Wenn man sich dann mit anderen zusammen an die Verwirklichung des Öko-Habitats macht, dann wird von den zukünftigen Habitanten recht bald die Fähigkeit zur Gemeinschaftsbildung gefordert, denn hier ist man kein kleiner Angestellter einer Habitats-Projektleitung, sondern man ist selbst ein verantwortlicher Bestandteil des Habitat-Aufbaus. Ein wirkliches Öko-Habitat kann nicht von oben herab entstehen, auch wenn vielleicht manche über die noch anstehenden Schritte und Arbeiten einen besseren Überblick haben als andere und darum natürlich besser befähigt sind, die gemeinsamen Bemühungen zu koordinieren und zu kanalisieren, sondern von innen heraus und im Zusammenspiel aller, aus einem gemeinsamen Interesse und Traum heraus.
Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit ist eine der wichtigsten Pionierstugenden überhaupt, denn niemand ist in der Lage, den Aufbau ganz allein zu schultern. Gemeinsam geht jede Arbeit leichter und freudiger von der Hand. Und über der gemeinsamen Arbeit kommt man sich auch leichter näher und wächst zusammen. Gemeinsam kann man Den Traum verwirklichen und seine vielen Aspekte erforschen, und im Austausch mit anderen kann man ihn in sich lebendig halten und sogar neue Einblicke gewinnen und ihn so noch vertiefen.
Ein Öko-Habitat ist der Gegenentwurf zur vereinzelten Gegenwartsgesellschaft. Gemeinschaft, gewollte und gelebte Gemeinschaft bewusster und wirklich individualisierter Menschen, bildet eine seiner Lebensgrundlagen. Blinder Herdengehorsam ist out, Solidarität, die Bemühung um Verständnis der Bedürfnisse des Anderen und der Gemeinschaft, die Suche nach dem angemessenen und ureigensten Platz im großen Gefüge, das Wohlwollen und die Liebe zu den Mit-Habitanten und das Gefühl des Einklangs sind dagegen absolut in. Diese Bereitschaft, sich auf die anderen einzulassen, ist ein wichtiger Teil des Pioniergeistes und sollte, wenn nicht natürlicherweise in ausreichendem Maße vorhanden, erarbeitet und ausgebaut werden.
Wenn man mit anderen Menschen zusammenlebt und -arbeitet, bleibt einem die Erkenntnis nicht verborgen, dass viele von ihnen anders denken, anders handeln und andere Wertmaßstäbe haben als man selbst, wobei diese mitunter als der eigenen Seinsweise über- oder unterlegen erscheinen mögen. Jede Begegnung ist dabei eine Möglichkeit, etwas zu lernen, über andere und über sich selbst. Jede Begegnung ist eine Möglichkeit zu wachsen, neue Sichtweisen kennen zu lernen und sicher geglaubte Ansichten zu hinterfragen. Jede Begegnung ist eine Gelegenheit zu Selbsterkenntnis und Wachstum. Und wenn man sich für die Gemeinschaft öffnet, hat man viele Möglichkeiten zu wachsen und auch zum Wachstum der Gemeinschaft als Ganzes beizutragen. In der Auseinandersetzung mit Anderen, in der Begegnung, in allen Arbeitssituationen findet sich immer wieder ein Element, welches das Potenzial hat, uns wachsen zu lassen, Flexibilität zu lernen, offener und weiter zu werden und alte, verkarstete Strukturen aufzubrechen. Wenn man sich an die Verwirklichung Des Traums macht, dann macht man sich gleichzeitig an die Verwirklichung seiner selbst.
Bei der Verwirklichung eines Öko-Habitats treffen viele Träume und viele Selbstverwirklichungen aufeinander, die nicht immer vollständig übereinstimmen oder die unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Das bietet natürlich jedem die Gelegenheit, die eigenen Träume klarer herauszuarbeiten. Aber wenn all diese Träume, die in ihrem reinsten Kern wahrscheinlich alle eng miteinander verwoben sind, ungefiltert aufeinandertreffen und sich zu verwirklichen trachten, dann besteht zum einen die Gefahr der Spaltung, wenn Differenzen als unüberbrückbar wahrgenommen und akzeptiert werden, und zum anderen einer verschwommenen, nebelhaften Entwicklung des Habitats. Eine gewisse Organisationskultur und die Bereitschaft zu Gutwille und Zusammenarbeit vermögen diese Tendenzen zwar etwas auszugleichen, aber eine wirkliche Gemeinschaft braucht etwas mehr; sie benötigt einen Kondensationskeim, eine subtile Struktur, einen Mittelpunkt, von dem aus sie wachsen kann.
