Tobias Fischer
Veyron Swift und der Orden der Medusa
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Inhaltsverzeichnis
Titel Tobias Fischer Veyron Swift und der Orden der Medusa Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel: Eine neue Klientin
2. Kapitel: Iulias Geschichte
3. Kapitel: Flucht aus London
4. Kapitel: Ankunft in Fabrillian
5. Kapitel: Durch Fels und Nacht
6. Kapitel: Die Jäger
7. Kapitel: Loca Inferna
8. Kapitel: Die Stadt des Lichts
9. Kapitel: Verraten und verkauft
10. Kapitel: Treffen mit Consilian
11. Kapitel: Der Augustus
12. Kapitel: Ein netter, kleiner Abend
13. Kapitel: Nächtliche Ereignisse
14. Kapitel: Verschwörung im Dunkeln
15. Kapitel: Perseus und Medusa
16. Kapitel: Anlage B
17. Kapitel: Hexen und Ratten
18. Kapitel: Die letzten Tricks
19. Kapitel: Die Rückkehr der Prinzen
20. Kapitel: Vollendung der Pläne
21. Kapitel: Ein paar lose Enden
22. Kapitel: Der Weg zurück
Impressum neobooks
1. Kapitel: Eine neue Klientin
Tom Packard bezeichnete sich dieser Tage als der glücklichste Junge ganz Londons. Er hatte eine Freundin, in die er total verliebt war. Was gab es wohl Wichtigeres und Schöneres im Leben eines Fünfzehnjährigen? Ihm fiel die Antwort leicht: nichts. Er hatte nur noch Blicke und Gedanken für Vanessa Sutton.
Große blaue Augen, langes blondes Haar, gertenschlank und genau die richtige Größe, um sie perfekt zu küssen. Sie schmeckte wunderbar, der absolute Wahnsinn!
»Ich bin schon ganz gespannt, deinen Onkel kennenzulernen«, säuselte Vanessa gerade. Sie schlurfte ein paar Schritte vor ihm auf dem Gehsteig her, die Hände in die Hosentaschen gestopft. Tom sah ihr voller Begeisterung zu. War sie nicht wunder-wunderschön, so richtig cool? Oh ja, auf dem ganzen Planeten gab es kein schöneres Mädchen.
Tom war im Lauf des letzten Jahres um einiges gewachsen, und konnte jetzt die meisten seiner Mitschüler von oben betrachten. Er war stolz, dass sich Vanessa ausgerechnet ihn als neuen Freund ausgesucht hatte. Das begehrteste Mädchen der Schule wollte nur mit ihm gehen, einem rotblonden, sommersprossenübersäten Teenager.
»Er ist nicht mein Onkel, eigentlich ist er gar nicht mit mir verwandt. Er ist mein Pate, das ist was ganz anderes«, erklärte er ihr lachend, zum wohl einhundertsten Mal. Vanessa vergaß eben schnell, aber das machte ihm nichts aus – sie sollte es ruhig wieder vergessen – so konnte er es ihr erneut erklären.
»Ist doch egal. Wie bist du überhaupt zu ihm gekommen? Ich hab gehört, er soll ein rechter Spinner sein, dein Onkel«, meinte sie, schwang sich um einen Laternenpfahl und wartete dann, bis er zu ihr aufgeschlossen hatte.
»Naja, es war nach dem Tod meiner Eltern und nachdem mich Priscilla – meine Tante – hat sitzen lassen. Sie ist einfach abgehauen, stell dir das vor! Meine Mutter hatte Veyron im Testament zu meinem Vormund bestimmt. Seitdem kümmert er sich um mich. Das war …«
Er sah sich um. Die meisten Bäume hatten schon gar kein Laub mehr, Straßen und Bürgersteig waren voll mit roten, gelben und braunen Blättern, die bei jedem Schritt raschelten. Die Sonne sandte ihr warmes, goldenes Licht auf die Erde. Oktober, es war Mitte Oktober. Das wurde ihm jetzt wieder bewusst.
»Seit letzten Sommer. Wow, das ist jetzt über ein Jahr. Kam mir gar nicht so lang vor«, stellte er fest.
Vanessa lachte. Es war das entzückendste Lachen der ganzen Welt. Tom strahlte von einem Ohr zum anderen.
»Mann, du bist ja ganz schön durch den Wind, Tommy«, sagte sie, schwang wieder um den Laternenpfahl und hakte sich unter seinen Arm. Gemeinsam schlenderten sie die Wisteria Road hinauf. Die Nachbarn, die in ihren Gärten Hecken schnitten, oder den Rasen mähten, beachteten sie nicht weiter.
