NIKLAUS KUSTER
Franz von Assisi –
Freiheit und Geschwisterlichkeit in der Kirche
Franziskanische Akzente
Für ein gottverbundenes und engagiertes Leben
Herausgegeben von Mirjam Schambeck sf und
Helmut Schlegel ofm
Band 6
Die Suche der Menschen nach Sinn und Glück ernst nehmen und Impulse geben für ein geistliches, schöpfungsfreundliches und sozial engagiertes Leben – das ist das Anliegen der Reihe „Franziskanische Akzente“ .
In ihr zeigen Autorinnen und Autoren, wie Leben heute gelingen kann. Auf der Basis des Evangeliums und mit Blick auf die Fragen der Gegenwart legen sie Wert auf die typisch franziskanischen Akzente:
Achtung der Menschenwürde,
Bewahrung der Schöpfung,
Reform der Kirche und
gerechte Strukturen in der Gesellschaft.
In lebensnaher und zeitgerechter Sprache geben sie auf Fragen von heute ehrliche Antworten und sprechen darin Gläubige wie Andersdenkende, Skeptiker wie Fragende an.
NIKLAUS KUSTER
Freiheit und Geschwisterlichkeit in der Kirche
Herzlicher Dank geht an Clemens Wagner für die sorgfältige und kundige Zuarbeit bei den Korrekturen sowie an die Ordensgemeinschaft der Armen Franziskanerinnen von der Heiligen Familie zu Mallersdorf für die finanzielle Unterstützung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.d-nb.de› abrufbar.
© 2015 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.deUmschlag: wunderlichundweigand.de(Foto: © giorgiogalano / Fotolia.com) Satz: Hain-Team ( www.hain-team.de) Druck und Bindung: fgb · freiburger graphische betriebe ISBN 978-3-429-03781-9 (Print) 978-3-429-04791-7 (PDF) 978-3-429-06207-1 (ePub)
Einleitung
1. Einblicke: Franziskus von Assisi – Späte Gottsuche in der frühen Moderne
„Tag und Nacht ins Leben verliebt“ – Privilegierte Kindheit und Jugend
„Als ob es Gott nicht gäbe“ – Ein Leben ohne Religion?
„Niemand begleitete mein Suchen“ – Kirche präsent und nicht gefragt
„Da ist mein Herz erwacht“ – Dreifache Liebeskunst
„Unser Vater ist im Himmel“ – Welt und Gesellschaft durch-schauen
2. Durchblicke: Franziskanische Basiskirche – Eine geschwisterliche Bewegung
„Der Höchste hat mir gegeben“ – Erste Gefährten und die fraternitas
Vom Schweinestall zu Papst Innozenz III. – Subversiv und integriert in die Kirche
„Freundinnen des Heiligen Geistes“ – Klaras Frauenkirche in San Damiano
„Wenn es Gott gefällt – inshallah“ – Friedensmissionen in die Welt des Islam
„Christus zur Welt bringen“ – Glaube als Freundschaft und Mutterdienst
„novitas franciscana“ – Tradition und Innovation
„Kleine Brüder bleiben“ – Karriere nach unten – wie Christus
„Das Evangelium weggeben“ – Von der Kraft gelebten Glaubens
„Es wäre nicht die wahre Freude“ – Erfolg in Kirche und Gesellschaft
„Bis an die Grenzen der Erde“ – Die Sendung der Apostel gilt allen
„Lobgesang aller Geschöpfe“ – Universale Geschwisterlichkeit
„Willkommen, Schwester Tod“ – Vom Pilgerleben ans Ziel
3. Ausblicke: Franziskus von Rom – Kirchenreform mit vielen
„Mann der Armut“ – ungeschützt geschwisterlich
„Mann des Friedens“ – mystisch und politisch
„Bruder, der die Schöpfung liebt“ – achtsam und pilgernd auf Erden
Anmerkungen
Zum Weiterlesen
Abkürzungsverzeichnis
