Die Wirtschaft ist eine der Grundlagen, auf denen das Funktionieren unserer Gesellschaft aufgebaut ist, und diese Grundlage hat sich von ihrer Verankerung in unserem Lebensganzen gelöst und wirkt nur noch für sich selbst, folgt nur noch ihren eigenen Impulsen und vernachlässigt ihre eigentliche Aufgabe massiv, was unsere Welt immer näher dem Abgrund zutreibt. Das einstige Hilfsmittel ist außer Kontrolle geraten und macht das Gegenteil dessen, wofür es eigentlich da wäre. Die Wirtschaft krankt an mehreren Gebrechen, die zu erkennen und zu heilen sie selbst nicht in der Lage und willens ist. Um die Situation effizient zu bereinigen, ist ein Drei-Stufen-Plan nötig. Plan A zeigt einige Maßnahmen auf, deren Durchsetzung die augenblickliche Lage zumindest zeitweise entschärfen und so den drohenden Kollaps abwenden könnte. Aber dieser Zeitgewinn ist nur ein erster Schritt. Auf der zweiten Stufe muss man sich mit dem Kapitalismus auseinandersetzen und beginnen, ihn zugunsten einer Wirtschaftsweise, die das Gemeinwohl auf dem gesamten Planeten in den Mittelpunkt stellt, abzubauen, zumindest aber das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines drastischen Wandels wecken. Das Fernziel ist eine Gesellschaft, in der Wirtschaft nicht synonym mit Profit ist, sondern mit Zusammenarbeit, Liebe und einem globalen Ressourcenmanagement, das auf Geld als Regulierungsmittel zur Gänze verzichten kann. Auch wenn dieses Ziel noch in ferner Zukunft liegt, muss man es schon jetzt ins Auge fassen und in kleinem Maßstab verwirklichen, wenn man es jemals erreichen möchte.
Anand Buchwald
2016
ISBN (print) 978-3-86710-160-8
ISBN (epub) 978-3-86710-161-5
ISBN (mobi) 978-3-86710-162-2
Copyright 2016 Mirapuri-Verlag, Gauting
Gesamtherstellung: Miraprint Offsetdruck, Gauting
1. Die Entwicklung der Wirtschaft 1. Kapitel
2. Die drei Schwächen der Wirtschaft 2. Kapitel
3. Möglichkeiten des Wandels: Plan A 3. Kapitel
Virtueller Handel
Transaktionssteuer
Entschleunigung
Kreditwesen
Lobbyismus
Vermögen und Verdienst
Kastenbildung und Waffenhandel
Kartellrecht
4. Möglichkeiten des Wandels
Gemeinwohl
Ökologischer und anthropogener Fußabdruck
Grundversorgung
Berufswelt
5. Möglichkeiten des Wandels: Plan C
6. Eines Tages ... (Erzählung)
7. Die Berufswelt in Öko-Habitaten
Verlagshinweis
1. Kapitel
Die Entwicklung der Wirtschaft
„Geld“, so sagt der Philosoph und Bewusstseinsforscher Sri Aurobindo in einem Brief an einen seiner Schüler, „gehört zusammen mit Macht und Sex zu den universalen Kräften, die in ihrer irdischen Umsetzung am stärksten entstellt sind und die uns davon abhalten, uns voll zu entfalten und so zu unserer wahren Menschlichkeit und Göttlichkeit zu finden, die für eine Gesellschaft nötig sind, in der die Menschen in Frieden, Liebe und Einklang miteinander leben können.“ In der mittlerweile traditionellen Auffassung von Spiritualität gab es darum das Ideal, diese Drei in ihrem Ausdruck zu vermeiden, was nur möglich war, indem man zu einem unbedeutenden und sexuell enthaltsamen Bettler wurde. Von dieser Lösung hält Sri Aurobindo aber gar nichts, sondern sagt, dass das Geld eine Aufgabe in unserem Leben und für die Entwicklung unserer Gesellschaft hat, und dass der Schlüssel dafür nicht in einer Zurückweisung liegt, sondern darin, mit dem Geld richtig umzugehen und es richtig einzusetzen, also so im Bewusstsein zu wachsen, dass man nicht zu seinem Sklaven wird, sondern es zum Wohle des größeren Ganzen einsetzen kann.
