Leonardo Boff - Die Erde ist uns anvertraut

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Die Krise unseres Planeten ist Chance und Herausforderung zugleich, wenn es darum geht, das Schicksal der Menschheit neu in die Hand zu nehmen. Leonardo Boffs leidenschaftliches Plädoyer für eine neue, ökologisch geprägte Spiritualität weist den Weg hin zu einer wahrhaft solidarischen Gemeinschaft, der das Leben insgesamt anvertraut ist.

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Leonardo Boff

Die Erde ist uns anvertraut

Leonardo Boff

Die Erde ist uns anvertraut

Die Eine ökologische Spiritualität

Aus dem Portugiesischen übersetzt von Bruno Kern

Butzon & Bercker

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Gesamtprogramm von Butzon Bercker finden Sie im Internet unter - фото 1 Das Gesamtprogramm von Butzon & Bercker finden Sie im Internet unter www.bube.de

ISBN 978-3-7666-1355-4

E-BOOK ISBN 978-3-7666-4125-0

EPUB ISBN 978-3-7666-4126-7

© 2010 Butzon & Bercker GmbH, 47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de

www.religioeses-sachbuch.de

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagfoto: © Clinton Friedman – getty images

Umschlaggestaltung: Christoph Kemkes, Geldern

Satz: Schröder Media GbR, Dernbach

Druck: Bercker Graphischer Betrieb, Kevelaer

Inhalt

Einleitung: Das Prinzip Erde

Erstes Kapitel: Die Lebensgeschichte der Erde

1. Wie die Erde entstand und Gestalt gewann

2. Die Besonderheit der Erde

3. Wie die Kontinente entstanden

4. Die schönste Ausdrucksgestalt: das Leben

5. Das menschliche Leben bricht sich Bahn

6. Die große Zerstreuung und die Zivilisationen

7. Die aktuelle Phase der Erdgeschichte: die Mundialisierung

Zweites Kapitel: Die Erde als Gaia und Gemeinsames Haus

1. Die Entdeckung der Erde

2. Gaia, die neue Weise, die Erde zu sehen

3. Die Verwüstungen, denen die Erde ausgesetzt war und ist

4. „Wir sind Erde, die empfindet und liebt.“ – Was bedeutet dieser Satz?

Drittes Kapitel: Die Bedrohungen, denen Gaia ausgesetzt ist

1. Die gekreuzigte Erde

2. Warnende Stimmen

3. Das Fallbeispiel Amazonien

Viertes Kapitel: Das Ende der Gattung Mensch?

