Daß er geruhe noch einmal
Seine Boten her gen Cornewal
Nach solchem Zins zu senden,
Man läßt mit leeren Händen
Sie nicht nach Hause kehren,
Nein, mit gleich vollen Ehren
Senden wir sie von hinnen,
Wie schwer wirs auch gewinnen.«
Derweil er also sprach und stand,
Deckt' er mit dem Schildesrand
Weislich Blut und Wunde,
Daß Keinem ward die Kunde.
Das gerieth ihm noch hernach zum Glück,
Denn jene kehrten so zurück,
Daß sie sich dessen nicht versahn.
Jetzt bestiegen sie den Kahn
Und fuhren nach dem Werder fort,
Und fanden statt des Herren dort
Einen schwer verhaunen Mann:
Denselben brachten sie hindann.
Als sie zu Lande kamen,
Da giengen sie und nahmen
Den jammervollen Prisant,
Der da durch sie ward übersandt:
Ich meine die zerstückten Glieder.
Die legten sie zusammen wieder,
Daß sich keins davon verlor,
Und trugen sie dem Herren vor,
Und sagten ihm genau dabei
Was ihm durch sie entboten sei.
Da verseh ich mich nun wohl
Wes ich mich wohl versehen soll:
Dem König Gurmun Wohlgemuth
War da gar nicht wohl zu Muth.
Auch stand ihm all sein Leid wohl an:
Er verlor an diesem einen Mann
Herz und Muth, Trost und Kraft
Und manches Mannes Ritterschaft.
Das Rad, das sein Glück getragen,
Das Morold hoch emporgeschlagen
In den Nachbarlanden allen,
War in den Staub gefallen.
Seine Schwester auch, die Königin,
Beklagte diesen Ungewinn
Mit Jammer und mit großer Noth;
Und ihre Tochter mit, Isot.
Sie quälten sehr den schönen Leib,
Wie ihr wohl wißet, daß ein Weib
Gar bitterliche Klage führt,
Wenn ein Leid ihr Herz berührt.
Sie sahen diesen todten Mann
Nur um des Jammers Willen an,
Daß ihres Leides Bürde
Noch desto schwerer würde.
Das Haupt sie küssten und die Hand,
Die vordem manch fernes Land
Ihrer Herschaft unterwarf,
Wie ich nicht wiederholen darf.
Die seinem Haupte war geschlagen,
Die Wunde fanden sie mit Klagen
Und besahen sie genau;
Da fand die sinnreiche Frau,
Isot, die weise Königin,
Jene Scharte darin.
Ein kleines Zänglein ließ sie bringen:
Damit must es ihr gelingen,
Daß sie das Schärtlein gewann.
Sie und die Tochter sahens an
Mit Jammer und mit Leide:
Dann nahmen sie es beide
Und legten es in einen Schrein.
War dieses Stück auch noch so klein,
Doch schuf es Tristan große Noth.
Nun, Herr Morold ist todt.
Wenn ich nun lang erzählte,
Wie sich ein Jeder quälte
Und ihn beklagte, könnt es frommen?
Wir wären weiter nicht gekommen,
Wer möcht ihr Aller Leid beklagen?
Morold ward zu Grab getragen,
Begraben wie ein andrer Mann.
Gurmun hob zu trauern an
Und ließ gebieten allzuhand
Über alles Irenland,
Daß man Acht hätt an der See,
Was Lebendiges je
Dahin von Cornwal käme,
Daß man dem das Leben nähme,
Es wäre Weib oder Mann.
Dieß Gebot und dieser Bann
Ward so streng vollzogen,
Daß Niemand von den Wogen
Mehr nach Irland ward gebracht
Seis bei Tag oder Nacht
Aus cornewalischem Land,
Mocht er noch so reiches Pfand
Zur Lösung bieten oder geben,
Es gieng ihm eben nur ans Leben,
Bis mancher Mutter Kind damit
Unschuldig großen Schaden litt.
Das war doch Alles ohne Noth,
Denn Morold starb verdienten Tod:
Nur seiner Kraft hatt er getraut,
Auf Gottes Hülfe nicht gebaut,
Und sein Ding zu allen Zeiten,
In allen seinen Streiten
Auf Gewalt und Hochfahrt nur gestellt;
In diesen ward er auch gefällt.
Nun nahm ichs auf, wo ich es ließ.
