1 ...6 7 8 10 11 12 ...42 Der von ritterlichem Muthe
Und Herrentugend keinen Schritt,
Ja nicht zollbreit wich noch glitt,
Der lag da zum Erbarmen todt.
Jedoch in all dieser Noth
Kamen über ihn die Seinen
Und brachten ihn hinweg mit Weinen:
Sie führten klagend ihn hindann
Und bestatteten ihn als den Mann,
Der nicht minder und nicht mehr
Als ihrer Aller Glück und Ehr
Mit ins Grab hinunter nahm.
Wenn ich nun viel von ihrem Gram
Und ihrem Jammer sagte,
Wie da ein Jeder klagte,
Was sollte das? es ist nicht Noth.
Sie waren Alle mit ihm todt
An Ehren und am Gute
Und gar an dem Muthe,
Der guten Leuten sollte leihn
Freud und friediges Gedeihn.
Es ist geschehn, er ist dahin,
Todt ist der gute Riwalin;
Da gehört nun weiter nichts dazu,
Als daß man Alles mit ihm thu
Was sich schickt für einen todten Mann.
Da Alles nicht verfangen kann,
Man muß sich sein begeben nun,
Mag sein zu pflegen Gott geruhn,
Der edler Herzen nie vergaß.
Wir aber sagen nun fürbaß
Wie es ergieng mit Blanscheflur.
Als die schöne Frau erfuhr
Was ihr geschehen wäre,
Wie ward ihr von der Märe!
Gott, Herr, woll uns davor bewahren,
Daß wir es lebenslang erfahren.
Ich hege Zweifel nicht daran,
Trug ein Weib je um den Mann
Tödtlichen Schmerz im Herzen,
So trug ihr Herz die Schmerzen;
Das füllte tätliches Leid.
Sie gab wohl aller Welt Bescheid,
Ob ihr weh an seinem Tod geschah;
Doch wurden ihre Augen da
In allen diesem Leid nicht naß.
Ja, aber Gott, wie kam denn das,
Daß da nicht ward geweinet?
Ihr ward das Herz ersteinet.
Da war kein Leben inne,
Als die lebendge Minne
Und das Leid nur, das lebendig
Mit ihrem Leben stritt beständig.
Und klagte sie nach Gattenpflicht
Nicht um den Herrn? Das that sie nicht:
Sie verstummte gleich zur Stunde,
Ihr erstarb die Klag im Munde;
Ihre Zung, ihr Mund, ihr Herz, ihr Sinn
War Alles miteinander hin.
Sie klagte nicht ihr Ungemach,
Die Schöne sprach nicht Weh noch Ach,
Sie sank zu Boden und lag
In Krämpfen bis zum vierten Tag.
Erbärmlicher als je ein Weib.
Sie wand in Wehen lang den Leib
Bald so bald so, bald her bald hin
Und trieb das bis die Königin
Den Sohn gebar mit großer Noth;
Seht, der genas und Sie lag todt.
O weh der Augenweide,
Wo man nach leidem Leide
Ersieht an leiderm Leide
Noch leidre Augenweide!
Deren Ehr an Riwalinen lag,
Der er mit großen Ehren pflag
So lange Gott es wollte,
Daß er ihrer pflegen sollte,
Die hatten leider Leid zuviel,
Ein Leid ob alles Leides Ziel,
Da all ihr Trost, all ihre Kraft,
Ihr Kampf und ihre Ritterschaft,
Ihre Würdigkeit und Ehre all
Dahin war mit des Herren Fall.
Doch Er war schönen Tod gestorben;
Sie gar zu jämmerlich verdorben.
Mit wie großem Schaden
Auch Leut und Land beladen
Waren durch den Tod des Herrn,
So kläglich wars doch nicht von fern,
Als da man diese scharfe Noth
Und den erbarmenswerthen Tod
An dem süßen Weibe sah.
Das Ungemach, das ihr geschah,
Beklag ein jeder werthe Mann,
Und wer je von Frauen Heil gewann
Oder künftig will gewinnen,
Der erwäg in seinen Sinnen
Wie es an solchen Dingen
So leichtlich mag misslingen
Der besten Frau, dem besten Mann,
Wie leicht das Glück sie pfänden kann
Am Leben, am Leibe,
Und soll dem reinen Weibe
Gnade wünschen und erflehn,
Daß Gott geruh ihr beizustehn,
Ihr Helfer und ihr Trost zu sein;
So sag ich von dem Kindelein,
Das Mutter hat noch Vater,
Wie Gott war sein Berather.
