Christian Voss
Geschichten aus Friedstatt Band 1: Glutherz
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christian Voss Geschichten aus Friedstatt Band 1: Glutherz Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Eine Stadt, mein Herz – in deinen engen Gassen fühl ich mich beschützt. Sie ist voller Leben, voller Ungeduld. Mal schön, mal hässlich, doch immer fair. In ihrer unbeschnittenen Freiheit jung und stockbesoffen. Die Nacht umarmt mich und führt meinen scheuen Blick ins Dunkel des Vergnügens. Jauchzen könnt ich vor Staunen und Glück, in dieser Stadt zu leben. Auf alten Beinen steht sie – doch jung in den Hüften und gnädig im Kopf. Fehler sind ihr Reichtum, Makel ihr Gesetz.
Kapitel 1 Freiheit am Horizont
Kapitel 2 Heimliche Liebschaften
Kapitel 3 Zwergenauftrag
Kapitel 4 Tod auf Zeit
Kapitel 5 Transporte Vivan Klusch
Kapitel 6 Vielfarben - Die Rache des Magiers
Kapitel 7 Dungeon Tagebuch
Kapitel 8 Die Nacht der Diebe
Kapitel 9 Foltersalz
Kapitel 10 Der Schönheitswettbewerb
Kapitel 11 Eine Karte fällt vom Himmel
Kapitel 12 Der Trommler
Kapitel 13 Hurenglück
Kapitel 14 Reisefrust
Kapitel 15 Das mechanische Herz
Kapitel 16 Glutherz
Kapitel 17 Leere Särge
Kapitel 18 Triebe und Tod
Kapitel 19 Gefahr von unten
Kapitel 20 Lebenszeichen
Kapitel 21 Licht ins Dunkel
Kapitel 22 Tag des Blutes
Kapitel 23 Ein verschwundenes Schwert
Kapitel 24 Hoffnung und Verrat
Impressum neobooks
Eine Stadt, mein Herz – in deinen engen Gassen fühl ich mich beschützt. Sie ist voller Leben, voller Ungeduld. Mal schön, mal hässlich, doch immer fair. In ihrer unbeschnittenen Freiheit jung und stockbesoffen. Die Nacht umarmt mich und führt meinen scheuen Blick ins Dunkel des Vergnügens. Jauchzen könnt ich vor Staunen und Glück, in dieser Stadt zu leben. Auf alten Beinen steht sie – doch jung in den Hüften und gnädig im Kopf.
Fehler sind ihr Reichtum, Makel ihr Gesetz.
Kapitel 1 Freiheit am Horizont
Umdrehen erübrigte sich, dieser scharfe Gestank war mir bekannt. Tareg Wölfe, größer als ihre nahen Verwandten im Süden. Schneller und wesentlich hungriger. Ich stelle mich vor: Ich bin Bagatosh von Minzerath – einst die Klinge der Gilde, gefürchteter Assassine der Schattenländer – jetzt nunmehr – ein Gejagter, ein Gesetzloser ohne Bleibe, ohne Hab und Gut, gewissermaßen, ein Obdachloser auf der Flucht. Wie es dazu kam, werdet ihr fragen? Nun – ich wuchs in der Gilde von Minzerath auf. Lernte dort mein Handwerk von der Pike an – zu meinem Leidwesen erwuchs mir ein außergewöhnliches Talent, wie vielen Anderen auch – das Talent des lautlosen Tötens – es wurde im Unterricht stetig gefördert, doch ich entwickelte diese Fähigkeit zur höchsten Präzision. Die Obmänner der Gilde wurden hellhörig – und schlau wie sie waren, wussten sie meine Talente gewinnbringend einzusetzen.
Schon sehr früh tötete ich: heimlich, still und leise, die unliebsame Prominenz der Schattenlande, natürlich nur diejenigen, die sich im Sinne der Gilde nicht sehr diplomatisch zeigten. Zum Beispiel: Säumige Zahler, die ein Schutzgeld einfach nicht akzeptieren wollten. Ihre späte Erkenntnis über Sinn und Zweck dieser heimlichen Aktionen nahmen sie, schweigsam geworden, mit in die kalte Grube. Nutzlos waren ihre gestammelten Ausflüchte, der schwarze Stahl durchtrennte die Venen und ließ ihre erbärmliche Existenz augenblicklich enden, irgendwo mit dem Gesicht im Matsch, oder mit dem leblosen Kopf auf wachsbeschmierten Tischen einer namenlosen Taverne – ihr Tod war immer gnädig, schnell und unvorhergesehen über sie gekommen.
