Wolfgang Matz - 1857

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Drei bedeutende Werke der Weltliteratur am Beginn der Moderne.
Das Jahr 1857 ist literaturgeschichtlich betrachtet von großer Bedeutung: Mit Gustave Flauberts «Madame Bovary», Charles Baudelaires «Les Fleurs du Mal» und Adalbert Stifters «Nachsommer» erscheinen drei epochale Werke der modernen europäischen Literatur. Dabei gab es unter den Zeitgenossen mit Friedrich Nietzsche vermutlich nur einen einzigen Leser, der tatsächlich alle drei Bücher kannte und sie außerordentlich schätzte.
Wolfgang Matz geht in seiner Studie der Frage nach, ob dem gleichzeitigen Erscheinen der Werke nicht doch mehr zugrunde liegt als der Zufall. Alle drei Werke zeichnen sich durch eine äußerst markante Konstellation von ästhetischen Konzepten, Schreibweisen und biographischen Wegen zur Literatur aus, die für die gesamte Moderne prägend wurde. In seiner überraschenden Studie zeigt Matz auf, wie in einem historisch entscheidenden Augenblick drei Autoren zu ihrem Werk finden und wie drei Werke auf diesen Augenblick antworten. Durch die Verschränkung von Ästhetik und Biographie wird 1857 mit diesen drei grundverschiedenen Büchern zum Schlüsseljahr der Moderne.
Durchgesehene Neuausgabe.

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Welcher Natur also war diese Krankheit? War sie einfach ein körperliches Leiden wie so viele? War sie nervös oder psychisch bedingt? War sie vielleicht gar gewollt, als willkommener Schlussstrich unter jede gewöhnliche Berufstätigkeit? Eine Antwort, die säuberlich zwischen Entweder und Oder unterscheidet, kann es – muss es aber auch nicht geben. Flauberts Krankheit ist, nicht anders als später die des Flaubert-Verehrers Franz Kafka, alles zugleich: Gewiss war sie, die lebenslang in wechselnden Abständen wiederkehrte, ein organisches Übel, ebenso gewiss aber auch die ins Physische übergreifende Weigerung, am geregelten Berufskreislauf von Produktion und Verwertung in irgendeiner Weise teilzunehmen. Und wieder-um wie bei Kafka diente sie wohl für die noch weiter gehende Weigerung, in den biologischen und familiären Kreislauf einzutreten, sprich, eine Familie zu gründen. Für Flaubert war die Krankheit vor allem dies: der biographische Punkt, an dem jeder Kompromiss mit der gehassten Gesellschaft des bürgerlichen Frankreich endete und von dem an er selbst nichts anderes war als ein Individuum, ein Schriftsteller ohne jede Bindung, die stark genug gewesen wäre, ihn abzuhalten vom Schreiben. Wie weit ihn dieser Schritt von seiner Familie und seinen Freunden entfernen wird, zeigte ihm die Schwester Caroline: Im März 1845 heiratete sie Émile Hamard, einen Schulkameraden Flauberts, und diesem entlockte die frohe Botschaft nur ein großgeschriebenes »AH«. Auch bisher schon hatte es Flaubert nur mit äußerstem Widerwillen zur Kenntnis genommen, wenn sich Weggefährten, wie billig, in der zivilen Normalität einzurichten begannen; der Briefwechsel mit Ernest Chevalier etwa ist der ausdauernde Versuch, den längst zum Verwaltungsbeamten mutierten engsten Jugendfreund wenigstens rhetorisch festzuhalten in der längst vergangenen Gemeinsamkeit von Heranwachsenden. Der Verlust der Schwester, des ihm nächststehenden Familienmitglieds, war ein ungleich härterer Schlag. Die Eltern Flaubert trafen eine kuriose Entscheidung: Auf der Hochzeitsreise, die naturgemäß nach Italien führte, sollte die gesamte Familie das junge Paar begleiten. In Flauberts Voyage en Italie wird nachzulesen sein, wie sehr ihn, der nur von Freiheit träumte, die beständige Nähe des Familientrosses enervierte. Dieser, mit all seinen Ritualen, Formalitäten und Verpflichtungen, war ihm inzwischen unerträglich. Die Reise, über Genua, Turin, Mailand und den Comer See, wurde abgebrochen, bevor man den Petersdom oder Neapel gesehen hatte. Flaubert war sogar froh über die Rückkehr »in das alte Rouen, das meinetwegen vom Feind besetzt, geplündert und gebrandschatzt werden kann, ohne dass es mich eine Träne kostet. Dort habe ich mich auf jedem Pflasterstein gelangweilt und an jeder Straßenecke gegähnt.«

