Als sie nach Irland kamen,
Ihr Angelände nahmen,
Da hörten sie die Märe,
Gurmun der König wäre
Vor der Stadt zu Weisefort.
Da ließ den Anker über Bord
Tristan so ferne von dem Hafen,
Daß sie mit keinem Bogen trafen
Aus der Stadt zu ihnen hin.
Seine Landbarone baten ihn,
Daß er sie unterweise,
In welcher Art und Weise
Er werben wolle um das Weib.
Es gieng' an Leben und Leib,
Darum bedäuchte sie es gut,
Daß er ihnen sagte seinen Muth.
Tristan sprach: »So thut nur Eins,
Habt nur Acht, daß euer Keins
Den Leuten kommt vors Angesicht:
Bleibt alle drin und zeigt euch nicht.
Die Schiffer und die Knechte nur
Forschen nach der Märe Spur
Auf der Brücke vor des Schiffes Thür;
Doch euer Keiner komm herfür.
Schweigt und duckt euch still hinein.
Ich selber nur will außen sein,
Weil ich die Landessprache kann.
Nicht lang, so dringen hier heran
Die Bürger und beschweren
Uns mit übeln Mären.
Denen muß ich lügen all den Tag
Soviel ich ihnen lügen mag.
Haltet Ihr euch drinne,
Denn wird man euer inne
Ihr habt den Tod an der Hand,
Denn uns besteht das ganze Land.
Dieweil ich morgen außen bin
(Denn ein Ritt liegt mir im Sinn
Auf Abenteur im Morgenlicht
Ob mir gelingen will ob nicht),
So halte Curvenal davor
Und Andre mit ihm an dem Thor,
Die die Sprache fertig sprechen.
Und Eins noch müßt ihr mir versprechen:
Wenn ich unterweges wär
Drei Tage oder mehr,
So harret mein nicht länger hier:
Über Meer entrinnet ihr
Und rettet Leben und Leib.
Ich habe dann allein das Weib
Vergolten mit dem Leibe:
Dem Herrn zu einem Weibe
Rathet wie euch dünke gut:
Das ist mein Rath und auch mein Muth.«
Der Marschall von Irland,
In des Gewalt und dessen Hand
Der König Stadt und Hafen gab,
Ritt ans Meer in jähem Trab,
Gewaffnet und zum Kampf bereit
Mit gewaltigem Geleit
Von Bürgern und der Bürger Boten.
Denn ihnen war ja geboten
Von Hofe, wie die Märe sagt,
Wenn ihr sie weiter oben fragt,
Wer auf Gestad da stieße,
Daß man den sahen ließe
Bis man sicher hätt erkannt,
Ob er käm aus Markes Land
Oder seiner Leute brächte.
Diese selben Henkersknechte,
Die leiden Mordrangen,
Die manchen Mord begangen
Hatten an der Unschuld
Nur um ihres Herren Huld,
In den Hafen kamen sie gezogen
Mit Armbrüsten und mit Bogen
Und mit anderer Wehr
Nicht anders wie ein Räuberheer.
Des Kieles Meister Tristan
Zog einen Reisemantel an,
Daß er sich nicht gäbe kund:
Aus keinem anderen Grund.
Auch ließ er einen Napf hertragen
Aus rothem Golde geschlagen
Und gewirkt zu seltnem Preise
Nach englischer Weise.
So trat er in ein Schifflein,
Nahm mit auch Curvenal hinein,
Fuhr heran zum Hafenmund
Und mit Geberden wie mit Mund
Entbot er ihnen Grüße
So gut er mocht und süße.
Sein Grüßen all doch nicht verschlug:
Der Bürger waren genug,
Die zu dem Schifflein liefen
Und vom Gestade riefen:
»Stoß ans Land, stoß ans Land.«
In den Hafen stieß er da zuhand.
»Ihr Herren«, sprach er, » saget mir,
Wie kommt ihr so? Was denket ihr
Mit so ungehäbgem Dräun?
Ihr seht ja aus, man sollt euch scheun.
Ich weiß nicht was ich denken soll.
Um Gotteswillen thut so wohl,
Wenn Einer hier am Hafen weilt,
Dem das Land Gewalt hat zugetheilt,
Der höre und vernehme mich.«
»Ja«, sprach der Marschall, »das bin ich.
Mein Gebahren und mein Dräun
Habt ihr allerdings zu scheun,
Indem ich gründlich will erfahren
Eur Gewerb und eur Gebahren.«
»Gewiss, Herr«, sprach Tristan in Ruh,
» Ihr findet mich bereit dazu.
