Was passiert, wenn Sie Opfer einer Verletzungshandlung werden? Wie schon angeführt, kann es im Einzelfall eine Straftat darstellen. Daneben gibt es Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung (§ 6 GeschGehG). Ferner besteht ein Anspruch auf Vernichtung , Herausgabe , Rückruf , Entfernung und Rücknahme vom Markt des verletzenden Produkts (§ 7 GeschGehG). Und Sie haben gegenüber dem Rechtsverletzer gemäß § 8 Abs. 1 GeschGehG außerdem Auskunftsansprüche. Diese Ansprüche sind (nur) ausgeschlossen, wenn ihre Geltendmachung im Einzelfall unverhältnismäßig sein sollte (§ 9 GeschGehG).
Der unbefugte Verwender des Geschäftsgeheimnisses kann, sofern er weder fahrlässig (also unter Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt) noch vorsätzlich (mit Wissen und Wollen) gehandelt hat, Ihren Anspruch gemäß §§ 6 f. GeschGehG mit einer Abfindung in Geld befriedigen (§ 11 GeschGehG).
Neben diesen Ansprüchen besteht eine Haftung des Rechtsverletzers (§ 10 GeschGehG). Dies bedeutet einen Schadenersatzanspruch, der bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verstoß gegen das GeschGehG entsteht. § 10 Abs. 3 GeschGehG erlaubt die Geltendmachung von immateriellem Schadensersatz.
Man kann daher nur davon abraten, Knowhow einfach zu kopieren, aber auch anmerken, dass das Knowhow Ihres Startups den bestmöglichen Schutz erfährt.
Besonderheiten bei der Durchsetzung von Ansprüchen – Nur der Richter weiß Bescheid
Die gerade beschriebenen Ansprüche müssen notfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Eine öffentliche Gerichtsverhandlung würde aber den Charakter eines Geschäftsgeheimnisses zerstören, sodass bei Verfahren nach dem GeschGehG (sogenannte Geschäftsgeheimnisstreitsachen , § 16 GeschGehG) eine Geheimhaltungsmöglichkeit besteht. Allerdings muss dies im Vorfeld beantragt werden!
Vertraulichkeitsvereinbarungen – A pact of silence
Ein schon öfter erwähnter Punkt im Rahmen des Schutzes von Knowhow sind Vertraulichkeitsvereinbarungen (sogenannte Non-Disclosure Agreements , kurz NDAs ). Diese stellen eine regelmäßig notwendigerweise zu ergreifende vertragliche Schutzmaßnahme dar, um den Charakter von Geschäftsgeheimnissen zu erhalten.
Bei der Zusammenarbeit mit Dritten wird es oft schon vor dem Abschluss des eigentlichen Hauptvertrags zu einem Austausch von geheimhaltungsbedürftigen Informationen kommen. Daher bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung darüber, wie mit derartigen Informationen während der Verhandlung, der Zusammenarbeit und darüber hinaus umgegangen werden soll.
NDAs sollten regelmäßig früh innerhalb der Verhandlungen abgeschlossen werden! In jedem Fall müssen sie vor Weitergabe der geheimhaltungsbedürftigen Information unterschrieben sein. In der Praxis sind sie oft das erste Dokument, das innerhalb der Vertragsanbahnung unterzeichnet wird.
NDAs können beide Parteien verpflichten, die Geheimnisse des jeweils anderen zu wahren. Sie können aber auch nur einseitig verpflichtend formuliert sein.
Bei gemeinsamen, kooperationsgetriebenen Projekten verpflichten sich beide Vertragsparteien zu gegenseitiger Vertraulichkeit der geteilten Information. Gewähren Sie einem anderen Unternehmen Zugang zu Teilen Ihrer Infrastruktur, weil dieses Sie beliefert oder Ähnliches, werden Sie diesen Vertragspartner regelmäßig einseitig verpflichten.
In der Praxis der Startup-Finanzierungsszene ist es für einige Investoren ein No-Go, dass Gründer NDAs verlangen. Allerdings muss hier differenziert werden: Es ist nicht so sehr eine Abneigung gegen die vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarung, sondern zumeist der Zeitpunkt, zu dem sie gefordert wird. Es wird eine nicht unerhebliche vertragliche Bindung gefordert, ohne dass der Investor weiß, ob das Ganze nicht am Ende nur kostbare Zeit verschwendet hat.
