Auch bei Umstrukturierungen kann eine Unternehmensbewertung erforderlich werden, in der Praxis kommt dies jedoch eher selten vor.
Nachfolgend soll ein Überblick über die wichtigsten Player bei M&A-Transaktionen gegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass eine trennscharfe Abgrenzung vieler Begriffe nicht möglich ist und viele Bezeichnungen in der Transaktionspraxis unterschiedlich verwendet werden.
Bei Unternehmenstransaktionen sind neben den verantwortlichen Organen praktisch sämtliche Abteilungen aller beteiligten Unternehmen mehr oder weniger intensiv involviert. Bei dem in der Praxis verbreiteten Share Deal gibt es neben der Käufergesellschaft und der Verkäufergesellschaft gerade die Zielgesellschaft (Target) als notwendige Beteiligte (selbstverständlich können auch natürliche Personen Vertragsparteien sein, dies ist aber außerhalb von Transaktionen im Mittelstand eher die Ausnahme und soll an dieser Stelle daher nicht vertieft werden). Da beim Share Deal (anders als beim Asset Deal, bei dem die Aktiva und Passiva der Zielgesellschaft direkt von der Zielgesellschaft selbst erworben werden) die Zielgesellschaft als Kaufgegenstand selbst ein Rechtssubjekt mit eigenen Rechten und Pflichten ist (und nicht nur wie andere Kaufgegenstände bloßes Objekt), unterscheidet sich ein Unternehmenskauf nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ von anderen Kaufverträgen (wie z. B. dem Kauf einer Immobilie oder eines Autos). Anders ist dies beim Asset Deal, da hier Verkäufer und Zielgesellschaft identisch sind. Anfänger übersehen diese rechtliche Verselbstständigung der Zielgesellschaft beim Share Deal manchmal, da wirtschaftlich gesehen bei einem Verkauf aller Anteile durch einen Alleingesellschafter Verkäufer und Zielgesellschaft jedenfalls zunächst eine wirtschaftliche Einheit bilden. Die Selbständigkeit der Zielgesellschaft wirkt sich aber u. a. bei Fragen der Vertraulichkeit oder der Bestellung von Sicherheiten durch die Zielgesellschaft zugunsten des Übernehmers aus. Die handelnden Vertretungsorgane der Zielgesellschaft geraten durch diese Konstruktion nicht selten in schwierige Interessenkonflikte, da die wirtschaftlichen Realitäten (eine Unternehmensgruppe) und die rechtlichen Strukturen (eigenständige Gesellschaften) voneinander abweichen und für die Organe der Zielgesellschaft ihre rechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihrer Gesellschaft maßgebend sind.
Bei internationalen Konzernen gehören M&A-Aktivitäten zum Tagesgeschäft, so dass hier die Einrichtung einer zentralen M&A-Abteilung im Konzern sinnvoll ist. Auch sollten in den Stabsabteilungen wie der Rechts- und Steuerabteilung erfahrene Experten für Unternehmenskäufe vorhanden sein. Da es aber kaum möglich ist, die erforderlichen Kapazitäten etwa für eine Due Diligence, also der Prüfung der Zielgesellschaft, vorzuhalten und ein Berater (anders als interne Einheiten) ggf. in Haftung genommen werden könnte, werden insoweit Aufgaben regelmäßig auf externe Berater übertragen (Outsourcing), so dass dann z. B. die Legal Due Diligence unter Anleitung des Leiters der Rechtsabteilung (General Counsel) oder bei größeren Rechtsabteilungen eines anderen Verantwortlichen durch externe Kanzleinen durchgeführt wird.
7.2 Die Käufer bei verschiedenen Buy-out-/Buy-in-Varianten
Wird das (Eigen-)Kapital für die Akquisition von dem Management der Zielgesellschaft aufgebracht, wird von einem Management Buy-out (MBO) gesprochen und wenn das (Eigen-)Kapital von einem externen Management bereitgestellt wird, wird dies als Management Buy-in (MBI) bezeichnet (vgl. insg. Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen § 1 Rd. 6, 14; Weitnauer in Weitnauer, MBO, A Rd. 1 f.). In eher seltenen Fällen kann auch eine Übernahme durch die Arbeitnehmer erfolgen (z. B. bei Unternehmen in der Krise), dann wird vom Employee Buy-out (EBO) gesprochen (Weitnauer in Weitnauer, MBO, A Rd. 4).
