weihen und Gottesdienst die Rede ist, nur Geilheit und Zügellosigkeit erkennt. Er, der sich selbst gut kennt, glaubt auch zu wissen, wie es in anderen aussieht. Was du Wichser nennst, ist trotzdem der erste und einzige Ausbruch aus seiner Starrheit. Plötzlich offenbart er eine Eigenschaft, die er selbst immerzu bekämpft und unterdrückt hat, im Staat und in sich selbst. Fürchterlich, gerade dadurch wird er vernichtet werden.«

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