Daß jedwede Companîe
Ihr »Schevalier, Parmenîe«
So viel riefen und schrien:
Damit war ihre Wehr dahin.
Ihnen blieb nicht Wehr noch Wiederkehr,
Nur verdecktes Fliehen
Und zögerndes Ziehen
Nach dem Berg und nach dem Wald;
Da ward der Streit erst mannigfalt.
Die Flucht war da ihr letzter Trutz
Und vor dem Tod ihr bester Schutz.
Nun dieser Sieg erfochten war,
Da ruhte sich die Ritterschar;
Sie schlugen Hütten auf dem Plan
Und die sie des Gesindes sahn
Sich auf dem Feld erschlagen,
Die ließen sie zu Grabe tragen;
Und Die verwundet waren,
Legten sie auf Bahren
Und zogen heim zu ihren Landen.
Hiemit war jetzo Tristanden
Sein Lehn und sein gesondert Land
Verliehn aus seiner eignen Hand;
Er war von Dem auch Herr und Mann
Das noch sein Vater nie gewann.
So hatt ers in die Richte gebracht
Und seine Sache schlicht gemacht:
In die Richte gebracht am Gute
Und schlicht gemacht im Muthe.
All sein Unrecht war nun recht,
Seine Schwermuth eben und schlecht.
Er hatte nun aus freier Hand
Sein Vatererb und all sein Land
Unangefochten und also,
Daß Niemand irgend wann noch wo
Anspruch erhob an all sein Gut.
Hiemit so wandt er seinen Muth,
Wie ihm da gebot und rieth
Sein Oheim als er von ihm schied,
Wiederum gen Cornewal;
Und mochte doch auch von Rual
Nicht wenden sein Gemüthe,
Der ihm so manche Güte
Mit väterlicher Stätigkeit
Erwiesen hatte jederzeit.
An Rual und an Marke lag
Tristans Herz bei Nacht und Tag;
An diesen zwein lag all sein Sinn:
Der Sinn, der lockt' ihn her und hin.
Nun spräche wohl ein werther Mann:
»Unser werther Tristan
Wie verhält er sich hiezu,
Daß er Recht Jedwedem thu
Und Beiden lohne wie er soll?«
Ein Jeder sieht und weiß das wohl,
Er kann sichs nicht ersparen:
Einen muß er laßen fahren,
Daß er bei dem Andern bleibe.
So laßt denn hören, wie ers treibe?
Kehrt er gen Cornewal sich wieder,
So sinkt ihm Parmenîe nieder
Und büßt an seinen Würden ein;
So muß verkürzt auch Rual sein
An Freuden und frohem Muth
Und an alle dem Gut,
Dem seine Wonne sollt entblühn;
Und will er nicht von hinnen ziehn,
So muß er entbehren
Höherer Ritterehren
Und setzt auch Markes Rath hintan,
Von dem er Ehre mag empfahn.
Wie soll er nun sein Heil bewahren?
Weiß Gott, er muß von hinnen fahren:
Man soll ihm Urlaub geben.
Er muß noch höher schweben
An Ehren und am Muthe,
Soll sich sein Glück zu Gute
Noch und zu Freuden kehren.
Nach den höchsten Ehren
Soll er noch trachten können.
Will die sein Heil ihm gönnen,
Es hat wohl Recht, daß es das thu,
Steht ihm doch all sein Muth dazu.
Der sinnreiche Tristan
Gar sinnigen Rath ersann:
Er war bedacht, so eben
Und gleich sich zu vergeben
An seine Väter beide
Als ob man ihn zerschneide.
Er theilte selber sich entzwei
So gleich und eben wie ein Ei,
Und gab Jedwedem dann den Theil,
Der am Meisten ihm zum Heil
Kam nach seinem ganzen Wesen.
Wer nun von Theilung nie gelesen,
Die man an sich selber macht,
Dem sag ich wie sie wird vollbracht.
Es zweifelt Niemand doch daran:
Zwei Dinge machen einen Mann
Und diese zwei sind Leib und Gut;
Von diesen zwein kommt edler Muth
Und weltlicher Ehren viel.
Wenn man die beiden scheiden will,
So wird das Gut zur Armut,
Und der Leib, dem man sein Recht nicht thut.
Kommt auch von seiner Würde dann,
Und wird der Mann ein halber Mann.
Und doch mit ganzem Leibe.
So ists auch mit dem Weibe.
