Von Herzen und von Munde
Manch edle Zunge hin zu Gott,
Daß er die Schmach und diesen Spott
Bedächte, und ihr langes Leid,
Und erlöste sie von Dienstbarkeit.
Wie groß jedoch um diese Fahr
Der Andern Leid und Sorge war,
Morolden giengs zu wenig ein
Zum Herzen oder zum Gebein,
Daß es ihm Sorg erwecke:
Der vielversuchte Recke
Legte den Sper nicht nieder:
Er bot auch ihm hinwieder
Den Handschuh hin, des Kampfes Pfand,
Mit vermeßener Hand,
Mit fierer Contenanze.
Es schien diese Schanze
Nach seinem Willen ganz zu sein:
Er getraute wohl drin zu gedeihn.
Nun dieß so vergewißert war,
Der Kampf ward dem vermeßnen Paar
Bis an den dritten Tag gespart.
Als der dritte Tag vermeldet ward,
Da kam die Landschaft allzumal
Und des Volks so ungezählte Zahl,
Daß das Gestade bei dem Meer
Ganz überdeckt war von dem Heer.
Da waffnete sich Morold bald.
Mit Des Gewaffen will ich halt,
Noch mit seiner Stärk und Kraft
Meines Herzens Merkereigenschaft,
Noch meiner Augen scharfe Sehe,
Indem ich nach ihm seh und spähe,
Nicht stumpfen noch schwächen,
So viel sie von ihm sprechen,
Er sei an Mannheit auserwählt.
Denn es wird gar viel von ihm erzählt,
Daß er an Muth, an Größ und Kraft
Und in vollkommner Ritterschaft
Den Preis in allen Reichen trug:
Hiemit sei Lobs von ihm genug.
Ich weiß gar wohl, er konnte dort
Und konnt an jedem andern Ort
Zu Kampf und zum Gefechte
Nach Rittersbrauch und Rechte
Seinen Leib wohl zieren auf dem Plan;
Er hatt es oft genug gethan.
Nun nahm der gute König Mark
Die Noth sich um den Kampf so stark
Zu Herzen, daß ein schwaches Weib
Wohl nie so sehr den schönen Leib
Gehärmt hat um den lieben Mann.
Er sahs für unvermeidlich an,
Es brächte Tristan den Tod,
Und hätte gerne jene Noth
Noch ferner mit dem Zins gelitten,
Blieb' ihr Kampf nur ungestritten.
Nun gieng es Alles beßer doch
Mit diesem und mit jenem noch,
Mit dem Zins und mit dem Mann.
Der unversuchte Tristan
In so nothhaften Dingen,
Begann sich auch mit Ringen
Vor des Kampfs Gefahren
Aufs Beste zu verwahren.
Seinen Leib und Beine beide
Versah er mit dem Unterkleide;
Darüber legt' er schönes Werk,
Zwo Hosen, einen Halsberg:
Die waren beide licht und weiß,
Nachdem der Meister allen Fleiß
Mit seiner kunstgeübten Hand
Jahrelang auf sie gewandt.
Zwei edle Sporen schön und stark
Spannt' ihm dann sein Freund Herr Mark
Als sein getreuer Dienstmann
Mit weinendem Herzen an;
Die Waffenriemen er ihm band
Alle mit der eignen Hand.
Ein Waffenrock ward hingetragen,
Dem war, wie ich hörte sagen,
In den»Spelten« mit den »Drihen«,
An den Fugen Zier verliehen,
Und war an allen Enden
Von schönen Frauenhänden
Mit seltnem Preise bedacht
Und noch preislicher vollbracht.
Hei, als er den nun an sich nahm,
Wie lustig und wie wonnesam
Stand er unserm Helden!
Davon wär viel zu melden,
Nur daß ichs nicht noch längen will:
Der Rede würde gar zu viel,
Wenn ich es Alles wollte
Erschöpfen wie ich sollte.
Wißen sollt' ihr eins jedoch.
Der Mann stand seinem Kleide noch
Beßer als das Kleid dem Mann,
Das seine Zier von ihm gewann.
Wie gut sei, wie erlesen
Der Waffenrock gewesen,
Er war doch Seiner Würdigkeit,
Der nun die Zierde lieh dem Kleid,
Nur kaum und allzukaum noch werth.
