Justin Steinfeld - Ein Mann liest Zeitung

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Der autobiografisch geprägte Roman «Ein Mann liest Zeitung» erzählt die Geschichte des jüdischen Kaufmanns Leonhard Glanz aus Hamburg. Im Exil in der Tschechoslowakei zur Untätigkeit verdammt, verbringt er seine Zeit in Prager Kaffeehäusern mit dem Lesen von Zeitungen. Akribisch verfolgt er das politische Geschehen in der Tagespresse, und doch kann er sein eigenes Schicksal, das ihn in die Emigration trieb, nicht begreifen. Erinnerungen an ein verlorenes Leben, Beobachtungen auf der Straße und Gedanken über das in der Zeitung Gelesene, die oft weit in die Vergangenheit weisen, verbinden sich zu einem dichten Panorama der dreißiger Jahre.
Atmosphärisch und präzise, klug und poetisch fängt Justin Steinfelds einziger Roman den Hexenkessel Europa am Vorabend des Zweiten Weltkrieges ein. Ein großer, erst posthum erschienener Exilroman, der eine unerhörte Erfahrung zur Sprache bringt, die doch so viele traf und trifft: Die Erfahrung, nirgendwo mehr dazuzugehören.

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Da war eine gewesen, mit so rotem Haar und mit braunen, großen Augen. Und mit ganz feiner Haut, wie es in Büchern geschrieben ist, wie Milch und Blut, aber auch wie Pfirsich. Und mit ganz schmalen Fesseln. Einen Gang hatte die. Als ob sie schreitet, hatte der junge Hermann Hutt gedacht. So ist das, wenn die Dichter schreiben, dass ein Mädchen schreitet.

Zwei-, dreimal hatte er sie am Sonntag getroffen und dann auch einmal in der Woche, in der Stadt. Da waren sie in ein Kino gegangen. Neben ihr sitzen, in der Theaterdunkelheit hatte er gedacht, das sei viel schöner als Tanzen und hatte den Arm ein wenig mehr zu ihr hinüber getan und sie hatte das wohl erlaubt. Das ist wie Seligkeit, hatte er gedacht. Auch ein Dichterwort, er war so poetisch in jenen Tagen. Das war an einem Mittwochabend gewesen und auf Sonntagnachmittag waren sie wieder verabredet. Lange Tage und endlose Stunden, bis zum Sonntag, die Tage und die Nächte. Und alles das. Eine ganz gewöhnliche Geschichte? Eine Allerweltsliebesgeschichte. Und vielleicht auch das, dass sie am Sonntag nicht kam. Nicht an diesem Sonntag und nicht am nächsten und nie wieder. War sie krank geworden, war sie gestorben? Nichts von alle dem. Hermann Hutt wusste, warum sie nicht gekommen war. Nach der ersten Viertelstunde vergeblichen Wartens wusste er, dass sie nie mehr kommen würde, und es war Torheit, wenn er stundenlang wartete, an allen Sonntagen. Immer an dem gleichen Tisch. Bier und scharfes Kirschwasser, dass die Kehle brannte und das Feuer nicht löschen konnte und spät in der Nacht torkelte er nach Hause.

Der Fluch war über ihm. Der Fluch. Darum hatte er keinen Freund und brütete allein an Wirtshaustischen. Darum liefen ihm die Mädeln davon. Darum hatte die ihn aufsitzen lassen. Die mit dem roten Haar. Mit den braunen Augen. Mit den Pfirsichwangen. Mit dem schreitenden Gang. Weg. Nie wieder. Ihn verworfen. Erst einen Fetzen herausgerissen aus dem Herzen und dann verworfen. Wegen des Fluchs.

War er denn kein richtiger Mensch? Schrie er denn nicht in Nächten in sich hinein, wenn er das Bild der Roten leibhaftig vor sich sah und mit heißen Händen in schwarze Leere griff? Tat es ihm denn nicht weh, dass es schon eins ihm war um Leben und Sterben? Ein Mensch, zur Liebe geboren, dass die Leidenschaft so in ihm toste? Dass er das Elend ersäufen musste, in Schnaps und Schnaps. Der Suff in ihm. Und der Fluch über ihm. Und war doch ein Mensch, war doch ein Mensch. Und war er auch tausendmal der Sohn des Henkers.