1. Die Erde wird eines Tages verschwinden

2. Bedeutet der weltweit durchgesetzte Kapitalismus Selbstmord?

3. Reale Möglichkeit des Endes der Gattung Mensch

4. Konsequenzen des Verschwindens der Menschheit

5. Wer könnte uns in der Evolution des bewussten Lebens ersetzen?

6. Wie sieht die Theologie das mögliche Ende der Gattung Mensch?

Fünftes Kapitel: Die Option für die Erde und die Dringlichkeit der Ökologie

1. Die Ökologie als Antwort auf die Krise der Erde

2. Die unterschiedlichen Dimensionen von Ökologie

a) Umweltökologie: die Gemeinschaft des Lebens

b) Politische und soziale Ökologie: nachhaltige Lebensweise

c) Mentale Ökologie: ein neues Denken und ein neues Herz

d) Integrale Ökologie: Wir gehören dem Universum an

3. Kann uns die Nanotechnologie retten?

4. Die ökologische Ethik: Sorge und Verantwortung für den Planeten

Sechstes Kapitel: Ein neues Paradigma der Zivilisation

1. Überwindung des herrschenden Paradigmas

2. Das Paradigma und seine Grundzüge

3. Die Gemeinschaft des Lebens

4. Das Universum: Ausdehnung, Selbstschöpfung und Selbstorganisation

5. Das Paradigma der Komplexität und die Logik der Gegenseitigkeit

6. Hat das Universum eine geistig-spirituelle Dimension?

7. Der Gottespunkt im Gehirn

8. Das Ganze in den Teilen und die Teile im Ganzen

Siebentes Kapitel: Planetarische Ethik und Spiritualität

1. Tragödie oder Krise und Chance?

2. Ein neues Modell der Produktion, der Verteilung und des Konsums

3. Orientierungspunkte für eine notwendige Moralität

4. Spiritualität der Erde

Achtes Kapitel: Die Erdcharta: jenseits der Entzauberung

1. Wie die Erdcharta entstand

2. Die wichtigsten Inhalte der Erdcharta

3. Verständnis, Mitgefühl und Liebe zur Erde

a) Für die Gemeinschaft des Lebens in Verständnis sorgen

b) Für die Gemeinschaft des Lebens in Mitgefühl sorgen

c) Für die Gemeinschaft des Lebens in Liebe sorgen

4. Die Erdcharta: von Neuem bezaubert

Neuntes Kapitel: Praktische Vorschläge, um Gaia zu schützen

1. Veränderungen in unserem Denken

2. Veränderungen im alltäglichen Leben

3. Veränderungen in Bezug auf die Umwelt

4. Ökologische Ratschläge des Padre Cícero Romão

5. Ökologische Prinzipien eines Meisters und Weisen

Schluss: Feier der Mutter Erde

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Prinzip Erde

Niemals zuvor wurde so viel über die Erde gesprochen wie in jüngster Zeit. Man könnte fast meinen, die Erde sei erst vor Kurzem entdeckt worden. Die Menschen haben unglaublich viele Entdeckungen gemacht: Indigene Völker, die in noch nicht erkundeten Waldgebieten verborgen lebten, neue Lebewesen, ferne Länder und ganze Kontinente … Doch die Erde selbst ist nie wirklich entdeckt worden. Es bedurfte erst der Tatsache, dass wir die Erde verließen und sie von außerhalb sahen, um sie als Erde zu entdecken, als das Gemeinsame Haus und die Weltkugel, wie sie sich vom dunklen Hintergrund des Universums abhebt.

Dies geschah in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts im Zuge der sowjetischen und nordamerikanischen Raumfahrten. Die Astronauten übermittelten uns Bilder, die man niemals zuvor gesehen hatte, und sie beschrieben sie mit bewegenden Worten. So sagten sie zum Beispiel: „Die Erde kommt einem wie ein Weihnachtsbaum vor dem dunklen Hintergrund des Universums vor“; „sie ist unbeschreiblich schön, leuchtend, blau-weiß, sie hat in meiner Hand Platz und ich kann sie mit meinem Daumen verdecken.“ (White 1987) Andere zeigten angesichts der Erde Gefühle der Ehrfurcht und Dankbarkeit, ja sie beteten sogar. Alle kehrten sie aus dem Weltall mit einer neu entfachten Liebe zum Gemeinsamen Haus, unserer guten, alten Erde, unserer Mutter, zurück.

Dieses Bild von der von außerhalb betrachteten Weltkugel wurde via Fernsehen in der ganzen Welt verbreitet und findet sich auf großen Postern in den Schulklassen. Es erweckt in uns ein Gespür für die Heiligkeit und schafft ein neues Bewusstseinsstadium. Aus der Perspektive der Astronauten, vom Weltall aus, bilden Erde und Menschheit eine Einheit. Wir leben nicht nur auf der Erde. Wir sind die Erde, die aufrecht geht, wie es der argentinische Dichter und Sänger Atahualpa Yupanqui ausdrückte (Galasso 1992, 102 und 184). Wir sind die Erde, die denkt, die Erde, die liebt, die Erde, die träumt, die Erde, die verehrt, die Erde, die sich um Andere sorgt. Wir gehören zu den vielen Söhnen und Töchtern, die die Erde hervorgebracht hat und die gemeinsam die große Gemeinschaft des Lebens bilden, angefangen von den Bakterien, den Pilzen, den Viren, den Pflanzen, den Fischen und den Tieren bis hin zu uns Menschen.

Doch in jüngster Zeit sind schwerwiegende Bedrohungen sichtbar geworden, die die Erde in ihrer Gesamtheit betreffen. Daher rührt die neuerliche Sorge um sie, denn sie ist die Vorbedingung von allem: Sie ist es, die die Existenz aller Lebewesen aufrecht erhält und allererst ermöglicht; sie ist die Grundbedingung aller unserer Vorhaben. Ohne die Erde ist nichts möglich (Hart 2006, 61 – 78). Doch die Erde ist nun erkrankt, weil sie Jahrhunderte lang die Aggression vonseiten der Gattung Mensch zu ertragen hatte – jenes Menschen, der zugleich homo sapiens (intelligent) und demens (dumm) ist. Beim Menschen handelt es sich um eine Gattung, die nur allzu oft bewiesen hat, dass sie zum Brudermord, zum Völkermord fähig ist, indem sie Menschen und ganze Ethnien ausgerottet hat, und die nun möglicherweise die Ökosysteme und das Leben vernichtet und auf tragische Weise auch die lebendige Erde selbst töten kann.

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