Flaubert wusste, worauf er sich einließ bei seiner Lebensentscheidung: »Ich lebe allein wie ein Bär«, schrieb er im Januar 1845 an Emmanuel Vasse, mit spürbarer Sympathie für das Bärenleben. »Meine Krankheit hat immerhin den Vorteil gehabt, dass man mich tun lässt, was ich will, und das ist doch schon etwas im Leben.« Die andere Seite aber, die Isolation, wird spürbar in jenem großen Brief, den Flaubert am 7. Juni 1844 an Louis de Cormenin sandte, eine literarische Bekanntschaft aus Pariser Tagen, und in ihm spricht auch schon überdeutlich das literarische Hauptgeschäft der Jahre 1843 bis 1845: die Éducation sentimentale . »Was wollen Sie mit einem Menschen anfangen, der die Hälfte der Zeit krank ist und die andere so gelangweilt [ ennuyé ], dass er weder die Kraft hat noch den Verstand, auch nur die angenehmen und leichten Dinge zu schreiben, die ich Ihnen schicken möchte! Kennen Sie die Langeweile [ ennui ]? nicht diese gewöhnliche, banale Langeweile [ ennui ], die vom Nichtstun oder von der Krankheit kommt, sondern diese moderne Langeweile [ ennui ], die den Menschen in seinen Eingeweiden zerfrisst und aus einem intelligenten Wesen einen wandelnden Schatten macht, ein denkendes Gespenst! Ah, ich bedaure Sie, wenn Sie diese Lepra kennen! Manchmal glaubt man sich geheilt, doch eines schönen Tages erwacht man kranker als je zuvor. Sie kennen diese bunten Fensterscheiben, mit denen die pensionierten Strumpffabrikanten ihre Landhäuser schmücken. Man sieht die Landschaft in Rot, Blau, Gelb. Die Langeweile [ ennui ] ist genauso. Die schönsten Dinge nehmen, durch sie hindurch betrachtet, ihre Farbe an und spiegeln ihre Traurigkeit.« Zum ersten Mal formuliert Flaubert das Bewusstsein, dass der Lebensüberdruss seiner Epoche, der »ennui moderne«, dass die »moderne Langeweile« etwas substantiell anderes ist als »die gewöhnliche, banale«; zum ersten Mal auch bekommt das Attribut des »Modernen« seine ganz spezifische, also nicht nur chronologische Bedeutung. Schon immer gab es in Flauberts Briefen und Schriften diese zwei Konstanten: Langeweile und Bürgerhass; jetzt beginnt er beide in ihrem essentiellen Zusammenhang zu sehen, und er wird diese Sicht teilen mit den bedeutendsten Dichtern seiner Zeit.

