Zu zweien, wie es sollte sein;
Und als durchs Thor die Rotte kam,
Sein helles Hörnlein Tristan nahm
Und blies darauf so schöne,
So liebliches Getöne,
Daß die Gesellen alle
Kaum erharrten bei dem Schalle
Bis sie ihm zu Hülfe kamen
Und auch ihre Hörner nahmen
Und bliesen auf dem Horne
Wie er vorblies davorne.
Vor blies er wohl zu Preise;
Sie nach in seiner Weise:
Also gieng es wie es soll;
Die Burg war des Getönes voll.
Der König und des Hofgesindes
Schar, als innen sie des Kindes
Neues Jägerlied vernahmen,
Da erschraken sie und kamen
In Sorge von dem Schalle,
Denn sie hatten es Alle
Zu Hofe nie vernommen.
Nun war die Schar gekommen
Vor des großen Saales Thür;
Viel Ingesindes hatt hinfür
Gezogen all der Hörner Schall,
Denn groß Wunder nahm sie all
Wie es so laut ertönte.
Nun war der ruhmgekrönte
Marke selbst hinausgegangen,
Der Sache Kunde zu empfangen,
Und mit ihm mancher höfsche Mann.
Als den König sah Tristan,
Er begann ihm zu gefallen:
Vor den Andern allen
Erlas sein Herz ihn aus der Schar,
Weil er von seinem Blute war;
Die Natur zog ihn dahin.
Er wandte seinen Blick auf ihn
Und begann ihn schön zu grüßen,
In fremdem Ton und süßen.
Eine andre Weise hub er an
Und blies so laut, der junge Mann,
Daß keiner der Gesellen
Sein Horn so mocht erschällen.
So lange hielt die Lust nicht an,
Der wohlgezogne Tristan
Ließ bald sein Hörnlein schweigen.
Zu dem König mit Verneigen
Sprach er jetzt aus süßem Mund,
Süß wie er es wohl verstund:
»De us sal roi et sa mehnîe.«
»Den König und die Messenîe
Erhalte Gott der Gute.«
Herr Mark der wohlgemuthe
Und all sein Ingesinde,
Die dankten dem Kinde
So höfisch und also wohl
Wie man dem Höfischen soll.
»Ah«, sprachen sie all insgemein,
Sie waren groß oder klein:
»Dê duin dûße aventüre
Si dûße creatüre.«
»Gott gebe süße Aventüre
So süßer Creatüre.«
Der König nahm des Kindes wahr,
Und zu Dem, der Jägermeister war,
Sprach er: »Sag an, wer ist dieß Kind,
Des Worte so erlesen sind?«
»Ach Herr, es ist ein Parmenois
Und ist so wundervoll curtois
Und in aller Tugend so geschickt
Wie ich noch nie ein Kind erblickt.
Er sagt, er heiße Tristan,
Sein Vater sei ein Kaufmann;
Doch kann ich es nicht glauben:
Wie mag die Zeit erlauben
Dem Kaufmann, dem unmüßigen,
Die Zeit sich abzumüßigen?
Wo nahm er wohl die Muße her,
Der mit Unmuße ringt so schwer?
Ach, Herr, er ist so tugendhaft.
Seht, diese neue Meisterschaft
Wie wir zu Hof geritten sind,
Die erlernten wir von diesem Kind.
Gar wohl ersonnen ists, denn wißt
Recht wie der Hirsch geschaffen ist,
So ward er an den Hof gebracht.
War je ein Brauch so wohl erdacht?
Seht an, zuerst die Stangen,
Dann kommt die Brust gegangen,
Dann Bug und Beine: sicher ward
Bei Hof nach schönerer Art
Nie ein Hirsch prisantet eh.
Saget selber, saht ihr je
So schöne Furkîe?
Ich vernahm von Jägerîe
Noch Künste nie gleich diesen.
Auch hat er uns gewiesen
Wie man den Hirsch entbästen soll.
Die Kunst gefällt mir so wohl,
Daß ich nimmer Hirsch noch andre Thiere
Wieder hauen will in vier Quartiere
Und sollt ich all mein Leben jagen.«
So begann er seinem Herrn zu sagen
Von Anfang an die Märe,
Wie er vollkommen wäre
In höfscher Jägerîe
Und wie er die Curîe
Bereitet für die Hunde.