Und da ging Hermann Hutt, der Sohn des Henkers und selbst des Henkers Knecht, bestimmt, eines Tages das Henkeramt zu übernehmen, verworfen von den Menschen und verraten von der Liebe, ging hin und beschloss, ein Unmensch zu werden.

Ging zu den Dirnen, denn eines Menschen Blut war in ihm. Die fragten nicht, ob er eines ehrbaren Kaufmanns Sohn sei, oder eines Richters, oder eines Revierwachtmeisters. Die nahmen sein Geld, das war ihnen gut. Er trieb sich durch die Bordelle, betrank sich und spuckte mitten in den Bordellsalon. Ließ sich von jüngeren Huren die Geschichten ihres Lebens erzählen. Immer die gleiche Geschichte, vom Elend zu Hause und nichts mehr zu fressen und kaum noch etwas anzuziehen. Das war dahinter, das nackte Elend und garnicht das splitterfasernackte Laster. Das wurde von den besseren Herren in die Bordelle getragen.

Darum zog Hermann Hutt bald die älteren Huren vor, die schon alles gelernt hatten, und trieb mit ihnen Schweinereien und schlug die Liebe in sich tot und das Menschentum, und das rothaarige Mädchen mit all der Poesie war nur noch eine Panoptikumsfigur.

Darum sitzt er allein in seinem Zimmer, in das er keine Frau hat führen können, keine wollte des Henkers Weib sein. Das ist vielleicht auch gut so, dass der Fluch in diesem Stamm sein Ende habe. Und der Hass gegen die Frauen, die ihn verworfen hatten, war in ihn eingezogen und die Verachtung eines Geschlechts, das er nur in letzter Erbärmlichkeit kennen gelernt hatte. Er konnte mit der Welt nicht fertig werden, weil er ohne Mitleid war. Das war seine große Schuld, mochte sonst die Schuld an der Welt liegen. Ohne Mitleid mit sich und ohne Mitleid mit den anderen.

Der Sohn des Henkers, der selbst jetzt Henker war. Aber Henker, das war ein falsches Wort für diese Sache. In Deutschland schlug der Scharfrichter den Leuten die Köpfe ab.

(In der alten, freien und Hansestadt Hamburg hatte man gleich nach der französischen Revolution die Guillotine eingeführt. Das war lange Jahre das einzige gewesen, was von den Errungenschaften der französischen Revolution in Hamburg brauchbar erschien. Aber es war eine Voreiligkeit dieser seit je republikanischen Hanseaten. Das Dritte Reich hatte mit diesem welschen Tand aufgeräumt und auch in Hamburg wird jetzt vom Scharfrichter höchst persönlich wieder mit dem Beil geköpft.)

Ein Hieb mit dem Beil und ab ist der Kopf. Das muss gelernt sein. Die Hauptsache ist, gerade halten, das Beil. Ganz senkrecht im Anhieb. Den Rest macht das Beil von selber. Denn es ist sehr groß und sehr schwer, da es, um sein Gewicht zu erhöhen, innen mit Quecksilber gefüllt ist. Und es ist sehr scharf und ohne Scharte.

Starke Nerven braucht das. Falsch zu sagen, dass man den Mann nicht ansehen soll, dem man gleich den Kopf abschlagen wird. Man soll ihm ruhig ins Gesicht sehen. Das stärkt die Nerven. Lieber Freund, mich geht die Geschichte im Grunde gar nichts an. Ich bin hier nur der vollstreckende Arm der Gerechtigkeit. Dein letzter, guter Freund, denn mir kannst du vertrauen, ich werde dich korrekt und human hinrichten. Wie ich es von meinem Vater gelernt.

(Natürlich, das braucht Nerven. Aber die hat Hermann Hutt, Schlächtermeister und Scharfrichter aus Magdeburg.) Der schwarze Frack, die weiße Piquéweste mit der goldenen Uhrkette, der glatt gebügelte Cylinderhut, die blanken Schuhe mit Lackkappen und das Beil, hoch über den Kopf erhoben, einen Nerv das Ganze.