Hastig sah ich mich um. Ein Hecheln und hungriges Knurren folgten mir. Ich sah die sattgrünen Sträucher, sie nickten und wippten. Es war an der Zeit einen Unterschlupf zu finden. Hier gab es überall kleine Mulden und Gruben, Schächte und Tunnel. Zwerge waren hier einst auf der Suche nach Tonixadern tief in den Berg eingedrungen. Diese Erzvorkommen waren längst erschöpft, doch ein Netzwerk aus begehbaren Tunneln blieb zurück. Tonix galt als der härteste Stahl, kam aber schnell aus der Mode, da er sich als ein wirksames Kontaktgift entpuppte, in den Händen der Menschen, an die der Großteil der Vorkommen verkauft wurde.
Die Wanderer mieden diese Unterschlüpfe, da sich dort üblicherweise, viel wildes Getier einrichtete. Schon so mancher Wanderer verlor seinen Kopf, wenn irgendein Wildwuchs des Nachts über sie herfiel oder eine Hexe ihnen die Knochen bei lebendigem Leibe herausschnitt.
Ich bin natürlich schlauer, bewaffnet und mit einer Laterne ausgestattet, die mir zwar bei jedem Schritt, unangenehm in die Seite schlägt – doch es ist stets besser etwas Licht zu haben, statt im Dunkeln zu tapsen.
Diese Jagd dauert jetzt schon drei Tage und es wird Zeit zu ruhen. Nebenbei: nicht nur die Wölfe jagten mich, auch ehemalige Mitstreiter der Gilde. Barweh und Gittamehr waren tot. Obmänner – beide gegeißelt mit einem krankhaften Ehrgeiz. Sie konkurrierten um die Macht, kein Mittel schien ihnen ehrenrührig. Doch eines Nachts geschah etwas, was ich einfach nicht mehr ignorieren konnte. Beide beauftragten mich, jeweils den anderen zu töten. Glaubt mir – ich steckte in einer sprichwörtlichen Zwickmühle. Für den Moment verhielt es sich, wie mit einem glühenden Stück Stahl, das unfreiwillig zwischen Hammer und Amboss geriet. Wie sollte ich mich unbeschadet aus der Affäre ziehen?
Schnell lief ich den Abhang hinunter, ich passierte eine Höhle. Aushub aus Kies und Felsgestein rauschte lebhaft zwischen meinen Füßen den Berg hinab. Da war er, ein größerer Zugang. Gutsichtbar gähnte dieser Schlund unter mir. Mein banger Blick wanderte hinauf: Die Wölfe waren noch nicht auszumachen. Nebel sickerte hinab und nahm mir die restliche Sicht.
Damals entschloss ich mich sowohl Barweh als auch Gittamehr zu töten. Der Hydra beide Köpfe abzuschlagen. Der Plan schien elegant, doch nur für den Moment. Leider gab es Mitwisser und die neideten mir die leitende Position, die mir, im Falle des Ablebens der beiden Obmänner, zuviele. Und so wurde der einst elitäre Bagatosh zu einem steckbrieflich gesuchten Meuchelmörder, einem Gezeichneten. Jeder durfte mich fortan jagen und, im Falle meines Todes, das horrende Kopfgeld kassieren. Die Höhle schien groß genug. Ich nahm den Beutel mit den Glimmwürmern. Drei zählte ich. Ich rieb einen an meinem Hosenbein. Der fingerdicke Wurm begann leicht zu flackern. Ich setzte ihn behutsam in die Laterne und schloss sie vorsichtig – diese Tiere waren hochsensibel. Einen Moment würde es dauern und der Glimmwurm würde gleißend hell leuchten. Die Höhle reichte weit in den Fels hinein, das konnte ich bereits von hier gut ausmachen. Der Gang senkte sich. Es roch würzig nach Moos und feuchter Erde. Gespannt hielt ich inne und horchte. Ein vielkehliges Heulen wurde laut. Die Wölfe schienen meine Fährte verloren zu haben. Ich bin von Natur aus sehr vorsichtig, doch manchmal packt mich die Neugierde. Viele Geschichten hatte ich über diese Zwergenhöhlen gehört. Bei einem Humpen Süßwein oder bei einem guten Braten, überall in den Tavernen von Schattenland: Desto mieser die Spelunke und unmusikalischer die Barden, umso mehr waren sie geneigt, ihre Geschichten mit allerlei – angeblich versteckten – Artefakten auszuschmücken. Wenn man schon mal hier war, konnte ich mich auch voll und ganz der Höhle widmen. Der Gang war abschüssig, doch alles in einem gemessenen Niveau.
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