Erich Wiedemann - Unser Mann in Timbuktu

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Unser Mann in Timbuktu: краткое содержание, описание и аннотация

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Der aufregende und sensible Werkstattbericht eines Reporters, der 32 Jahre lang den Daumen am Puls des Weltgeschehens hatte. Erich Wiedemann erzählt, wie er Kriege, Verhaftungen, rhetorische Keilereien mit Politikern und die Fährnisse des Redaktionsalltags heil überstand. Er berichtet von einem Nachtflug im Flakfeuer über Afrika, von seiner Suche nach KZ-Arzt Josef Mengele und nach dem Bernsteinzimmer, von Schurken, Helden und Heiligen. Er zeigt faszinierende Innenansichten des bedeutendsten europäischen Printmediums. Und wir erfahren von ihm auch, warum Chefredakteur Stefan Aust, der «kleine Pontifex», von der eigenen Belegschaft gefeuert wurde, obwohl er den SPIEGEL heil durch die schwerste Krise seiner Geschichte gesteuert hatte.-

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Weil die letzte Maschine nach Europa weg war und weil ich mich in einem Hotel nicht sicher gefühlt hätte, bot mir der deutsche Botschafter für die Nacht ein Bett in seiner Residenz an. Ich habe abends zum ersten Mal nach gut einer Woche wieder richtig gegessen. Es gab Leipziger Allerlei mit fetten Bratkartoffeln. Dazu wurde Sauerländer Bier in geeisten Gläsern gereicht. Es war herrlich. Ich habe zweimal Nachschlag genommen. Die Kalorien spielten keine Rolle, nachdem ich in knapp einer Woche vier Kilo verloren hatte.

Nach dem Dinner knipste der Botschafter das Licht aus. Dann zog er die Vorhänge zurück. Draußen vor dem Tor standen zwei Männer in dunklen Mänteln. »Die Herren vom Geheimdienst, die passen auf, dass Sie nicht geklaut werden«, sagte er. Herrje, was habe ich gelacht. Was wollten die Kerle denn noch?

Tags drauf auf dem Lufthansa-Flug nach Frankfurt zählte ich bange die ersten Minuten. Ich war erst beruhigt, als über der linken Flügelspitze die tunesische Insel Djerba auftauchte und ich sicher sein konnte, dass die Maschine den libyschen Luftraum verlassen hatte. Ich ließ mir einen Bourbon bringen, holte das Din-A-4-Blatt mit den Namen der US-Bundesstaaten und dem Gedicht von der Lach- und Schießgesellschaft raus und las. Aber ich las nicht lange, dann knüllte ich das Blatt zusammen und stopfte es in die Sitztasche vor mir. Ich hatte Angst vor der Erinnerung.

Nach der Rückkehr aus Libyen musste ich in der Chefredaktion rapportieren. Erich Böhme erzählte mir, wie sie mich rausgeholt haben. Zum Schluss sagte er beiläufig, ich möge die Personalabteilung anrufen und ihr sagen, sie solle mir die Tage, an denen ich im Knast gesessen und nicht gearbeitet hatte, vom Urlaub abziehen. Ich sah ihn ratlos an und wollte etwas Infantiles sagen. Als Böhme bemerkte, dass ich für frivole Scherze noch nicht wieder ganz empfänglich war, klopfte er mir jovial auf die Schulter und sagte nur: »Döskopp«.

Das dritte Knasterlebnis hatte ich 1987 in Bangkok. Diesmal allerdings nicht als Häftling. Für eine Gefängnisreportage war ich pro forma einer Hilfsgruppe der deutschen evangelischen Pfarrgemeinde in Bangkok beigetreten. Sie betreute deutsche Strafgefangene, die im Bang-Kwang-Gefängnis langjährige Haftstrafen wegen Drogenschmuggels verbüßten.

Um mich als mildtätiger Bruder zu legitimieren, hatte ich mir eine Staude Bananen auf die Schulter packen lassen. Die Häftlinge bekamen einmal im Monat Obst, weil sie unter Vitaminmangel litten.

Schon der Weg in die Schattenwelt von Bang Kwang war ein bedrückendes Erlebnis. Schlüsselklirren, Gebrüll, lautes Zuschlagen stählerner Türen. Das Gebrüll war überall, man konnte auch nicht sagen, woher es kam, weil man die brüllenden Wärter nicht sah. Meine Begleiterinnen von der Knasthilfe und ich folgten dem Kapo, der uns als Betreuer zugeteilt worden war, und nahmen vor einem geräumigen Käfig Platz.

Der erste deutsche Häftling, den sie uns vorführten, war ein hagerer, fast glatzköpfiger Junge mit einem von Verzweiflung ausgehöhlten Blick. Er war vielleicht neunzehn Jahre alt. An den Füßen hatte er Ketten, an denen schwere eiserne Gewichte hingen. Er hatte zwei Jahre hinter sich und noch achtzehn vor sich. Seine Haut war gelblich fahl und von Pickeln übersät. Leberschaden, tuschelte eine der barmherzigen Damen, die mich hier hereingeschmuggelt hatten. Er war eine gepeinigte, erniedrigte Kreatur fast ohne menschliches Antlitz.