Darüber schnallt' ihm Mark ein Schwert,
Das sein Herz und Leben war,
Durch das er diesmal der Gefahr
Entgieng und wohl noch oft hernach,
Und das so in der Schwebe lag
Und in so gefüger Maße
Sich hielt auf seiner Straße,
Daß es nicht auf noch nieder gieng
Und stäts in rechter Richte hieng.
Ein Helm ihm auch beschieden
war Recht wie ein Krystall so klar,
So lauter und so feste,
Der schönste und der beste,
Den ein Ritter je zu Häupten nahm.
Auch glaub ich, ein so guter kam
Nie gen Cornewal zuvor.
Darüber stand der Pfeil empor,
Der ihm weißagte Minne,
Was auch an seinem Sinne
Sich erfüllt hat allzu sehr,
Geschah es lange gleich nachher;
Den setzt' aufs Haupt ihm Marke da:
»Ach Neffe, daß ich je dich sah,
Das hab ich höchlich Gott zu klagen!
Ich will Allem widersagen,
Woran man seine Freude sieht,
Wenn mir an dir ein Leid geschieht.«
Nun ward ihm auch ein Schild gesandt,
An welchen sehr geschickte Hand
Gewendet hatte allen Fleiß.
Die ließ ihn eitel silberweiß,
Ihn überein zu bringen
Mit Helm und Panzerringen.
Sie hatt ihn aber poliert,
Und mit Lauterkeit geziert
Wie ein neues Spiegelglas.
Ein Eber drauf gebildet saß
Von Zobel schön und meisterlich
Und schwarz, daß er der Kohle glich.
Den hängt' ihm auch sein Oheim an:
Er stund dem kaiserlichen Mann
Und lag ihm an der Seiten
Nun und zu allen Zeiten,
Daß wie angeleimt er sah.
Als der werthe Jüngling da,
Der genehme kindsche Mann,
Tristan, noch den Schild gewann,
Da schienen die vier Dinge,
Helm und Panzerringe,
Hosen und Schilt einander an
So schön, und hätt ihr Werkmann
Sie alle vier dazu gemacht,
Daß eines jeden Schein und Pracht
Vom andern Schöne borgte,
Und mit Schöne dieß versorgte,
Dennoch wär der Schein der viere
Nicht lichter, gleicher als der ihre.
Doch nun das neue Wunderbild,
Das unter Ringen, Helm und Schild
Zu Schaden und zu Sorgen
Den Feinden war verborgen –
Hatte das nicht andre Kraft
Als all die seltne Meisterschaft,
Die ihm außen angebildet lag?
Ich weiß es klarer als den Tag,
Wie schön das Äußre mochte sein,
Doch war des innern Bildes Schein
Viel beßer erdichtet,
Gemeistert und gerichtet
Zu Ritterkraft und Stärke
Als all die äußern Werke.
Das Gebild inwendig drin
War in Erfindung und Sinn
Mit hoher Meisterschaft vollbracht.
Seines Werkmanns Kunst und Macht
Schienen groß und ungemein;
Seine Brust und Arm und Bein
Die waren herrlich und reich,
Wohl gebildet, herrengleich.
Und darüber stand das Eisen,
Man must es für ein Wunder preisen.
Sein Ross hielt ihm ein Knappe da;
In Spanienland, noch fern und nah,
Ward nie ein schöneres erzogen.
Man sah es nirgend eingebogen,
Sondern frei und offen
An der Brust und an den Goffen,
Stark von beiden Lenden,
Erwünscht an allen Enden.
An seinen Füßen und Beinen
Sah man Alles sich vereinen
Der Bildung, die sich Lob verspricht:
Die Füße grad, die Beine schlicht,
Und aufrecht alle viere
Wie einem wilden Thiere.
Auch war es anzuschaun mit Lust
Vom Sattel ab bis vor der Brust;
Da hielt es sich so grad und wohl
Als ein Ross nur immer soll.
Eine weiße Decke auf ihm lag,
Licht und lauter wie der Tag
Und den Harnischringen gleich.
Auch war sie lang und also reich,
Daß sie von oben niedergieng
Und dem Ross schier vor den Knieen hieng.
Nun Tristan zum Gefechte
Nach ritterlichem Rechte
Und wie gebräuchlich ist im Streit
Wohl und preislich war bereit,
Die da wohl konnten preisen
Und prüfen Mann und Eisen,
Die sahn es Alle dafür an,
Es hätten Eisen und Mann
Nie ein schöner Bild gewiesen.
Wie sehr das aber ward gepriesen,
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