In unsere gegenwärtige Gesellschaft übersetzt, bedeutet Macht in ihrer Entstellung Politik. Die wenigsten Menschen wenden sich der Politik zu, um die Entwicklung der menschlichen Einheit zu fördern und die Grundlagen für die menschliche Entfaltung zu verbessern, sondern um Macht in irgendeiner ihrer vielen offenen oder versteckten Formen auszuüben und ihr Ego weiter anschwellen zu lassen. Richtige Politik, also richtiger Einsatz von Macht, bedeutet, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen und ein globales Bewusstsein zu entwickeln, das sich frei von Vorurteilen, von einseitigen und religiösen Dogmen und überkommenen Wertvorstellungen dafür einsetzt, dass die Menschheit mehr zusammenwächst, sich individuell wie global in allen Bereichen des Lebens, also körperlich, vital, geistig, seelisch und spirituell entfalten kann, und dass die Ideale der Französischen Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – keine leeren Worthülsen mehr sind, sondern gelebte Wirklichkeit werden.
Die Sexualität ist nicht nur in unserer heutigen Zeit, sondern seit jeher vor allem ein Ausdruck von Selbstbefriedigung und Macht. Ihre Entstellung, ihre Tabuisierung, Verteufelung und Marginalisierung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie einen ungeheuren Einfluss auf unser Leben und den Charakter unserer Gesellschaft hat. Man sieht das zum Beispiel in der intimen Verquickung von Sex, Geld und Macht, etwa wenn die Prediger und Gründer von geld- und machtgeilen Megachurches beim Verrat ihrer lauthals verkündeten Prinzipien, also beim – bevorzugt schwulen – Fremdgehen erwischt werden, oder wenn reiche Politiker über Sexaffären stürzen. Die Sexualität ist eine Urkraft und ihr Ausdruck darf ebenso wenig wie der Ausdruck der Macht sich selbst, also dem Ego, überlassen werden, sondern muss eine Entwicklung und Kultivierung erfahren, die ihren verborgenen Schatz ans Licht bringt. Aufgabe der Sexualität ist es, die Menschen einander näher zu bringen, dem Partner und danach sich selbst Freude zu spenden, den Menschen beziehungsfähig zu machen und den Boden für Freundschaft, Liebe und Einheit zu bereiten, die aber erst mit dem Hervortreten der Seele zur Blüte gelangen.
Geld ist der Dritte im Bunde. Seine entstellte Form nennt sich Kapitalismus, und es existiert gegenwärtig nur noch um seiner selbst willen und gilt darum als ein Wert an sich. Der eigentliche Sinn des Geldes liegt aber darin, die Entfaltung der menschlichen Kultur zu ermöglichen und den Güteraustausch zu vereinfachen. Es wurde nicht entwickelt, um angehäuft zu werden und die Menschheit zu spalten und eine Mehrheit zu Sklaven einer Minderheit zu machen.
Der Umgang mit Geld, Macht und Sex ist zur Zeit sehr unbewusst, extrem kurzsichtig und ziemlich egoistisch und steuert deswegen unnachgiebig auf die totale Katastrophe zu. Diese drei Begriffe stehen symbolisch für drei interagierende Schlüsselbereiche im menschlichen Dasein, die in Ordnung gebracht werden müssen, wenn unsere Spezies überleben und darüber hinaus auch noch erblühen will. Die Sexualität steht für das Miteinander der Menschen, für unsere Gesellschaft und Kultur. Wenn wir diesen Bereich in Ordnung bringen, wird eine Kultur entstehen, in der die Menschen aufeinander zugehen, offenherzig und liebevoll sind und zusammenarbeiten. Die Macht steht für die Politik, die Regelung des Miteinanders der Menschen. Wenn wir diesen Bereich in Ordnung bringen, erhalten die Menschen ein Maximum an Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten, und die Klüfte zwischen Gesellschaft und Politik und zwischen den Nationen werden sich auflösen, so dass die Politik ein lebendiger Teil der Gesellschaft wird, die Nationen zusammenwachsen und der Mensch sich nicht mehr nur als Individuum, sondern auch als Teil einer geeinten Menschheitsfamilie sieht. Das Geld steht für die Wirtschaft, also für die Regelung der Güterverteilung. Wenn wir diesen Bereich in Ordnung bringen und den derzeit grassierenden Raubtierkapitalismus gründlich überwinden und Vernunft und Liebe unser Handeln leiten lassen, dann werden Wissenschaften und Künste und Technologien zu einer neuen Blüte finden und die Lebensumstände der ganzen Menschheit verbessern, wir werden das Ende von Hunger und Elend sehen und das Ende der immer noch rasant fortschreitenden Umweltzerstörung.
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