Gerhard L. Durlacher - Tetralogie des Erinnerns

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Wie war die Kindheit eines jüdischen Jungen im Nationalsozialismus? Wie war es möglich, nach dem KZ als Jugendlicher das Leben neu zu beginnen? Wie war das Leben nach dem Überleben?
Durlachers preisgekrönte autobiografischen Schriften sind von «bitterer Präzision und schockierender Eindringlichkeit». (Neue Zürcher Zeitung)

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SCHULZEIT

Im Korridorspiegel erkenne ich mich kaum wieder. Das Weinen steht mir näher als das Lachen. Nur oben am Kopf sind noch Haare, aber darunter hat der Friseur mit seiner Haarschneidemaschine ein Stachelschwein aus mir gemacht. »Für die Schule muß es kurz und schneidig sein«, hatte er zu meiner Mutter gesagt. Bevor sie sich’s überlegen konnte, hatte er, ohne weitere Worte zu verschwenden, mir einen deutschen Schopf geschnitten. Auf den weißen Frisierumhang fallen braune Strähnen wie Herbstblätter und ich schließe die tränennassen Augen, um meine Verwandlung nicht ansehen zu müssen.

Auf dem Heimweg spüre ich den kalten Wind auf der nackten Kopfhaut und es scheint, als sei mir die Mütze auf einmal zu groß geworden. Harro, der Nachbarsjunge, Sohn des Chefmonteurs der Opel-Garage, in der Vaters Auto steht, kommt auf seinem fliegenden Holländer zu uns herangebraust. Auch er hat einen frischgeschnittenen Stachelkopf und ich bilde mir ein, daß er über meine viel zu große Mütze lacht, obwohl er sonst sehr nett ist. Ich zerre an Mutters Hand, um so rasch wie möglich im Treppenhaus vor fremden Blicken sicher zu sein und beruhige mich erst, als die Haustür ins Schloß fallt.

Mit einer knisternden, in braunes Packpapier gewickelten Überraschung lockt sie mich vom Korridorspiegel fort. Auf dem großen Eßzimmertisch liegt das graue Leinentischtuch, das Großmutter monatelang mit Blumen bestickt hat, angespannt murmelnd, die bebrillte Nase bei jedem Stich dicht am Tuch. Schrill ruft sie aus ihrem Sessel, das neue Tischtuch müsse erst zusammengefaltet werden, bevor ich die Schnüre des Pakets aufknüpfen darf. Durch das Papier hindurch dringt der aufregende Geruch frisch gegerbten Leders, und mit ungeduldigen Fingern entferne ich die braune Umhüllung von dem schönsten Schulranzen, den ich jemals angefaßt habe.

Sprachlos streichle ich das wunderbare, genarbte Leder, verfolge mit dem Zeigefinger die glatten, reckteckigen Bahnen auf der Klappe und stecke den Kopf in die Tasche hinein, um den würzigen Geruch tief einzusaugen. Auf dem Boden liegt ein langer hölzerner Federkasten. Erst nach vielem Probieren und Fummeln gelingt es mir, den geheimnisvollen Verschluß zu öffnen. Niemand im Zimmer kommt auf den Gedanken, daß man den Schiebedeckel zuerst halb herausziehen muß.

Glatt und schwer liegt der Kasten in meiner Hand, ein gefährliches Stück Holz. Farbstifte und ein Federhalter klappern in den Fächern. Einzelne Federn mit einer kleinen Kugel an der Spitze, ein Stück Sämischleder und ein wunderbar weicher grüner Radiergummi liegen in ihrem Geheimversteck verborgen.

Die ledernen Schulterriemen meines Ranzens sind steif und hart. Es kostet mich Mühe, den Haken des rechten Riemens ohne Hilfe in den Eisenring an der Unterseite einzuhängen, aber nach einigen vergeblichen Versuchen klappt es. Stolz laufe ich mit meiner neuen Schulausrüstung aus dem Zimmer zum Korridorspiegel und betrachte mich mit anderen, neuen Augen.

An dem Schulgebäude aus grauen, glitzernden Steinblöcken bin ich oft mit den Eltern oder an Marias Hand vorbeigekommen auf dem Weg zu meinem Freund Walter, dem Sohn des dicken Rabbiners, oder gelegentlich an Sonntagen, wenn wir uns von der seufzenden kleinen Bergbahn auf den Gipfel des Merkurs tragen ließen.

Auf den grauen Granitstufen, die vom Gehsteig zur breiten Terrasse hinaufführen, hinter der steinernen Balustrade und vor dem Bogen des dunkel drohenden Schuleingangs stehen viele Mütter mit Jungen, ebenso groß oder größer als ich, mit kurzgeschnittenem Haar; einige mit Ranzen aus Leder oder Leinwand, andere mit Leinenbeuteln oder Bündeln, die mit einer Schnur umwickelt sind. In den Armen halten sie große spitze Tüten aus bunter Seide, aus Karton oder braunem Papier, voll mit buntverpackten sauren Bonbons, Ostereiern und Zukkerwerk. Sie rufen einander zu, prahlen mit ihren Osterschätzen und tauschen Süßigkeiten aus.