Früher, diese seltenen Hinrichtungen. Ohne inneren Gehalt. Ganz ohne Ekstase. Diese erbärmlichen Delinquenten, die anfingen zu schreien und zu toben, wenn sie des Schafotts ansichtig wurden. Die man hinaufschleppen musste, ein Bündel Angst, dass sie grünlich waren im Gesicht und so grässlich rochen vom Angstschweiß und weil sie die Hosen voll hatten. Jetzt aber ist das anders. Die Politischen. Solche Kerle. Was haben die in den Augen, wenn sie einen ansehen, dass man einfach nicht mehr da ist. Weggelöscht. Da ging einmal einer zum Richtblock. An ihm vorbei und sah ihn an. So. Dass er den gebügelten Cylinderhut vom Kopf zog, dass er dachte: Einer, der das so geht und gleich wird man ihm den Kopf abschlagen, der ist doch eine Majestät. Sowas zu denken. Es war wohl auch nur Erinnerung an alte Zeit, als er es noch mit der Poesie hatte. Ganz hinten, über allem die Rothaarige, schreitet heran. Da braucht es Nerven. Das war ein Hieb. Mitten durch die Welt. Die Rothaarige liegt mit unter dem Beil. Völlig zerspalten. (Und das Blut ist ein dicker Strom, in glitzerndem Nebel.)

(Dass es gerade in Hamburg war. Hermann Hutts Rache an der Guillotine, die ihn jahrelang geprellt hatte.) Einmal vier Männer. Hintereinander weg. Und er hatte nicht mit der Wimper gezuckt. Vier Kerle, die standen. Bis die Köpfe fielen. Köpfe rollen, sagen sie immer alle. Das ist nicht so. Sie fallen in einen Korb. Man muss nicht auf die Köpfe sehen. Man muss auf den Rumpf sehen, wie das Blut hervorschießt, so viel, so rot, so wild. Viere, hintereinander weg. Damals habe ich das Dritte Reich aus der Taufe gehoben, denkt Hermann Hutt. Er denkt das nur. Einmal hatte er es dem Sturmbannführer gesagt. Aber der hatte ihn stehen lassen, ohne ein Wort zu antworten.

Was weiß so ein Sturmbannführer? Was wissen überhaupt die Leute. Das lebt so dahin, paart sich mit Lust und mit dem Weib irgendeiner Wahl und setzt Kinder in die Welt. Was wissen die, wie einem zu Mut ist, der ein Mann wie alle, doch nie ein Weib besessen. Dem der Trieb zur Liebe zum Hass zergoren war. Was wissen davon die Leute. Was wissen sie von einem, dem die Nöte des Leibes sich nicht von der Seele trennen wollten. Einer, der anfing, Knaben anzusehen und junge Männer, so wie er Mädchen angesehen hatte, und alles lief ihm gleichermaßen davon. Alles floh den Mann von Block und Beil. Warum ihn, warum nicht die Staatsanwälte, die dergleichen fordern, warum nicht die Richter, die solche Urteile aussprechen und dann einen Ohnmachtsanfall bekommen, wenn sie bei der Vollstreckung dabei sein müssen. Was wissen sie denn davon, dass er, Hermann Hutt, der das Staatsbeil führte, gerade dann und nur dann sich Mann fühlte, wenn er tötete. Der schwarz ausgeschlagene Schafott, das war sein Brautgemach, der Richtblock war sein Brautbett und das riesige Beil in Gemeinschaft mit dem, dem der Kopf abgeschlagen wurde, das war in grässlicher Unentwirrbarkeit, die Braut. So nah verwandt, Lieben und Töten. Leben schaffen und Leben vernichten, so nah verwandt. Hatten das die Menschen aus Hermann Hutt gemacht, war dann nicht auch die Natur mit dabei? Die Hochzeitsstunde auf dem Zuchthaushof. Angetreten zum Karreé. Achtung, präsentiert das Gewehr. Die Bretter des Schafotts ragen schräg und unendlich hoch ins Firmament, der Himmel sackt hinter Mauern ab. Zwei Satansknechte werfen die Braut nieder. Es schwankt, das ist ihr das Schaukelbrett. Zwei dicke Hände mit Ringen darauf, umklammern den Stiel der Reichsaxt. Heben sie hoch empor, welch ein Schwung. Alles ist rot, dunkel und doch rot, und der blanke Stahl blitzt für einer Sekunde Bruchteil wie ein blühender Stern, ein Meteor, und fährt so nieder. Alle Kraft, alle Macht der Welt ist in diesem schmetternden Schlag. Und da schießt das Blut hervor, Blut, der Urquell, und der Mann mit dem Beil weiß nicht mehr, von wo das Blut strömt, von jenem dort oder aus seinem eigenen Leibe. Der in diesem Augenblick schrecklichste aller Menschen ist bleich geworden.

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