Man wird dem Phänomen des »ennui moderne« kaum gerecht, hält man sich nicht das entscheidende Phänomen der Gesellschaftsentwicklung im Frankreich des neunzehnten Jahrhunderts vor Augen: Nur wenige Jahrzehnte nach dem Umsturz der Großen Revolution von 1789, jenem Ereignis, das nicht nur die gesamte europäische, ja, zivilisierte Mitwelt in den Fundamenten erschüttert, sondern die grundlegenden politischen Konflikte bis ans Ende des zwanzigsten vorzeichnet, nach dieser entscheidenden, säkularen Manifestation des historischen Optimismus ist das Grundgefühl einer ganzen Gesellschaft und ihrer Kultur der Ennui. Aus der Revolution entwickelt sich in der Lebenszeit nur einer einzigen Generation, über Terreur, Bonapartismus, Kaiserreich und Restauration, eine Gesellschaft, die den 89-er Impuls ganz und gar erstickt. Die rhythmische Wiederkehr von Revolutionen und Restaurationen, der Wechsel von Regierungs- und Staatsformen, die das gesamte französische Jahrhundert prägt, ist Zeichen für das, was auch aus der bedeutenden Literatur der Epoche spricht: Es gelingt der französischen Moderne nicht, die tiefe gesellschaftliche Wunde der Revolution zu heilen, der Verbürgerlichung der Gesellschaft eine adäquate politische Form zu geben und, darüber hinaus, anzuknüpfen an eine symbolische Ordnung des Politischen, wie in Revolution und Bonapartismus. Napoleons Empire leitete seine Rechtfertigung auf symbolischer Ebene ab aus dem Rückbezug auf das römische Imperium; das Frankreich der Restauration versuchte gleiches durch die inszenierte Wiederherstellung der legitimistischen Rituale der Bourbonen, mit dem Höhepunkt der Krönung und Salbung Karls X. am 29. Mai 1825 in Reims. Die Julimonarchie des Bürgerkönigs Louis-Philippe konnte sogar eine fragile symbolische, ästhetische Selbst-Apotheose nicht mehr finden. In seinem Brief an Louis de Cormenin schreibt Flaubert weiter: »Verwechseln wir nicht das Gähnen des Bürgers vor Homer mit der intensiven und fast schmerzhaften Träumerei im Herzen des Dichters, wenn er sich an den Kolossen misst und verzweifelt sagt: O altitudo! Daher bewundere ich Nero: Dieser Mann ist der Gipfel der antiken Welt!« Und nur wenig weiter: »Sprechen Sie mir nicht von den modernen Zeiten, wenn es um das Grandiose geht. Es gibt nicht so viel davon, um auch nur die Vorstellungskraft des letzten Feuilletonisten zu befriedigen.« Revolution und napoleonisches Empire waren die letzten Manifestationen dieses »Grandiosen«; der historische Katzenjammer von Restauration und Julimonarchie ist der Ennui.

Der gewaltige Fortschritt der Éducation sentimentale von 1845 zeigt sich in der genauen Analyse dieser Verhältnisse. Flaubert hat jene Phase, in der ihm Literatur, besonders die autobiographisch geprägte, unmittelbarer Ausdruck seines eigenen Fühlens und Erlebens war, hinter sich gelassen, und aus diesem Grunde liest man die Éducation auch nicht mehr im selben Verstande wie die Mémoires d’un fou und Novembre als ausschließlich autobiographischen Roman. Der Zuwachs an Objektivität zeigt sich vor allem auch literarisch: durch größere Beherrschung, bewusstere Gestaltung des Stoffs, durch die analytische Distanz den Figuren gegenüber, nicht zuletzt durch die Transponierung in die dritte Person und die Aufspaltung nur einer Hauptfigur in die beiden Freunde Henry und Jules. Flaubert gelingen zum ersten Mal Passagen von wirklicher Perfektion und Genialität: Das sechsundzwanzigste Kapitel, die Begegnung von Jules mit einem streunenden Hund, ist in seiner Dichte und Gegenwärtigkeit, in seiner latenten Bedrohung unübertrefflich. In Kapiteln dieser Art erzeugt Flaubert zum ersten Mal die vollkommene Synthese von Sprache, Bild, Bedeutung, die den großen Romancier ausmacht. Das Aug-in-Auge des Individuums mit dem Hund, unheimlich, stumm und fremd, ist aufs äußerste angespannt durch einen inneren Bedeutungsüberschuss – ohne dass dieser jedoch einfach in eine rationale Sprache zu übersetzen wäre. Hier, aber auch in einigen Szenen zwischen Henry und Madame Renaud, in der psychologischen Analyse von Henrys wachsender Leidenschaft, erreicht Flaubert tatsächlich einen Höhepunkt der Meisterschaft, der dem reifen Werk in nichts mehr nachsteht und der nicht mehr zu überbieten sein wird. Der Mangel dieser frühen Éducation sentimentale liegt an einer anderen Stelle.

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