Er war verloren. Außerstande, etwas Vernünftiges zu sagen. Der Gedanke befiel ihn, vor ihr auf die Knie zu sinken und sie anzuflehen, nicht zu gehen. Mit ihm nach Kopenhagen zu gehen. In einen neue Zukunft. Heutzutage kam es vor, dass die Leute sich scheiden ließen.
Dann hörte er sie fragen: „Wie geht's dir, Kedde?“ Die anderen Familienmitglieder verstummten, sie wollten sich kein Wort entgehen lassen.
Er riss sich zusammen und versuchte, überzeugend zu klingen. „Großartig, danke. Sicher hast du schon gehört, dass ich wieder in Haderslev bin?“
„Ja, unglaublich, wie du im ganzen Land herumkommst“, sagte Gerda. „Ab und zu treffe ich ja Botilla und Alma, und sie sind so nett und erzählen mir alles von dir. Wie schön, dass du deine Ausbildung in Kopenhagen hinter dir und eine Stellung in Haderslev bekommen hast.“
„Ach, das ist doch nichts Besonderes. Erzähl mir von dir … Willst du nicht doch den Mantel ausziehen?“ Er spürte, wie er rot wurde.
Sie stand immer noch auf der Fußmatte an der Tür. „Nein, danke, ich habe nur einen Augenblick Zeit …“
„Geht es dir denn gut?“, fragte er dann.
Sie blickte zu Boden, bevor sie antwortete. „So kann man es sagen. Wir haben einen Sohn bekommen und wohnen ganz in der Nähe von Mama und Papa und …“ Erst jetzt bemerkte er die Wölbung unter ihrem Mantel.
„Ja, und wir sind wieder guter Hoffnung. Das Kind kommt im März“, fuhr sie fort und legte die Hand auf ihren Bauch.
Ein paar Minuten später sagte sie unruhig: „Ich muss zurück … ich wollte nur …“
„Ich begleite dich noch ein Stück“, sagte er etwas zu eilig und schlüpfte hastig in ein Paar Stiefel.
Draußen war es schon dunkel. Es schneite leicht, und schnell wurde ihm klar, dass er besser noch nach einem Schal und einer Mütze gegriffen hätte.
„Können wir vielleicht einen Umweg gehen?“, fragte er. Sie hatte sich bei ihm untergehakt, und der Gedanke, dass sich ihre Arme bald wieder loslassen würden, stimmte ihn traurig.
„Doch, schon“, antwortete sie, und sie bogen in die falsche Richtung auf die Hauptstraße ab. Schweigend gingen sie weiter. Es gab nicht viel zu sagen, lieber genossen sie die Wärme, die zwischen ihnen entstand. Die Nähe. Er hätte alles dafür gegeben, sie festzuhalten. Irgendwann sah er ein, dass er etwas sagen musste. Er würde es bereuen, wenn er es nicht tat.
„Ich vermisse dich“, bekam er mit heiserer Stimme heraus. Es klang, als seien es die ersten Worte, die er seit Tagen sprach.
Sie sagte nichts, schien über das nachzudenken, was er gesagt hatte. Er hörte ihre Atemzüge und spürte, wie sie seinen Arm drückte. Gefangen in der Magie des Augenblicks fuhr er fort: „Ich denke immer noch an dich, daran, dass wir zusammen sein sollten, dass ich damals nur zu langsam war. Dass ich dich hätte fragen sollen, ob du mich heiraten willst.“
Eine Weile blieb es still zwischen ihnen. Dann sagte Gerda leise: „Ich weiß nicht mal, ob ich ans Schicksal glaube, aber manchmal denke ich, dass etwas falsch ist.“
„Gott hatte damals zu viel zu tun.“ Christian berührte ihre Hand, die auf seinem Arm lag. „Hätte ich gewusst, dass du kommst, hätte ich dir ein Weihnachtsgeschenk mitgebracht. Ich würde dir gerne etwas schenken …“
Die Verdunkelungsvorhänge sorgten dafür, dass aus den umliegenden Häusern kein Licht auf die Straße fiel. Die Dämmerung des späten Nachmittags hatte sie eingehüllt, und er spürte, dass sie ihn nicht zurückweisen würde. Er musste es tun. Hundert Meter von ihrem Haus entfernt blieb er stehen. Sah sich nach beiden Seiten um. Die Straße lag verlassen da. Bei den meisten war sicher schon Bescherung. Er legte die Arme um sie. Zog sie an sich. Spürte den Bauch unter dem Mantel. Sie ließ es ihn tun. Er küsste sie.
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