Des Jägermeisters Kunde
Vernahm der König guter Dinge,
Und gebot, daß man ihn vor ihn bringe;
Den Jägern aber heim zu fahren,
Ihres Amts und ihrer Pflicht zu wahren.
Da ritten Alle bald hindann.
Der Jägermeister Tristan,
Der gab sein Hörnlein wieder
Und sprang vom Pferde nieder.
Entgegen lief dem Kinde
Das junge Hofgesinde
Und conduierts mit holdem Sinn
An den Händen vor die Krone hin.
Auch konnt er selber zierlich gehn
Und war der Leib ihm anzusehn
Wie es die Minne gebot.
Ihm war der Mund frisch rosenroth,
Licht seine Haut, die Augen klar;
Schön hellbraun war ihm sein Haar
Und gelockt am Ende;
Seine Arm und Hände
Wohlgestellt zumal und blank,
Sein Leib im rechten Maße lang;
Und was zu seiner Schönheit Scheine
Das Meiste beitrug, Arm und Beine,
So preislich standen sie und wohl
Als mans am Manne preisen soll.
Sein Gewand, das hab ich schon gesagt,
War wie es höfschem Sinn behagt
Nach seinem Leib geschnitten.
An Geberden und an Sitten
War ihm sein Recht so voll geschehn,
Daß man ihn gerne mochte sehn.
Marke sah Tristanden an,
»Freund«, sprach er, »heißest du Tristan?«
»Ja, Herr, Tristan: Dê us sal.«
»Dê us sal, bêas vassal.«
»Merzi«, sprach er, »gentil rois,
Edler König Cornwalois:
Ihr und eur Gesinde
Sollt von Gottes Kinde
Gebenedeit sein immerdar.«
Da ward ihm von der Höflingsschar
»Merzi« gerufen wunderviel.
Sie trieben nur das Eine Spiel:
»Tristan, Tristan li Parmenois
Cum est bêas et cum curtois!«
Marke sprach Tristanden an:
»Höre was du thust, Tristan.
Einer Bitte sollst du mich gewähren,
Die will ich nicht von dir entbehren.«
»Was ihr gebietet, Herre mein.«
»Du sollst mein Jägermeister sein.«
Das facht' ein groß Gelächter an.
Hinwieder sprach da Tristan:
»Herr, gebietet über mich:
Was ihr gebietet bin ich,
Euer Jäger, euer Dienstmann,
Und dien euch wie ich bestens kann.«
»Wohlan denn, Freund«, sprach Marke froh,
»Dieß ist gelobt, nun sei es so.«
Nun, Tristan, der ist heim gekommen
Unbewust, ihr habts vernommen
Und wähnte doch hier fremd zu sein.
Der unvermeinte Oheim,
Mark, der tugendliche Mann,
That gar tugendlich daran,
Wars gleich zu sehr nicht eben Noth,
Er bat zumal und gebot
All dem Hofgesinde,
Daß es dem fremden Kinde
Gut und gnädig wäre
Und ihm mit Reden Ehre
Bot und mit Geselligkeit.
Sie waren all dazu bereit
Mit willigem Muthe.
Seht, Tristan ward, der gute,
Des Königs Ingesinde so.
Der sah ihn gern und war sein froh.
Denn Ihn zog auch sein Herz dahin.
Er blickte gern und oft auf ihn,
Denn er war zu allen Zeiten
Höfisch an seiner Seiten
Und trug sich ihm zu Diensten an,
Wo er nur Gelegenheit gewann.
Wo Marke hingieng oder war,
Sah man ihn den andern immerdar;
Auch nahm ihm Marke das für gut;
Er trug ihm immer holden Muth
Und freute sich, wenn er ihn sah.
Nun geschahs am Hofe da
In den ersten acht Tagen,
Daß Marke selbst ritt mit ihm jagen,
Und viel des Hofgesindes auch,
Zu schauen seinen Jagdgebrauch
Und wahrzunehmen seiner Kunst.
Sein Jagdpferd nahm da Mark aus Gunst
Und schenkt' es ihm mit holden Sitten:
So gut war Tristan nie beritten
Gewesen; stark wars, schön und schnell.
Dazu ein Hörnlein süß und hell
Hieß er ihm geben in die Hand
Und sprach: »Tristan, dir ist bekannt,
Daß du mein Jägermeister bist.
Nun zeig uns wie dein Jagdbrauch ist:
Nimm deine Hunde, fahr hinaus
Und stelle deine Warten aus,
Wo du denkst, sie sollten stehn.«
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