Der Junge im Käfig erzählte stockend seine Geschichte. Eine Hure habe ihm ein Päckchen Heroin in den Koffer gesteckt und ihn dann bei der Polizei angeschwärzt. Er hätte von Anfang an keine Chance gehabt. Der Anwalt ließ ihn hängen, weil er nicht zahlen konnte. Das Gericht glaubte ihm kein Wort. Was er zu seiner Verteidigung vortrug, war die Standardgeschichte aller ertappten Drogenschmuggler.

Die ersten vier Monate bis zur Verurteilung hatten sie ihn im Untersuchungsgefängnis an die Zellenwand geschmiedet. Danach wurde er in eine Gemeinschaftszelle in Bang Kwang verlegt. Die Zustände waren animalisch, die Korruption der Wärter, der ständige Lärm, die unwürdige Hygiene. »Alles ist dreckig, überall Kot, überall Jauche.« Exkremente von 7500 Mann und keine Kläranlage.

Die Gefängnisverwaltung ließ die Jauche auf die Blumenfelder zwischen den Blocks schütten. Deshalb waren die freien Flächen zwischen den Gebäuden von Bang Kwang ein buntes Blumenmeer. So viel liebliche Natur neben so viel Grauen.

Ich bin davon überzeugt, dass es keine Schuld gibt, die eine irdische Instanz legitimiert, aus einem menschlichen Wesen einen Zombie zu machen. Kein Terrorist, kein Kindermörder, kein Nazi-Verbrecher hat das verdient.

Irrsinn stand in den Augen des Jungen, als wir gingen. Drogenschmuggel ist kein Kavaliersdelikt. Aber was bringt es der Gesellschaft, dem Verursacher das Leid, das er anderen zugefügt hat, mit dem gleichen Leid zu vergelten? Die Statistik widerlegt die These von der Abschreckungskraft solcher Quälereien. Sie können ja auch gar nicht abschrecken, weil die abzuschreckende Öffentlichkeit sie gar nicht wahrnimmt.

Damals habe ich verstanden, warum der Jurist und Schriftsteller Kurt Tucholsky in den zwanziger Jahren eine Revision der Ausbildungsrichtlinien für deutsche Richter und Staatsanwälte gefordert hatte. Sie müssten ihre Prüfungsarbeit hinter Gittern schreiben, damit sie wüssten, was sie in der Seele eines Menschen anrichteten, den sie ins Gefängnis schickten, schrieb er. Zu viel Entmündigung ist Mord an der Identität. Wer Zweifel hat, soll Walter Kempowski lesen: Im Block . 310 Seiten lang, man kann das Buch aufschlagen, wo man will, es ist überall gleich grauenhaft. Und Bangkok ist nicht besser als Bautzen. Ich bin, seit ich den Block gelesen habe, ein treuer Anhänger von Amnesty International.

Nach dem Jungen führten sie uns noch drei weitere deutsche Häftlinge vor. Der jüngste war Mitte zwanzig, der älteste Mitte dreißig. Sie saßen alle schon vier, fünf Jahre. Ihre Gesichter waren stumpf. Die Haft in Bang Kwang töte die Persönlichkeit langsam ab, sagte eine meiner Begleiterinnen. Wenn sie ganz erloschen sei, könne man das Leid leichter ertragen. Die drei Männer waren maulfaul, sie gaben kaum Antwort auf unsere Fragen. Sie nahmen die Liebesgaben, die wir mitgebracht hatten, und schlurften nach ein paar Minuten klirrend und wortlos davon.

Nein, so grausam wie die verurteilten Heroin-Kuriere in Bangkok war ich in dem tripolitanischen Betonloch nicht behandelt worden. Trotzdem brauchte ich zwei, drei Jahre, um das Trauma zu verarbeiten.

Ich sprach zu niemandem darüber, weil ich mir des selbst gestrickten Wahns bewusst war. Jedes Mal, bevor ich in einen Flieger stieg, musterte ich die anderen Passagiere auf verdächtige Äußerlichkeiten. Natürlich war immer einer dabei, der aussah wie ein Kidnapper. Jeder Flug war für mich eine Tortur. Verfolgungswahn in Reinkultur.

Ein paarmal buchte ich im letzten Moment auf eine andere Maschine um, weil ich mich verfolgt fühlte. Einmal ließ ich auf der Rückreise von Kamerun nach Hamburg in Paris-Orly die letzte Maschine fliegen und nahm mir einen Mietwagen. Morgens gegen vier kam ich dann völlig übernächtigt, aber entspannt in Jesteburg an.

Es gab ein paar Einsätze, die mich leicht das Leben hätten kosten können. Aber keiner hat mich dermaßen seelisch lädiert wie das Knasterlebnis in Tripolis. Ich habe gelernt, überlebende KZ-Insassen zu verstehen, die noch ein halbes Jahrhundert nach ihrem Martyrium von dem Selektionskapo an der Rampe träumten.

Ein Dreivierteljahr lang konnte ich nur fliegen, wenn ich vorher eine Valium genommen hatte. Irgendwann, nach drei, vier Jahren, wurden die Ängste schwächer. Dann sah es so aus, als sei es vorbei. Und irgendwann dann war alles plötzlich wieder da: die Panik, die ich durchlebt hatte, als sie mich in den Betonkubus stießen, das Radiogeplärr vor meiner Zellentür, die vollgeschissenen Klos, der ekelhafte Kerl mit dem vollgeseiberten Taschentuch. Es kommt vor, dass mir Tränen in die Augen schießen wegen eines Anlasses, der dreißig Jahre zurückliegt.

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