Inhaltsverzeichnis
Atalan Atalan [no image in epub file]
Die Ankunft
Vision
Kippstadt
Die Kneipe
Galdauer Land
Kachler
Auf ins Ungewisse
Neuer Kamerad
Erster Kontakt
Orkusritt
Ein Hinweis
Offenlegung
Der zweite Teil der Botschaft
Im Galopp
Die große Frage
Erntekommando
Arndthausen
Über die Grenze
Nachtlicht
Die Teefrau
Eingeholt
Das Geheimnis
Die Nachbarin
Urlich
Flucht
Am Ziel
Im Lichte der Zeit
Ins Mittelland
Flussabwärts
Wassermeditation
Abgefangen
Reiter
Das Leben danach
Geschwister
Die Gemeinschaft des Waldes
Neubeginn
Ausblicke
Rückblick
Geschichten aus Nian
Atalan
Paul M. Belt
Atalan
© Copyright 2019 Hunter Verlag
Verlagsauflage 1
Lektorat: Cornelia Schrudde, Kreuztal
Grafische Innengestaltung: Marion Marchewka
Umschlaggestaltung: Hunter Verlag
Satz & Layout: Hunter Verlag
Verlag: Hunter Verlag, Kiel, Deliusstr.
Printed in Germany
ISBN: 978-3-947086-58-0
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Die Reihe:
»Geschichten aus Nian«
Band 1:
Lindenreiter
Band 2:
Landwandlerin
Band 3:
Atalan
Band 4:
Erzbrenner
Band 5:
Der Keysor
Band 6:
Selinqua Baruka
Band 7:
Licht
Allen Kleinen und Großen,
Kämpfern und Träumern
sowie allen Wesen,
die ihren inneren Reichtum kennen
oder erkennen wollen
Nicht nur der Schreiber i st ein Kün st ler.
Beim Lesen malt jedermann Bilder in seiner Vor st ellung,
die schöner sein können als Gemälde aus Farbe.
Beide, Leser und Schrift schaffer ,
haben in gleicher Weise am Werk teil.
(Dila Jalobak, Erste Wandlerin und Märensammlerin aus Bursiga)
[no image in epub file]
Vorwort
„Unsere Gesellschaft basiert auf dem Versuch des Verstandes, die Angst vor Pein und dem Verschwinden der Existenz zu überwinden. Dies ist aber nicht möglich, da diese Angst aus ebendemselben entspringt, denn er vergeht zusammen mit dem Körper. Abhilfe schafft nur, hinter die Illusion der Knappheit, des Mangels zu blicken, sich seines innewohnenden Reichtums bewusst zu werden. Anders kann keine Gesellschaft bestehen.“
(K. N. Murthy, atalanischer Philosoph aus Feste des Lichts, 512 n.Z.)
Gelangweilt saß der Fischer am Pier, schwang seine Angel und schaute hinaus aufs Meer. Gähnend langsam tröpfelte die Zeit dahin, das Knurren seines Magens wurde allmählich unerträglich. Während er auf einen anbeißenden Fisch wartete, ließ er seine Gedanken schweifen. Einst hatten hier prachtvolle Schiffe gelegen, die Waren aus aller Welt herbeigebracht hatten. Reichtümer waren aus vielen Ländern hereingeströmt, und „Feste des Lichts“, wie die Stadt einst genannt worden war, war das Zentrum atalanischer Kultur gewesen. Nun aber war alles verfallen. Keine goldenen Abzeichen prangten mehr an den Piers der verschiedenen Hafenbecken, die prachtvollen Wachttürme an den Flanken des Seehafens waren bereits seit Jahrzehnten eingestürzt.
Verächtlich spuckte der Fischer ins Wasser. Was für eine Ironie! In Hülle und Fülle war das Leben einst mit Musikdarbietungen, poetischen Lesungen und Theatervorführungen durch die Stadt geschwappt. Eitel Sonnenschein hätte es bleiben können, doch dann hatte es begonnen. Was genau, hatte wohl niemand so richtig verstanden, nur als es fortgeschritten war, waren nach und nach die fröhlichen Klänge verschwunden. Mehr und mehr andere Mieter waren in die bunt geschmückten Kunstläden und Ausstellungsgebäude am Hafenkai gekommen, innerhalb weniger Jahre hatten sich hier eine Spelunke an die andere und ein Vergnügungslokal an das nächste gereiht. Man hatte immer mehr für benötigte Dinge bezahlen müssen, denn „von nichts kommt nichts“, so war bereits kleinen Kindern erzählt worden. Weniger und weniger hatte man für seine Yoros, die Währung dieser Zeit, bekommen. Und nun saß er hier im Hafen von Kippstadt, wie sie nun genannt wurde, und war dazu gezwungen, im einstigen Zentrum der Kultur und des Reichtums sein kärgliches Mahl aus dem Meer zu ziehen, wie es vor Tausenden von Jahren schon seine Vorfahren getan hatten.
Erneut warf er seine Angel aus und verfolgte, wie der Köder mit dem Haken und dem Schwimmer in hohem Bogen weit hinaus ins ehemalige Hafenbecken flog. Langsam senkte er sich hinab und landete platschend auf dem Wasser. Gerade wollte der Fischer seine Augen abwenden, als er plötzlich stutzte.
Etwas kam über das Meer. Klein, wackelig und behelfsmäßig aus dünnen Stämmen zusammengezimmert trieb es auf der Wasseroberfläche, die trotz des leichten Windes wie üblich kaum Wellen schlug. Ein kleines Segel, kaum einen Meter hoch, an einem kurzen, notdürftig befestigten Mast war der einzige Antrieb dieses winzigen Floßes. Und darauf saß ein einzelner, in eine verschlissene Kampfuniform gehüllter Mann.
Der Fischer erhob sich, kniff die Augen zusammen und musterte das Floß, bis es ein wenig näher an den ehemaligen Pier herangetrieben war. Dann fing er an zu lachen. Er lachte dermaßen, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und fast vom Pier gefallen wäre. Er lachte ein lautes, höhnisches, schadenfrohes Lachen, welches weithin hörbar von den Kaimauern widerhallte. Als er sich einige Zeit später wieder gefangen hatte, stieß er spöttisch und mit lauter Stimme hervor: „So also sieht der Stolz der siegreichen Armee von Urgalan aus! Darf ich mich vor Ihnen verneigen, Heerführer?“
Der Krieger auf dem Floß indes sah den Fischer an und verzog keine Miene. Das ging ja schneller als erwartet. Das, genau das war die Ursache für ziemlich alles, was er in seinem Leben erlebt hatte, bevor seine letzte Fahrt abrupt geendet hatte.
Читать дальше