Leonardo Boff
Franziskus aus Rom und Franz von Assisi
Leonardo Boff
Franziskus aus Rom und Franz von Assisi
Ein neuer Frühling für die Kirche
Aus dem Portugiesischen übersetzt von Bruno Kern
Butzon & Bercker
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ISBN 978-3-7666-1837-5
E-Book ISBN 978-3-7666-4228-8
E-Pub ISBN 978-3-7666-4229-5
Originalausgabe: Leonardo Boff, Francisco de Assis e Francisco de Roma. Uma nova primavera na Igreja?, Mardeieideias, Rio de Janeiro 2013
© Animus / Anima S/C Ltda., titular dos direitos autorais da obra de Leonardo Boff
Die deutsche Ausgabe wurde gegenüber dieser Originalausgabe vom Autor erweitert und aktualisiert
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Alle Rechte vorbehalten.
Umschlagfoto: © REUTERS/Giampiero Sposito
Umschlaggestaltung: Christoph M. Kemkes, Geldern
Satz: Schröder Media GbR, Dernbach
Printed in the European Union
Vorwort
Botschaft des heiligen Franziskus an die Jugendlichen heute
Meine Jugend als Partylöwe
Der Ruf, die Kirche wieder aufzubauen
Die Entdeckung des Evangeliums der Armen
Alle Kreaturen sind unsere Geschwister
In Liebe und Fürsorge der Mutter Erde zugetan
An der Seite der Armen und Unterdrückten
Das Herz verlangt sein Recht
Anders auf unserer Erde leben lernen
Die Veränderung beginnt mit euch
Bewahrt in euch die stets lebendige Flamme
Gott, der souveräne Liebhaber des Lebens, steht an unserer Seite
Franz von Assisi und Franziskus aus Rom: Berufen zum Wiederaufbau der Kirche
Was den Heiligen und den Papst miteinander verbindet
Papst Franziskus – vom Geist des Franz von Assisi inspiriert
Der Papst, der seine Rechnungen selbst bezahlt
Ein Papst, der sein Leitungsamt in Liebe ausübt
Franz von Assisi entblößt sich, um die Nacktheit des Papstes zu bedecken
Die Ökologie bei Franz von Assisi und Franziskus aus Rom
Weckt der Papst das ökologische Gewissen?
Bricht mit Papst Franziskus endlich das dritte Jahrtausend für die Kirche an?
Die „Versuchung“ des Franz von Assisi und die „Versuchung“ des Franziskus aus Rom
Radikal arm sein, um wahrhaft Bruder zu sein
Mit Papst Franziskus hielt die Dritte Welt Einzug in den Vatikan
Der Papst, die Theologie der Befreiung und die Theologie des Volkes
Papst Franziskus: ein engagierter Glaube ohne Furcht
Freiheit des Geistes und Vernunft des Herzens
Das Erbe Jesu und das Christentum bei Papst Franziskus
Papst Franziskus und die Überwindung des Heidentums in der Kirche
Was hat Papst Franziskus an Neuem gebracht?
Die Brasilienreise des Papstes und was davon bleibt
Ist die römische Kurie reformierbar?
Ein Konzil der gesamten Christenheit?
Der Papst einer Kirche, die zur spirituellen Heimat wird
Anhang
Der Sonnengesang des Franz von Assisi
Offener Brief an Papst Franziskus – Einberufung einer Versammlung zum Schutz des Lebens
Literatur
Niemals zuvor in der Geschichte hat ein Papst den Namen Franziskus gewählt. Es gab viele mit dem Namen Leo, Gregor, Benedikt, Pius usw. Doch für die Päpste früherer Zeiten wäre es, denkt man an Franz von Assisi, ein unerträglicher Widerspruch gewesen, sich selbst Franziskus zu nennen. Die Päpste lebten nämlich in Palästen, schmückten sich mit vielen Ehrentiteln, hielten alle religiöse und lange Zeit auch die weltliche Gewalt in Händen, besaßen Ländereien, befehligten Armeen und hatten Schätze und Geldvermögen angehäuft. Sie vereinten in ihrer Person das Imperium und das Sacerdotium , die weltliche und religiöse Herrschaft.