Als Tristan ans Gestade stieß
Ohne Ross und ohne Sper,
Da drangen tausend Rotten her
Zu Ross und auch zu Fuße:
Mit ihrem Jubelgruße
Empfiengen sie ihn freudenreich.
Der König und sein Königreich
Erlebten nie so lieben Tag
Wie man gern von ihnen glauben mag.
Viel Ehre war den Landen
Ja heut durch ihn erstanden;
Von großem lästerlichem Leid
Hatt Er sie allein befreit.
Die Wunde zwar, die er trug,
Die beklagten sie genug:
Sie gieng wohl ihnen Allen nah;
Doch weil ein Jeder sich versah,
Daß er von dieser Bürde
Gar bald genesen würde,
So schlugen sie es aus dem Sinn
Und führten ihn gerade hin
Zu des Königs Castell.
Sie entwaffneten ihn schnell
Und schufen ihm Gemach und Rast
So gut sie wünschen mocht ein Gast.
Nach Ärzten wurde gesandt,
Den allerbesten, die man fand
In Burg und Städten fern und nah.
Als die beisammen waren da,
Sie wandten allen Fleiß und Sinn
Und ärztliche Kunst auf ihn:
Was halfs, was war damit gethan?
Er war noch um nichts beßer dran.
Was sie von Heilkunst insgemein
Wusten und von Arzenein,
Das konnt ihm keine Hülfe schaffen,
Denn das Gift war so beschaffen,
Sie wustens von der leiden
Wunde nicht zu scheiden
Bis es den ganzen Leib einnahm,
Der eine Farbe bekam,
Bleich und fahl, daß ihn beinah
Nicht mehr erkannte, wer ihn sah.
Auch gieng nun von der Wunde gar
Ein Geruch, der so abscheulich war,
Daß ihm das Leben ward zur Last
Und der eigne Leib verhaßt.
Das war sein gröstes Ungemach,
Denn er beschwerte nach und nach,
Er must es selbst wohl gewahren,
Die Freunde, wenn sie bei ihm waren.
Nun verstand er mehr und mehr
Morolds Rede. Oft vorher
Hatt er wohl auch vernommen
Wie schön und wie vollkommen
Die Schwester Morolds wäre.
Es flog von ihr die Märe
Weithin durch alle Gauen.
Stäts hieß es von den Frauen:
Die weise Isot, die schöne Isot,
Die leuchtet wie das Morgenroth.
Hieran gedachte Tristan
Allzeit, der kummervolle Mann,
Und wuste wohl, sollt er genesen,
So möcht er andres nichts erlesen
Als ihre kunstbegabte Hand,
Die diese Kunst allein verstand,
Die sinnreiche Königin.
Doch wollt ihm noch nicht in den Sinn,
Wie die sein sollte pflegen.
Doch begann er zu erwägen,
Da der Tod ihm doch nicht fehle,
Daß er dann besser wähle,
Den Leib zu wagen auf den Tod
Als diese tödtliche Noth.
Da setzt' er sich es in den Sinn,
Er wolle wahrlich dahin,
Es ergeh ihm wie Gott wolle:
Er genese, wenn er solle.
Da berief er seinen Oheim
Und vertraut' ihm Alles insgeheim,
Wie der Freund dem Freunde thut,
Was er trug in seinem Muth,
Und was nach Morolds Märe
Er zu thun gesonnen wäre.
Dem gefiel es übel und auch wohl,
Da man in den Nöthen soll
Dem Schaden steuern wie man kann:
Von zweien Übeln wähle man
Was das kleinste Übel ist,
Das heißt wohl eine nütze List.
Die Zwei da kamen ganz allein
Aller Dinge wegen überein,
Wie es dann auch gehalten ward,
Wie er vollbrächte seine Fahrt;
Wie mans verschweigen sollte,
Daß er nach Irland wollte
Und ausstreun nah und ferne,
Er wäre gen Salerne
Der Heilung halb gefahren.
Als sie nun einig waren
Ward auch nach Curvenal gesandt
Der kam, sie sagten ihm zuhand
Ihren Willen allzumal.
Des freute sich da Curvenal;
Er sprach, er wolle mit ihm sein,
Mit ihm ersterben und gedeihn.
Als der Abend kam heran,
Zu ihrer Fahrt bestellte man
Eine Barke und ein Schifflein,
Und brachte Vorrath hinein
An Nahrung und an Speise,
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