Wer Trauer stäts und Treue
Dem Freunde trägt aufs Neue,
Dem lebt der Freund aufs Neue;
Das ist die gröste Treue.
Wer stäts dem Freunde Trauer trägt,
Ihm nach dem Tode Treue hegt,
Das ist vor allem Lohne,
Ist aller Treue Krone.
Mit derselben Krone waren
Gekrönt, das hab ich wohl erfahren,
Der Marschall und sein Weib, das gute,
Die gleiche Treu in Einem Muthe
Gott und der Welt bewährten
Und durch ihr Vorbild lehrten
Vor der Welt und Gott zumal,
Daß sie, wie es Gott befahl,
Nach ganzer Treue zielten
Und sie unverbrüchlich hielten
Ohn End und ohne Wende
Bis an ihr Beider Ende.
Und so Wer sollt auf Erden
Für seine Treue werden
König oder Königin,
So verdienten Sie wohl den Gewinn,
Wie ich euch von den Beiden
In Wahrheit mag bescheiden,
Wie Er und Sie sich treu erwies.
Als Blanscheflur ihr Leben ließ
Und Riwalin begraben war,
Das verwaiste Kind, das sie gebar,
Dem giengs nach solchen Ungenaden
Gar wohl: es sollt ihm wenig schaden.
Der Marschall und die Marschallin
Nahmen das kleine Waislein hin
Und hielten es mit Sorgen
Vor aller Welt verborgen.
Sie sagten oder ließen sagen,
Ihre Herrin hätt ein Kind getragen,
Das wäre mit und in ihr todt.
Von dieser dreifachen Noth
Mehrte sich des Landes Klage,
Ihre Klage mehrte noch die Sage:
Sie klagten, daß Riwalin erstarb,
Klagten, daß Blanscheflur verdarb,
Klagten um ihr Kindelein,
Das ihr Trost doch sollte sein,
Daß das erstorben wäre.
Bei dieses Leides Schwere
Gieng ihnen schier der Schrecken
Vor Morgans Drohn, des Kecken,
So nah als ihres Herren Tod.
Denn das ist die gröste Noth,
Die man auf Erden haben mag,
Wenn Einem immer Nacht und Tag
Der Todfeind vor den Augen steht:
Das ist die Noth, die nahe geht,
Das ist ein lebendger Tod.
In dieser lebenden Noth
Ward Blanscheflur zu Grab getragen.
Da mochte Jammer viel und Klagen
Ob ihrem Grab vernommen werden;
Haarzerraufender Geberden
Sah man da viel und allzu viel.
Nun will ich aber ohne Ziel
Eure Ohren nicht beschweren
Mit allzu kläglichen Mären,
Weil es den Ohren missbesagt,
Wo man zu viel von Klage sagt;
Und sagt es Einer noch so gut,
Es steht ihm doch zuletzt nicht gut.
So laßen wir denn langes Klagen
Und fleißen uns dafür zu sagen
Von dem verwaiseten Kind,
Dem die Mären hier gewidmet sind.
Oft kehrt das Glück vom Glücke
Zum Ungemach zurücke
Und wiederum zurücke
Vom Ungemach zum Glücke.
Der wackre Mann soll in der Noth,
Wie schlimm es auch zu gehen droht,
Gedenken, was ihm helfen mag.
So lang ihm scheint des Lebens Tag
Soll er mit den Lebendgen leben
Und sich selbst zum Leben Hoffnung geben:
So that der Marschall Foitenant.
Wie übel seine Sache stand,
Doch bedacht er mitten in der Noth
Des Landes Fall, den eignen Tod.
Als er keine Hülfe schaute,
Sich mit der Wehr nicht traute
Vor seinem Feind zu fristen,
So wehrt' er sich mit Listen.
Er berieth die Ritter allzumal,
Denen einst sein Herr befahl,
Daß sie die Waffen ließen ruhn:
Sie sollten anders nichts mehr thun
Als flehn und sich ergeben:
Sie ergaben Gut und Leben
Nach seinem Rath in Morgans Huld.
Allen Groll um alte Schuld,
Wie groß er zwischen ihnen sei,
Legten sie mit Morgan bei
Und erhielten also Leut und Land.
Der getreue Marschall Foitenant
Fuhr heim zu seinem werthen Weib
Und befahl bei Leben und Leib
Ihr an, sich einzulegen
So wie die Frauen pflegen,
Wenn sie Kindesnoth befällt,
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