Es sei Mann oder Weib,
Immer müßen Gut und Leib
Gesellt in allen Sachen
Erst ein ganzes Wesen machen;
Will man sie aber scheiden,
So ist es aus mit beiden.
Diese Theilung begann
Der sinnreiche Tristan
Und vollführte sie mit Sinnen.
Man must ihm erst gewinnen
Schöne Ross und reich Gewand
Und Speis und Vorrath mancherhand
Wie ein Fest sie nöthig macht,
Denn auf ein Fest war er bedacht.
Dazu lud er aus dem ganzen Land
Die Edelsten, in deren Hand
Die Kraft des Landes war gelegen.
Die thaten wie die Freunde pflegen
Und kamen zu der Lustbarkeit.
Nun war auch Tristan bereit
Mit allen seinen Dingen.
Er gab zwei Jünglingen,
Ruals Söhnen, da das Schwert,
Die ihm das Lehn zu erben werth
Nach ihrem Vater schienen.
Und Alles was er ihnen
Zu Würden und zu Ehren
Nur wenden mocht und kehren,
Da sah er keine Kosten an,
Das ward so williglich gethan
Als wär es für die eignen Kinder.
Nun sie Ritter wurden, und nicht minder
Zwölf Gesellen zumal,
Da war der höfsche Curvenal
Auch mit in der Zwölfe Schar.
Tristan, des Herz nur Zucht gebar,
Nahm seine Brüder bei der Hand
Höfisch, wie man ihn immer fand,
Und führte sie von dannen.
Seine Freund und Mannen,
Und Alle, die da waren
Von Sinnen oder Jahren
Oder schon von beiden
Verständig und bescheiden,
Die wurden Alle zuhand
An den Hof entboten und besandt.
Als er sie sah erschienen,
Tristan stand auf vor ihnen,
»Ihr Herren«, sprach er zu der Schar,
»Denen gern ich immerdar
In Treuen und mit Lauterkeit
Zu allen Diensten bin bereit
So fern als ich das immer kann –
Freund', und mein getreuer Bann,
Von deren Gnaden ich empfieng
Was Gott zu Ehren mir verhieng;
Denn mit eurer Hülfe lediglich
Ist Alles nun vollführt, was ich
In meinem Sinn begehrte.
Ob Gott es mir gewährte,
So weiß ich doch, es ward vollbracht
Durch eure Tugend, eure Macht.
Was soll ich weiter noch sagen?
Ihr habt in diesen wengen Tagen
Eure Ehr und euern Preis
An mich gewandt so mancherweis,
Es bleibt kein Zweifel mir daran,
Eher ists um diese Welt gethan,
Eh ihr zu irgend einer Zeit
Entgegen meinem Willen seid.
Freund' und Mannen alle, schau ich sie
Nun kraft meines Willens hie
Oder durch ihr eigen Recht,
Laßt euch nun nicht allzuschlecht
Meiner Rede Sinn gefallen.
Ich künd und sag euch Allen,
Wie auch mein Vater hier, Rual,
Gesehn hat und gehört zumal,
Daß mein Oheim sein Land
Gestellt hat in meine Hand
Und sich auch um meinetwegen
Kein ehlich Weib denkt beizulegen,
Daß Ich sein Erbe möge sein;
Auch sah er gern mich nahe bei
Wo er auch sei mit den Genoßen.
So hab ich denn mich entschlossen
Und steht mir all der Sinn dazu,
Daß ich seinen Willen thu
Und wieder zu ihm kehre.
Die Gülten und die Ehre
Und was ich hier noch nenne mein,
Die will ich laßen und leihn
Meinem Vater Rual:
Wenn es mir in Cornewal
Nicht ergeht wie ich gedenke,
Daß ich sterbe oder sänke,
Daß es sein Erblehen sei.
Hier stehn auch seiner Söhne zwei
Mit noch manchem andern Kind;
Und Die ferner seine Erben sind,
Die haben alle Recht daran.
Hört Alle, Dienstmann oder Mann,
Die Lehen über all dieß Land
Sollen stehn zu meiner Hand
All meine Jahr und meine Tage.«
Groß war der Jammer und die Klage
Bei aller dieser Ritterschaft;
Ihre Freude lag in Kummers Haft,
Ihr Mut, ihr Trost war ganz dahin.
»Ach,« sprachen Alle wider ihn,
»Viel besser wär uns da geschehn,
Hätten wir euch nie gesehn:
So wäre dieses Los vermieden,
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