All das lehnte Franziskus für sich selbst und für seine Nachfolger ab. Alle sollten Brüder sein. Sie nannten sich Minderbrüder (fratres minores) und setzten sich damit bewusst von den maiores , den Großen, das heißt den Adeligen, den großen Feudalherren und den reichen Händlern ab. Der heilige Franziskus und seine Brüder entschieden sich für ein Leben „am Erdboden“ (in plano subsistere) , mitten unter den Armen und den von der Gesellschaft Ausgegrenzten wie zum Beispiel den Leprakranken.
Wenn ein Papst, der von der Peripherie der Welt und nicht aus der alten europäischen Christenheit kommt, zur Überraschung aller den Namen Franziskus wählt, dann will er damit allen etwas sagen: Das Signal, das er damit aussendet, lautet: Von nun an soll das Papstamt in ganz neuer Weise ausgeübt werden. Der Papst wird auf Titel und Symbole der Macht verzichten und versuchen, den Nachdruck auf eine Kirche zu legen, die vom Leben und Beispiel des heiligen Franziskus inspiriert ist: in Armut, in Einfachheit, in Demut, in Geschwisterlichkeit mit allen, auch mit den anderen Lebewesen und der Schwester und Mutter Erde selbst.
Das ist ein kühnes Vorhaben, aber es ist höchst notwendig, denn es entspricht am besten dem Erbe Jesu und den Forderungen des Evangeliums. Vor allem aber ist es die angemessene Antwort auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt, in der die Kirche in Demut und ohne jemanden auszugrenzen ihren Platz an der Seite anderer Kirchen, Religionen und spiritueller Wege finden muss.
Dieses kleine Buch will zwei außergewöhnliche Gestalten miteinander in Beziehung bringen: Franz von Assisi und Franziskus aus Rom. Man kann jetzt schon sagen, dass die römisch-katholische Kirche nicht mehr dieselbe sein wird wie zuvor. Papst Franziskus versteht sich in erster Linie als Bischof von Rom und erst dann als Papst, der die übrigen Ortskirchen in Liebe leiten will. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er den Anfang einer neuen Reihe von Päpsten bilden, die aus den jungen Kirchen Afrikas, Asiens und Lateinamerika herkommen.
Bis jetzt waren diese jungen Kirchen das Spiegelbild der europäischen Kirchen. Sie werden mit der Zeit zu Kirchen werden, die aus der eigenen Quelle schöpfen, ihren eigenen Lebensstil und ihre eigene Art, den Glauben auszudrücken, finden, die aus dem Dialog und aus der Verwurzelung in den lokalen Kulturen hervorgeht.
Übrigens leben nur 24 % der Katholiken in Europa. Die anderen, das heißt die große Mehrheit, leben in der sogenannten Dritten oder Vierten Welt. Das Christentum ist also heute eine Religion der Dritten Welt, die einst ihren Ursprung in der Ersten Welt hatte. Deshalb ist es nur allzu gerecht, dass ein Papst aus der Mitte dieser großen Mehrheit von Katholiken kommt.
Dank der Gnade des Heiligen Geistes, der die Kirche auf ihrem oftmals leidvollen Weg stets begleitet, kam schließlich ein Papst „vom Ende der Welt“, wie er selbst sagte. Allein aufgrund der Wahl seines Namens stellt er eine Hoffnung für die ganze Kirche und auch für die Welt dar.
Am 16. März 2013 gab der neue Papst in der Aula Paul VI. eine Pressekonferenz und erläuterte in aller Schlichtheit die Bedeutung des Namens Franziskus. Er sagte:
„Als die ausreichende Anzahl der Stimmen erreicht war, die mich zum Papst machen sollten, kam der brasilianische Kardinal Claudio Hummes zu mir, küsste mich auf die Wange und sagte: ,Vergiss die Armen nicht.‘ Bei der Erwähnung der Armen fiel mir sogleich Franziskus von Assisi ein. Ich dachte an die Armen und an die Kriege. Bereits während der Wahlgänge, deren Stimmenauszählung für mich ,gefährlich‘ wurde, kam mir ein Name in den Sinn: Franziskus von Assisi. Franziskus, der Mann der Armut, des Friedens, der die Schöpfung liebte und sich um sie sorgte, ein Mann, der ein Gespür für den Frieden vermittelt, ein Armer. Wie sehr wünschte ich mir eine arme Kirche, eine Kirche für die Armen!“
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