Ein Mittelpunkt der Habitatsbildung ist Der Traum, das Ideal eines jeden Aspiranten. An diesem Traum kondensiert sozusagen das Öko-Habitat. Es ist nicht so, dass zuerst der Grundstein gelegt wird und sich daraus dann alles entwickelt. Zuallererst ist da Der Traum, der immer konkreter wird und dann über Planungen, Kontakte und Landkäufe immer mehr Substanz bekommt, immer materieller wird. Es ist der Geist, die Idee, das Ideal, das der Verwirklichung vorausgeht, das den Mittelpunkt bildet.
Aber dieser Mittelpunkt reicht nicht aus, um Chaos und scheinbar widerstreitende Tendenzen in Zaum zu halten. Die Habitatsidee verbindet zwar Interessen, aber nicht unmittelbar die Menschen und nicht die Seelen. Es werden natürlich vielfältige Freundschafts- und Liebesbande entstehen, aber für eine wirkliche Gemeinschaft, die das Öko-Habitat zum blühenden Leben erweckt und zur Fortschrittskraft werden lässt, fehlt ein kraftvoller Mittelpunkt, etwas, das die Menschen verbindet, ein Ideal, das sich nicht auf Umweltschutz und gute Nachbarschaft beschränkt, sondern über die Idee der Öko-Habitate noch hinausweist.
Die Öko-Habitate sind notwendig geworden, weil das Leben auf der Erde immer mehr in die Irre geht. Die Kräfte und Interessen der Menschen streben auseinander. Gemeinschaften, kommunale wie globale, verlieren durch Betonung von Ego-Interessen und Tunnelblick-Mentalität ihren Zusammenhalt. Das Leben auf der Erde war allenfalls lokal und zeitlich begrenzt von Ganzheitlichkeit geprägt gewesen, aber seit vielen Jahren stellt es zunehmend jede Rücksichtnahme auf unterbewusstes und dumpf wahrgenommenes Unwohlsein hintan. Die Gegenbewegung, die ihre Präsenz ab und an schüchtern erkennen lässt, setzt auf das Schlagwort der Ganzheitlichkeit, doch bemüht sie sich bislang vor allem um einzelne Aspekte und Auswüchse und unterliegt ansonsten der gleichen Krankheit von Nicht-Zusammenarbeit, Egozentrik und Tunnelblick.
Die Öko-Habitate sind, wenn man sie in ihrem Potenzial richtig versteht, nicht in erster Linie das Mittel gegen diese alte Mentalität, sondern vor allem eine beispielgebende und letztendlich mitreißende Kraft des Wandels, welche die Menschen und Kräfte vereint, die diesen umfassenden Wandel suchen. Deshalb werden die Öko-Habitate ihre Bemühungen nicht auf die physischen Wachstumsprozesse des Habitat-Aufbaus beschränken, sondern tiefer schürfen. Ein wirkliches, gut funktionierendes Öko-Habitat ist eine Welt für sich. Es ist ein Muster-Planet, auf dem im Wesentlichen alle Funktionen des großen, idealen Gemeinwesens Erde abgebildet sind, so wie es sein könnte. Es wird, auch in seinen Beziehungen zu den anderen Habitaten, ein Beispiel dafür sein, wie die Erde funktionieren und erblühen könnte, und das ist auch eine seiner wichtigsten Funktionen.
Darum wird im Mittelpunkt der Öko-Habitate nicht in erster Linie der Umweltschutz, die Energieeinsparung oder die Hilfe für bedrohte Arten stehen, sondern der Mensch. Das Heilmittel für diesen Planeten ist entweder die Ausrottung des Menschen oder sein Erblühen. Mit seinem Erblühen werden sich die übrigen Probleme dann fast automatisch lösen.
Die Öko-Habitate sind also vor allem ein Feld zur Entwicklung des wahren Menschseins, eine Stätte der Entfaltung eines wirklichen Humanismus und der Erforschung des Bewusstseins oder des bewussten Seins. Bemühungen dazu gab es schon immer. In den unbewussten Anfangszeiten der Menschheit haben sich die Religionen um die Herausarbeitung des wahrhaft Menschlichen im Menschen verdient gemacht, aber mittlerweile sind ihre dogmatisch-politischen Strukturen, Engstirnigkeit und der Ballast der Jahrtausende, den die Religionen mitschleppen, meist mehr Hindernis als Hilfe. Parallel dazu bildeten sich schwach-konfessionelle Gruppen, die im Geheimen die Natur des Menschen und des Universums erforschten. Außerdem entstand auch der Yoga, eine Wissenschaft, die sich unabhängig von den Religionen ganz dem Menschen und seinen verschiedenen Aspekten widmete. Ein zeitgemäßeres, weniger geheimnisvolles Wort für die Zusammenfassung aller Yogawege ist die Bewusstseinsforschung, die gewissermaßen für ein moderneres Konzept des Yogagedankens steht.
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