Und an Bedarf zur Reise.
Da ward mit vielen Klagen
Tristan hineingetragen
So heimlich und so leise,
Daß von des Armen Reise
Niemand wust in aller Welt
Als Die man auch dahin bestellt.
Seinem Oheim befahl
Er da getreulich manchesmal
Sein Gesind und all sein Ding,
Daß seines Gutes nicht ein Ring
Von dem andern käme
Bis man von ihm vernähme
Unzweifelhafte Märe
Wie es ergangen wäre.
Seine Harfe ließ er kommen;
Die wurde mitgenommen
Und seiner Habe sonst nichts mehr.
Hiemit so stießen sie ins Meer
Und fuhren bald von dannen
Allein mit acht Mannen.
Die hatten ihm ihr Leben
Zur Bürgschaft gegeben
Und versichert mit Eiden,
Aus dem Willen der Beiden
Mit keinem Fuß zu treten.
Als sich die Segel blähten,
Marke sah Tristanden nach.
Seine Freud und sein Gemach
Waren beide wohl gering.
Zu Herzen und zu Beine gieng
Ihm dieses bittre Scheiden,
Obwohl es ihnen Beiden
Noch zu gutem Ende kam.
Als nun des Landes Volk vernahm,
Tristan sei gen Salerne
Gefahren, in der Ferne
Von seinem Übel zu genesen, –
Wär er ihr Aller Kind gewesen,
So hätte sie sein Leid nicht mehr
Betrüben mögen als nunmehr.
Sie wusten auch, sein böses Heil
Ward ihm in ihrem Dienst zu Theil:
So mehr bedauerten sie ihn.
Nun, Tristan fuhr noch rastlos hin,
Ja schier über seine Macht
So den Tag als die Nacht
Den geraden Weg gen Irland,
Wohin ihn seines Steurers Hand
Gar wohl geleiten konnte.
Als nun das Schiff begonnte
Dem Ziele sich zu nahen,
Daß sie das Land ersahen,
Den Steurer bat da Tristan,
Daß er auf die Hauptstadt an
Lenke, gegen Develin,
Wo die weise Königin
Isot, wie er wohl wuste,
Ihre Wohnung haben muste.
Des Endes wandt er da den Kiel,
Und kam so nahe bald dem Ziel,
Daß er sie deutlich vor sich sah.
»Seht, Herr!« sprach er zu Tristan da,
»Ich seh die Stadt: was rathet ihr?«
Da sprach Tristan: »So sollen wir
Hier ankern und verbleiben,
Den Abend hier vertreiben
Und auch ein Theil der Nacht hier sein.«
Da warfen sie den Anker ein
Und ruhten sich den Abend dort.
In der Nacht jedoch hieß er sie fort
Fahren, auf die Hauptstadt an.
Als auch das nun war gethan
Und sie so nahe kamen,
Daß sie den Standort nahmen
Kaum von der Stadt halbmeilenweit,
Da begehrte Tristan ein Kleid,
Das allerärmlichste Gewand,
Das sich in der Barke fand.
Das eilte Tristan umzuthun
Und ließ sich aus der Barke nun
In das Schifflein bringen ganz allein
Und ließ sich auch die Harfe drein
Und so viel Speise geben,
Daß er davon zu leben
Drei Tage hätte oder mehr.
Nun war nach seinem Begehr
Dieß geschehen allzumal.
Da berief er seinen Curvenal
Und die Schiffer all mit ihm,
Und sprach: »Freund Curvenal, nun nimm
Das Schiff und all das Volk in Hut;
Mir zu Lieb verpfleg es gut
Immerdar wie sich gebührt,
Und wenn euch Gott nach Hause führt
Sei ihnen solcher Lohn bereit,
Daß sie unsre Heimlichkeit
Getreulich mit uns tragen
Und Niemand hiervon sagen.
Kehrt nun ohne Säumen heim.
Grüße meinen Oheim
Und thu ihm kund, daß ich noch lebe:
Ich fänd auch wohl, so Gott es gebe,
Noch ferner Leben und Gedeihn:
Er soll' um mich nicht traurig sein.
Sag ihm auch, daß ich fürwahr
Heimkäme noch in diesem Jahr,
So ich Genesung fände:
Wenn mir das Heil erstände,
Das macht' ich ihm alsbald bekannt.
Dem Hofe sag und all dem Land,
Ich hätt auf unsrer Fahrt den Tod
Gefunden über dieser Noth.