Wenn ihr die Andern schweigen hießt,
Aber mich zur Sprache ließt,
So wollt ich selber gerne bitten,
Daß man mit gütlichen Sitten
Und so mein Wort vernehmen möchte,
Wie es dem Lande Ehre brächte.«
Eine Stille ward ihm da gegeben.
»Herr«, sprach Tristan, »unser Leben,
Unsre Geburt und unser Land,
Damit ist es so bewandt
Wie ich es euch bedeute.
Wir sind Handelsleute;
Keine Schande bringt uns wohl der Stand.
Kaufleute werden wir genannt,
Ich und meine Compagnie,
Und sind wir von der Normandie.
Weib und Kinder blieben dort;
Wir selber ziehn von Ort zu Ort,
Von Land zu Land und kaufen ein
Und verkaufen hinterdrein,
Daß wir den Unterhalt erjagen.
In den letzten dreißig Tagen
Fuhren wir der Heimat fern,
Ich und zwei andre Kaufherrn.
Wir dachten mit Geleit und Waaren
Nach Hibernien zu fahren:
Da wurden wir mit unsern Schiffen
Des Morgens früh vom Wind ergriffen
(Ich denk es sind acht Tage nun)
Und wie die Winde gerne thun,
Daß sie Gesellen scheiden,
So schied er mich von Beiden.
Weiß nicht wie sie gefahren sein;
Doch sei der Himmel mit den Zwein
Ob sie am Leben sind ob todt.
Ich selber ward mit vieler Noth
Manchen übeln Weg geschlagen
In diesen schweren acht Tagen
Bis gestern, als der Mittag kam,
Der wilde Sturm ein Ende nahm.
Da sah ich Berg und Land vor mir.
Zu ruhen ankerten wir
Und ruhten aus von Angst und Sorgen.
Aber heut am frühen Morgen,
Als wir den Tag erscheinen sahn,
Griff ich die Fahrt von Neuem an
Und fuhr hieher gen Weisefort:
Nun geht es schlimmer hier denn dort.
Ich bin hier, scheints, noch ungeborgen
Und schien geborgen mir vor Sorgen,
Da mir die Stadt nicht unkund ist,
Denn ich bin wohl öfter, wie ihr wißt,
Mit Kaufleuten hier gewesen.
Drum wähnt ich mich genesen
Und dachte Gnade hier zu finden:
Nun bin ich Sturmwinden
Recht erst in die Hand gefahren.
Doch mag mich Gott noch wohl bewahren:
Denn soll mir hier nicht Frieden
Und Ruhe sein beschieden,
So kehr ich wieder auf das Meer:
Da find ich volle Gegenwehr
Und Streitkraft sattsam in der Flucht.
Geruht ihr aber eurer Zucht
Und eurer Ehre zu gedenken,
So viel ich Gutes mag verschenken,
Das geb ich euch von Herzen gern,
Und will nichts weiter von euch Herrn,
Als daß ihr meinem Gut und mir
Frieden schafft im Hafen hier,
Bis ich erkund und sehe
Ob mir das Heil geschehe,
Daß ich mein Landgesinde
Hier im Lande wiederfinde.
Und soll mir das gestattet werden,
So schafft auch Frieden vor Gefährden:
Sie dringen dort gewaltsam her,
Ich weiß nicht welche oder Wer,
In ihrem kleinen Schifflein dort;
Sonst fahr ich zu den Meinen fort
Und fürcht euch keinen Strohhalm mehr.«
Der Marschall dräute Jenen schwer
Und hieß sie kehren in das Land.
Dann sprach er, zu dem Gast gewandt:
»Was wollt ihr unserm König geben,
Daß er das Gut euch und das Leben
Bewahr in seinem Königreich?«
Der Gast entgegnete sogleich:
»Herr, ich geb ihm Tag für Tag
Sofern ich es gewinnen mag,
Eine Mark von rothem Golde:
Ihr aber nehmt zum Solde
Diesen Becher von mir an,
Wenn ich auf euch vertrauen kann.«
Die Andern riefen allzuhand:
»Ja, Marschall ist er hier im Land.«
Der Marschall seine Gabe nahm;
Sie deucht' ihn reich und wonnesam,
Und hieß ihn in den Hafen fahren:
Er woll' ihm Leib und Gut bewahren
Durch sein Geheiß und Machtgebot.
Da waren beide reich und roth,
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