All diese Erwägungen zeigen, dass ein Bewusstsein für den Schutz von Knowhow für die Gründung sehr wichtig ist. So sorgen Sie vielleicht dafür, dass Ihr »Erfolgsrezept« ähnlich der Rezeptur der beliebten Zuckerlimonade zukünftig ein eigenes Mysterium wird.
Das Geheimnis – Schweigen ist Geld
Wie bereits ausgeführt, basiert das Knowhow-Recht auf dem faktischen Zustand der Geheimhaltung. Bevor man sich jetzt aber direkt mit den Besonderheiten von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen befasst, ist es sinnvoll, sich anzuschauen, was ein Geheimnis eigentlich ist und wo es einem, gerade im rechtlichen Kontext, noch begegnet.
Geheimnisse sind das Ergebnis der Verschwiegenheit über Informationen oder – technischer – eine bewusst herbeigeführte Restriktion von Informationen, sodass Dritte von der Kenntnis der Information ausgeschlossen sind.
Geheimnisse begegnen einem in vielfältiger begrifflicher Gestalt, zum Beispiel:
Geheimhaltung
Vertraulichkeit
Verschwiegenheit
Eine allgemeingültige rechtliche Definition des Begriffes »Geheimnis« existiert aber nicht.
Das Knowhow-Recht schützt nicht die Information. Es wird der Zustand des Geheimseins geschützt.
Einmal öffentlich bekannt gewordene Informationen können nicht wieder vom rechtlichen Geheimnisschutz profitieren!
So vielfältig, wie die Informationen und Wissen sind, die als Geheimnis geschützt werden können, so unterschiedlich sind die zugrunde liegenden Motive:
Wettbewerbsvorteile
Vertraulichkeit als Voraussetzung für Kommunikation (zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungsarbeit, ärztliche Behandlung, Anwaltsbesuch, Beichte)
Auch die Rechtsordnung erkennt die Notwendigkeit von Geheimnissen an. Sie werden an einigen Stellen erwähnt:
Anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 43 Abs. 2 BRAO)
Amtsgeheimnis (§ 30 VwVfG)
Steuergeheimnis (§ 30 AO)
Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG)
Für die Gründung Ihres Unternehmens nehmen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eine besondere Bedeutung ein.
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – The hidden treasures of your company
Die rechtlichen Vorgaben für Geschäftsgeheimnisse wurden erst kürzlich aktualisiert. Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) ist am 26.04.2019 in Kraft getreten und hat die europäische Trade-Secret-Richtlinie (EU) 2016/943 umgesetzt. Ziel dieser Regelungen ist es, Geschäftsgeheimnisse vor unerlaubter Erlangung, Nutzung und Offenlegung zu schützen (§ 1 Abs. 1 GeschGehG).
Zuvor existierten Regelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insb. in §§ 17 ff. UWG. Bei der Befassung mit der Thematik ist daher Obacht geboten, da die gesetzliche Neuregelung Veränderungen in der Rechtslage mit sich gebracht hat und ältere Formulare und Musterverträge vielleicht noch nicht angepasst worden sind.
Lassen Sie sich insbesondere von der damaligen Differenzierung zwischen Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, die Sie in älteren Texten noch finden, nicht verwirren. Diese hat keine rechtliche Bedeutung mehr. Das Betriebsgeheimnis bezieht sich auf technische Informationen, das Geschäftsgeheimnis umfasst kaufmännische Informationen. Das Gesetz nennt aber nur den Begriff des Geschäftsgeheimnisses und erfasst damit sämtliche Informationen.
Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses – Mehr, als man denkt
Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses wird in § 2 Nr. 1 GeschGehG definiert.
Damit man von einem Geschäftsgeheimnis reden kann, müssen im Wesentlichen vier Merkmale erfüllt sein:
1 Information, die weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich ist
2 Wirtschaftlicher Wert der Information
3 Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen
4 Berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung
Was verbirgt sich nun aber hinter diesen Erfordernissen?
Informationen – Be careful what you say …
Die geschützte Information darf weder allgemein bekannt sein noch darf sie ohne Weiteres erlangt werden können.
Die Information muss dabei nicht auf einem Datenträger oder Medium, zum Beispiel Papier, festgehalten sein, auch wenn das der Realität in vielen Fällen entsprechen dürfte. Auch eine rein mündlich gegebene Information wird vom GeschGehG erfasst.
Allgemein bekannt – Die Welt und der Verkehrskreis
Die Information, die als Geschäftsgeheimnis behandelt werden soll, darf weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile bekannt sein (§ 2 Nr. 1 Buchst. a) GeschGehG). Keine Probleme ergeben sich daher, wenn die Information insgesamt geheim ist.
Darunter fallen zum Beispiel vollkommen neue Herstellungsprozesse oder Rezepturen, die komplett neu entwickelt wurden, ohne auf Bestehendem aufzubauen.
Oftmals sind Teile der Information aber bereits bekannt, zum Beispiel bei Optimierungsprozessen oder Veränderungen bestehender Rezepte. Hier mag das grundlegende Verfahren oder die Ausgangsrezeptur zwar bekannt sein, aber die individuelle Abänderung fällt unter § 2 Nr. 1 Buchst. a) GeschGehG.
Dies kann sogar so weit gehen, dass eine Datenbank, die ausschließlich öffentlich zugängliche Daten enthält, vom GeschGehG erfasst sein kann. Die schützenswerte Geheimnisqualität liegt in der Strukturierung der Daten (BGH, Urteil v. 23.02.2012 – I ZR 136/10), jedenfalls, wenn der Strukturierungsaufwand nicht vollkommen vernachlässigbar ist.
Der Geheimnischarakter bleibt im Rechtssinne bestehen, wenn die Information einem ausgewählten Personenkreis gegenüber offenbart wird und dieser ebenfalls zur Geheimhaltung verpflichtet ist.
Wenn Sie in einer Finanzierungsrunde mit Investoren Ihr Knowhow vorstellen und alle Anwesenden eine Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA, dazu in diesem Kapitel den kommenden Abschnitt »Vertraulichkeitsvereinbarungen – A pact of silence« ) unterschreiben, ist nicht von einer allgemeinen Bekanntheit der Information auszugehen.
Anders in folgenden Fällen:
Bei einer Veröffentlichung auf einer Website oder einer einschlägigen Fachpublikation würde der Schutz entfallen.
Eine im In- oder Ausland vorgenommene Schutzrechtsanmeldung sorgt ebenfalls für die allgemeine Bekanntheit der Information.
Bei der Beurteilung, ob die Information allgemein bekannt ist, stellt sich unweigerlich die Folgefrage, aus wem diese Allgemeinheit besteht. Es geht hierbei nicht um die Gesamtbevölkerung, sondern lediglich um die einschlägigen Verkehrskreise , also diejenigen, für die die Information interessant sein könnte. Wie die Verkehrskreise zu bestimmen sind, ist eine Frage des Einzelfalls und lässt sich nicht pauschal beantworten.
Keine Erlangung ohne Hürden – Don’t make it too easy …
Der Schutz des GeschGehG entfällt nicht nur dann, wenn die Information allgemein bekannt ist, sondern auch, wenn Kenntnis ohne Weiteres erlangt werden kann. Das heißt, die subjektive Entscheidung des Unternehmers, etwas als Geschäftsgeheimnis behandelt wissen zu wollen, ist regelmäßig nicht ausreichend, um diesen Schutz herbeizuführen.
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