„Ach komm wieder, Franz von Assisi … Wir sind so bereit, uns berühren zu lassen“, schreibt Hanns Dieter Hüsch 1993 und fragt sich in seinem langen Gedicht, wie es denn wäre, wenn ein neuer Franziskus Papst würde. Viele Zeitgenossen hört der deutsche Kabarettist und Liedermacher darauf antworten: „Dann würde ich gerne wieder meine Kirchensteuer zahlen, dann sähe heute vieles anders aus.“ 1Zwanzig Jahre später scheint sich diese Hoffnung zu erfüllen: Im Frühling 2013 wird der erste Lateinamerikaner zum Bischof von Rom gewählt, nennt sich überraschend Francesco und richtet sich programmatisch an Franz von Assisi aus. Sein einfacher Lebensstil provoziert alle Freunde von Macht und Pracht in der Kirche. Sein brüderlicher Umgang mit Menschen aller Art, von Obdachlosen bis zu den Machthabern der Welt, verleiht dem Papstamt einen neuen Zauber. Und seine Botschaften an die Nationen und Religionen der Erde bewegen Menschen jeden Glaubens – und selbst eingefleischte Agnostiker und überzeugte Atheisten. Gespannt verfolgen die Weltmedien die Schritte des Franziskus von Rom – seit nunmehr zwei Jahren. Von einem „franziskanischen Frühling in der Kirche“ schreibt Italiens linksliberale Tageszeitung La Repubblica Ende 2013. Eine „franziskanische Wende“ stellt die Neue Zürcher Zeitung bereits im ersten Amtsjahr fest. Und der „Francis Effect“, „effet François“ und „Franziskus-Effekt“, den die Zeitungen in vielen Ländern und Ortskirchen nach den ersten Monaten des Pontifikats beobachten, hält an. 2
Wie kommt es, dass der „kleine arme Bruder“ (fratello Poverello) zur Leitgestalt eines Papstes wird, der mit der katholischen Kirche die weltgrößte Religionsgemeinschaft leitet? Wie kommt es, dass ein Kleinbürger aus dem italienischen Städtchen Assisi zur Hoffnungsgestalt aller Welt wird? Wie kommt es, dass ein mittelalterlicher Mensch der katholischen Kirche und der Ökumene in der Postmoderne zu einem neuen Frühling verhilft? Und welche Impulse können moderne Menschen aus der Art, wie Franziskus von Assisi Kirche erfahren und neu belebt hat, für ihre eigene Lebens- und Glaubenspraxis gewinnen? Oder anders gefragt: Wozu ermutigt der Poverello heute nicht nur den Papst in Rom, sondern einfache Menschen in den unterschiedlichsten Lebensformen, Milieus und Berufen?
Dieser Band spürt der Faszination Franziskus mit Blick auf eine lebendige Kirche nach. Er tut es in drei Schritten:
Biografische Einblicke zeigen auf, wie der Luxuskaufmann Giovanni „Francesco“ di Bernardone nach einer unreligiösen Jugend erst spät auf eine existenzielle Gottsuche geht und dabei in einer Stadt voller Kirchen und Klöster auf sich allein gestellt bleibt. Die entscheidenden Orte seines spirituellen Findens liegen außerhalb der Stadt und inspirieren Franziskus zu einer neuartigen Welt-, Menschen- und Gottesliebe. Die entstehende Bewegung atmet die Luft der beginnenden Moderne. Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit, frühbürgerliche Werte, die in Italiens Kommunen damals entdeckt und Jahrhunderte später in der Französischen Revolution politisches Programm werden, deutet Franziskus radikal aus dem Evangelium – mit Blick auf die Gesellschaft und die Kirche.
Geschichtliche Durchblicke zeigen dann auf, was die frühe franziskanische Bewegung aus Brüdern, Schwestern und Familien kirchlich kennzeichnet: Vertrauen in die persönliche Inspiration jedes Menschen, Freiheit in den „Fußspuren Jesu“, geschwisterliche Offenheit für Menschen aller Schichten und Klassen, Mut zu einer selbstbewussten Kirche von unten, Distanz zu jeder Art klerikaler Überheblichkeit, Entfaltungsfreiheit für Frauen in der Nachfolge Jesu, eine neue Sicht von Christsein ohne Grenzen, Staunen über die Kunst der Gottesliebe in anderen Religionen und sorgsame Freude an der Schönheit von Gottes Schöpfung.
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