Mein Gesind, das ich noch habe dort,
Laß nicht aus meinem Dienste fort:
Sieh, daß sie meiner warten
Bis sie die Zeit erharrten,
Von der ich früher sagte.
Doch wenn es Gott behagte,
Daß dieses Jahr verliefe
Und mein Heil noch immer schliefe,
So dürft ihr mein euch wohl begeben:
Befehlt den Geist dem ewgen Leben
Und sucht das eigne Wohl zu wahren.
Mit meinen Leuten magst du fahren
Heim gen Parmenîe wieder;
Da laß dich dann bei Rual nieder.
Meinem lieben Vater sag von mir,
Er solle deiner Treue dir
Durch seine Treue lohnen,
Dich bei ihm laßen wohnen
Und ehren, wie er ehren kann.
Sag auch dem getreuen Mann,
Einer Bitte noch zuletzt
Mög er mich gewähren jetzt:
Die bisher in meinem Dienst sich mühten,
Denen möcht er Müh und Zeit vergüten,
Einem Jeden wie es billig sei.
»Nun lieben Leute«, fügt' er bei,
»Hiemit will ich euch Gott ergeben;
Fahrt eures Wegs und laßt mich schweben.
Ich muß auf diesen Pfaden
Erharren Gottes Gnaden;
So habt auch ihr Zeit, daß ihr fahrt
Und Leib und Leben bewahrt:
Sieh, es nahet schier dem Tage.«
So zogen sie mit mancher Klage
Und mit großem Jammer hin;
Mit vielen Thränen ließ man ihn
Schweben auf der wilden See.
Ihnen that kein Scheiden je so weh.
Ein jeglicher getreue Mann,
Der je getreuen Freund gewann
Und weiß, wie man den meinen soll
In Treuen, der betrübt sich wohl
Über Curvenals Beschwerde.
Wie schwer ihm aber werde
Und wie betrübt sein Herz und Sinn,
So fuhr er doch des Weges hin.
Tristan verblieb alleine dort
Auf dem Meere schwebend fort und fort
In Jammer und in Sorgen
Bis an den lichten Morgen,
Wo endlich Die von Develin
Das steuerlose Schifflein ziehn
Sahn, ein Spiel der Wellen.
Sie sandten zwei Gesellen,
Daß sie das Schifflein fiengen.
Die Ausgesandten giengen
Und eilten ihm zu nahen,
Obwohl sie Niemand sahen,
Doch hörten sie von drüben her
Süß, nach Wunsch und Begehr,
Eine süße Harfe klingen
Und zu der Harfe singen
Einen Mann so süß und hold
Als ob er sie begrüßen wollt:
Ein freundlich Abenteuer!
Sie saßen still am Steuer,
Dieweil er ihnen harft und sang.
Die Lust zwar währte schwerlich lang,
Die erst sein Sang und Klang verhieß,
Denn was er sie da hören ließ
Mit Händen oder Munde,
Das gieng ihm nicht vom Grunde:
Denn sein Herz war nicht das dritte.
Es ist bei diesem Spiel nicht Sitte,
Daß es Einer lange thu,
Es steh ihm denn das Herz dazu.
Und spielt auch Einer noch so viel,
So heißt es doch kein rechtes Spiel,
Das man so außen hin nur thut
Ohne Herz und ohne Muth.
Die Jugend wars wohl dieses Mal,
Die Tristanden befahl,
Mit Mund und mit Händen
Die Töne zu verschwenden;
Dem Märtrer könnts in seiner Pein,
Sonst nur Pein und Marter sein.
Sobald er ab mit Spielen ließ,
Der andre Kahn ihm näher stieß:
Sie legten an sein Schifflein bei,
Neugierig spähend, wer es sei.
Betroffen nahmen sie es wahr,
Wie fahl und bleich der Sänger war
Und wie armselig sein Kleid.
Sie trugen Leid mit seinem Leid,
Da er doch mit Mund und Hand
Die Kunst der Töne verstand,
Und grüßten ihn, als einen Mann,
Der guten Gruß verdienen kann,
Mit Mund und mit Händen,
Und baten den Elenden,
Daß er ihnen Märe
Sagte, Wer er wäre.
»Das sag ich euch«, sprach Tristan:
»Ich war ein höfscher Spielmann,
Und konnte wohl zu meiner Zeit
Kunst genug und Höfischkeit:
Sprechen und Schweigen,
Leiern und Geigen,
Harfen und Rotten,
Scherzen und Spotten,
Das Alles konnt ich also wohl
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