Einige Mütter schwatzen laut miteinander, während ihre Söhne über der Balustrade hängen und die Sonntagskleider schmutzig machen.

Walter und ich stehen ohne Schultüten auf dem Gehsteig gegenüber der Schule. Unsere Mütter flüstern kaum hörbar, wir beschnüffeln unsere neuen Schulranzen. Seine abstehenden Ohren werden rot, als er nach dem österlichen Zuckerwerk schaut, und auch ich verspüre nagenden Neid.

Mit schmetternden Stimmen kommandieren die Lehrer die Jungen in Dreierreihen, und an der Hand unserer Mütter eilen wir die Treppe hinauf, um uns hinten anzuschließen. Ein Fotograf mit großem Stativ und Kamera drängt sich durch die Reihen in das Gebäude. Die Schüler verschwinden mit ihren Müttern und den Lehrern im dunklen Maul der Schule.

Wir, als letzte, werden an der Eingangstür von einem großen hageren Mann mit Glatze und grauem Haarkranz erwartet. Sein Schnurrbart ähnelt einer Bürste. Auf der glänzenden Nase klemmt eine Brille mit runden Gläsern. Er verbeugt sich ungelenk vor meiner Mutter, gibt ihr die Hand und stellt sich als Oberlehrer Kreis vor. Dann, als müßte er mühsam nach Worten suchen, bittet er sie und Walters Mutter, später am Tag oder besser erst morgen in die Schule zu kommen, jetzt gäbe es Schwierigkeiten, wegen den Klassenfotos ... jüdische Kinder ... »Sie verstehen ...« Wir gehen die Treppe hinunter und verabschieden uns mit wenigen Worten. Still gehe ich neben Mutter her. In meinem Ranzen klappert der Federkasten.

Unter all den auf uns gerichteten Augen erkenne ich nur Harros Gesicht. Wir stehen an der Klassentür, Walter und ich. Unsere Mütter reden leise mit Herrn Lehrer Kreis, während die Klasse uns betrachtet wie seltsame Fische in einem Becken. Die zwei unbesetzten Plätze liegen weit auseinander, Walter kommt nach vorn in die erste Reihe, ich etwa in die Mitte ans Fenster. Ich sehe nur ein Stück seines Hinterkopfes. Wir dürfen nicht nebeneinander sitzen.

Harro rettet mich aus meiner Einsamkeit und fragt, ob er den Platz tauschen darf mit dem mir fremden Nachbarn, der mir einen feindseligen Blick zuwarf, als ich mich neben ihn setzen mußte. In seinen neuen Lederhosen und echten Haferlschuhen stapft er stolz zu Harros Platz, froh, daß er nichts mehr mit uns zu tun hat.

Unsere Mütter verschwinden im Gang, ein Gefühl banger Verlassenheit macht meine Knie weich. Harro ist ein magerer Trost. Die unwirschen Stachelköpfe meiner Klassenkameraden, der hochgewachsene, grauhaarige Lehrer mit den scharfen, alles bemerkenden Augen, das Bambusstöckchen in der Ecke, die sonderbaren Buchstaben auf der Tafel, die gerade stehen und anders aussehen als die, die meine Oma mich zu Hause gelehrt hat: eine unbekannte Welt voller Gefahren.

Die Pause, in der die Jungen Butterbrote tauschen, aber nicht mit mir. Im WC, wo wir in einer Reihe nebeneinander gegen eine schwarze Wand pinkeln müssen und nach dem Pimmel der anderen gucken, entdecke ich den Unterschied zu den Jungen anderer Religionszugehörigkeit, und sie den meinen. Danach bin ich Gehässigkeiten ausgesetzt, ein Los, das ich mit Walter teile.

Geschichten über Strafen mit peitschenden Bambusstäben treiben wie Unwetterwolken durch die Gänge, aber Herr Kreis rührt das Stöckchen nie an. Manchmal stellt er jemand, der zu laut war oder ihn geärgert hat, zur Strafe in die Ecke, aber wirklich unfreundlich ist er nie. Allmählich fühle ich mich weniger unsicher. Er läßt nicht zu, das wir verspottet und beschimpft werden, und hält Ordnung in der Klasse.

Die geraden dicken Buchstaben lerne ich rasch und zähle, die Zungenspitze zwischen den Lippen, Rechensummen fehlerlos zusammen. Manchmal helfe ich Harro insgeheim, muß aber in der Klassenecke dafür büßen, als Lehrer Kreis mich dabei ertappt.

Morgens, als ich noch neben Maria durch die lange, leere Stephanienstraße mit den alten, abblätternden Hausfassaden gehe, warten wir oft auf Harro, der aus dem großen Garagentor angerannt kommt. Wir hüpfen und springen vor ihr her, mit Mühe hält sie uns zurück. Wenn wir an der Realschule vorbeigehen, geben wir ihr die Hand, denn die großen Jungen in dieser Schule mit ihren Uniformen, ledernen Koppelriemen und Hakenkreuzbinden um den Ärmeln sehen uns wie ein Rudel Wölfe drohend an.

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