7.3 Finanzinvestoren vs. Strategen
Beim Erwerber (und damit letztlich auch bei dem künftigen Veräußerer) wird üblicherweise zwischen Strategen und Finanzinvestoren unterschieden. Strategen sind Investoren, die eine Zielgesellschaft dauerhaft in das eigene Unternehmen integrieren wollen und i. d. R. Gesellschaften erwerben, die sich auf einer horizontalen oder vertikalen Stufe der eigenen Wertschöpfungskette befinden. Finanzinvestoren ( Private Equity, PE) dagegen erwerben i. d. R. nicht-börsennotierte Gesellschaften, um sie nach einer Haltedauer von etwa drei bis sieben Jahren weiter zu veräußern oder im Idealfall an die Börse zu bringen (Exit), wobei die Eingliederung in eine Wertschöpfungskette nur im Hinblick auf etwaige weitere Gesellschaften im Portfolio des Finanzinvestors denkbar ist (umfassend zu Finanzinvestoren Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, PE). Es kann vorkommen, dass sich zwei oder mehr Finanzinvestoren bei einer Transaktion zusammenschließen, wenn ein Investment besonders groß oder risikoreich ist (Club Deal).
Auch wenn der Fokus der Finanzinvestoren verstärkt auf den Erwerb kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gerichtet ist, kommt es aber auch vor, dass Private Equity Gesellschaften börsennotierte Gesellschaften erwerben, um diese später im Wege eines Delistings (taking private) von der Börse zu nehmen. Typisch für Private Equity Investoren (wenn auch nicht auf diese beschränkt) ist auch der hohe Grad an investiertem Fremdkapital, was eine Hebelwirkung bei der Rendite verursacht, d. h. die Eigenkapitalrendite wird entsprechend gesteigert (Leveraged Buy-out, die EK-Qoute belief sich in der letzten Dekade wohl nur auf ca. 30 bis 50%, vgl. Jäckle/Strehle/Claus in Meyer-Sparenberg/Jäckle, M&A, § 49 Rd. 82 m. w. N.; eine illustrative Fallstudie für eine PE-Investition von Bettray findet sich bei Bleuel, Internationales Management, S. 81 ff.).
Zu den Finanzinvestoren mit dem größten eingeworbenen Kapital gehören insb. The Carlyle Group, Blackstone Group, KKR, Goldman Sachs, Aridan, TPG, CVC Capital Partners, Warburg Pincus, Advent International, Bain Capital (vgl. Enders, Strukturierte Finanzierungen, S. 199). Einer der legendärsten, aber am stärksten kritisierten LBOs war die Übernahme von RJR Nabisco, Inc. durch Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) im Jahre 1988, die durch das Buch von Bryan Burrough und John Helyar, zwei Journalisten des Wall Street Journals, »Barbarians at the Gate: The Fall of RJR Nabisco« und dessen gleichnamige Verfilmung auf nicht gerade schmeichelhafte Art und Weise verewigt wurde. Finanzinvestoren sind in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt aktiv (Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierung, § 1 Rd. 9).
Das Geschäftsmodell der Finanzinvestoren stammt aus den USA. Neben einer stärker kapitalmarktorientierten Ausrichtung der amerikanischen Wirtschaft und einer höheren Risikobereitschaft in der amerikanischen Unternehmenskultur dürfte ein begünstigenderer Faktor für diese Entwicklung in den USA gewesen sein, dass dort im Gegensatz zu Deutschland kein so weitreichendes staatlich organisiertes Umlageverfahren der Altersversorung (gesetzliche Rentenversicherung, sog. Generationenvertrag) existiert, sondern in den USA die Altersversorgung zusätzlich von jedem privat während der Berufstätigkeit durch Rücklagen vor allem in Pensionsfonds erfolgt (Kapitaldeckungssystem), so dass dort hohe Beträge für Investitionen zur Verfügung stehen. Hinzu kommen auch große Stiftungsvermögen (z. B. amerikanischer Universitäten), die investiert werden müssen.
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden sind Finanzinvestoren unter der vom damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering im Jahre 2005 geprägten Bezeichnung »Heuschrecken« (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heuschreckendebatte). Hintergrund der Kritik an Private Equity ist insb. der relativ kurzfristige Investitionshorizont, der über Sicherheiten der Zielgesellschaft abgesicherte hohe Grad der Fremdfinanzierung und die sehr zahlenorientierte Unternehmensführung von Finanzinvestoren, die vor allem bei der Übernahme von KMU häufig mit generationsübergreifenden Vorstellungen im deutschen Mittelstand kollidieren. Bei aller Kritik an Finanzinvestoren darf aber auch nicht übersehen werden, dass Private Equity in der Wirtschaft eine wichtige Funktion als Investor wahrnimmt, insb. wenn andere potentielle Finanzierer das Risiko scheuen. Der Gesetzgeber hat Regulierungen u. a. durch Änderungen des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) vorgenommen (vgl. Eilers/Koffka in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, PE, Einführung Rd. 14 ff. m. w. N.).
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