»Mit Veyron ist es nicht immer einfach«, gestand Tom. Mehr konnte er nicht sagen, denn die Wahrheit war zu unglaublich, um Vanessa darin einzuweihen.
Veyron Swift arbeitete als Berater und Detektiv. Allerdings jagte er keine Ehebrecher, Trickbetrüger oder Heiratsschwindler, sondern er half seinen Klienten bei übernatürlichen Angelegenheiten. Veyron Swift kämpfte gegen freche Kobolde, blutdurstige Vampire und hin und wieder auch gegen rüpelhafte Trolle. Sogar dunkle Magier waren vor Toms Paten nicht gefeit. Das war nicht irgendeine Spinnerei, Tom hatte es selbst schon miterlebt.
Vanessa konnte er davon jedoch nichts erzählen – niemals. Nicht bevor sie es mit eigenen Augen gesehen hatte. Sie würde ihn ansonsten für einen Verrückten halten und nie wieder ein Wort mit ihm reden. Nein, Tom durfte ihre junge, wundervolle Beziehung nicht leichtfertig zerstören. Er musste sehr vorsichtig sein, wie er Vanessa seinem Patenonkel vorstellen sollte.
Veyron wusste nichts von Toms Freundin, er nahm überhaupt nur sehr wenig Anteil an Toms Privatleben. Das war zwar irgendwie locker und cool, aber andererseits auch störend. Manchmal kam sich Tom sehr einsam vor.
Natürlich waren da noch Veyrons ganze Animositäten, über die sich Tom inzwischen schon gar nicht mehr weiter beschwerte. Weder über die Tatsache, dass mitten in der Nacht plötzlich die Musik anging und dröhnend laut Paganini oder Mozart durch die ganze Nachbarschaft hallten, noch darüber, dass Veyron so gefühlskalt und unmenschlich war wie eine Maschine. Tatsächlich betrachtete sein Pate Gefühle, gleich welcher Art, als gefährliche Ablenkung für die Leistungsfähigkeit seines Gehirns – und die war beachtlich. Veyron nahm Dinge wahr, die andere niemals sahen, oder erst nach Stunden oder Tagen. Selbst die allerkleinsten Kleinigkeiten entgingen seinen Adleraugen nicht. Kein Mensch der Welt konnte schneller und präziser analysieren.
Anstatt seine besonderen Talente allerdings irgendwie nützlich zu verwenden, sei es um Kriminelle dingfest zu machen, oder wenigstens Reichtümer zu scheffeln (Geld konnte man dieser Tage immer gut gebrauchen), verschwendete Veyron seine Fähigkeit allein für seine eigenen, kauzigen Zwecke.
Der Gedanke an das, was unweigerlich auf ihn zukommen musste, dämpfte Toms Glücksgefühle schlagartig.
»Hör zu, Vanessa. Ich sollte dich vor Veyron warnen. Du hast schon recht, er ist ein wenig seltsam. Ich mach mir wirklich Sorgen um ihn«, gestand er.
Vanessa lächelte ihn mitfühlend an.
»Ja, ich kenn das. Meine Mutter tickt auch ständig wegen irgendeiner Kleinigkeit aus, und mein Dad ist ein echter Spinner, der seltsame Sachen in seiner Garage zusammenbaut«, flötete sie und brachte Tom damit wieder zum Lachen.
»Nein, nein. Mit Veyron ist das anders. Er hat einen einzigartigen Job, weißt du. Aber seit seinem letzten Fall…«
»Ist er Detektiv? Cool.«
»Eher so eine Art Berater. Sein letzter Fall war nicht der Hit, das hat ihm schwer zugesetzt. Das ganze Jahr über war er auf der Suche nach einem Neuen. Er nimmt nur ganz ausgewählte Fälle an, musst du wissen. Doch Fehlanzeige, alles Flops. Er ist praktisch schon seit Monaten arbeitslos.«
Er kam sich unendlich schlau vor, wie elegant er das umschrieben hatte. Wie sollte er ihr auch sagen, dass sich seit ihrem letzten großen Abenteuer nicht ein einziger Vampir, kein einziger Troll, ja nicht einmal ein Kobold hatte blicken lassen. Zwar wurde Veyron immer wieder von Leuten angerufen, die glaubten, Geister im Haus zu haben oder andere übernatürliche Heimsuchungen. Doch jedes Mal hatte sich die Angelegenheit bloß als die krankhafte Einbildung seiner Klienten herausgestellt. Veyron war deswegen richtig frustriert. In dieser Laune war er nahezu unerträglich für seine Mitmenschen.
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