Hier bietet es sich an, die ersten Berührungen mit Investoren (Pitches, Pitch-Deck und so weiter) möglichst frei von geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu halten, im weiteren Verlauf aber durchaus auf ein NDA zu bestehen. Hiermit zeigen Sie, dass Sie eine vernünftige und rechtlich sichere Strategie zum Knowhow-Management verfolgen. Und immer daran denken: Natürlich macht auch der Ton die Musik.
Aufbau und Inhalt – Was muss rein?
Das NDA dient der Konkretisierung der bestehenden Geheimhaltungspflichten und modifiziert diese, so weit es geht. Wie gestaltet man solch ein NDA?
Hierzu gibt es zahlreiche Hilfen im Internet in Form von Mustern, Leitfäden oder Beiträgen. Allgemein ist aber zu empfehlen, bei solchen Fragen einen Besuch beim Anwalt nicht zu scheuen, da dieser eine maßgeschneiderte Lösung entwerfen kann.
Als kleine Hilfe mag die folgende Checkliste dienen:
Wer ist Vertragspartner? Benennen Sie den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses und den Empfänger.
Warum schließen wir dieses NDA? Setzen Sie Ihrem NDA eine Präambel voran, in der Sie den Hintergrund und Zweck des Informationstauschs darlegen. Hierdurch sorgen Sie dafür, dass im Streitfall ermittelt werden kann, welche Informationen unter die Vereinbarung fallen. Der Empfänger ist sich durch einen solchen Passus außerdem von Beginn an der Vertraulichkeit der mitgeteilten Information bewusst. Diese Regelung führt auch dazu, dass Geheimnisse, die keine Geschäftsgeheimnisse i.S.d. GeschGehG sind, weil zum Beispiel die Geheimhaltungsmaßnahmen nicht ausreichen, von der vertraglichen Vertraulichkeitsvereinbarung erfasst werden können.
Benennen Sie die vertraulichen Informationen möglichst genau und beschreiben Sie sie so konkret wie möglich. Eine derartige Auflistung sollte aber keinen abschließenden Charakter haben! Also: Es sollte Raum bestehen, dass weitere zukünftige Informationen von der Vereinbarung mit umfasst sind. Stark abzuraten ist von einem »global approach« in der Gestalt, dass einfach alles für vertraulich erklärt wird. Hieraus ergeben sich für die Vertragsparteien massive Probleme bei der Umsetzung des Vertrages. Darüber hinaus dürfte dieser Ansatz in Verbindung mit einer üblichen Vertragsstrafe (dazu sogleich) an gesetzliche Grenzen stoßen.
Erlegen Sie dem Empfänger Geheimhaltungsmaßnahmen auf. Verlangen Sie konkretes Handeln und sorgen Sie dafür, dass ein ähnliches Schutzniveau erreicht wird, wie es Ihr eigenes Knowhow-Management gewährt.
Machen Sie sich klar, wie die Rechtslage sich darstellt und welche Änderungen Sie mit Blick auf das Vertragsverhältnis vornehmen wollen. Wie im Abschnitt »Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – The hidden treasures of your company« unter »Erlaubte Handlungen – I can’t do much but I can still do that« dargestellt, ist zum Beispiel das Reverse Engineering gesetzlich erlaubt. Diese Erlaubnis hindert Sie aber nicht daran, Ihrem konkreten Vertragspartner dieses vertraglich zu untersagen.
Nehmen Sie eine Sanktion in das NDA auf. Als praxisübliches Mittel hat sich hier die Vertragsstrafe herausgebildet. Eine solche Vertragsstrafe ist aus praktischer Sicht eigentlich zwingend (hierzu der Unterabschnitt im Anschluss »Die Vertragsstrafe – That will cost you« ).
Die Vertraulichkeitsvereinbarung sollte außerdem Aussagen zum anwendbaren Recht und zum Gerichtsstand (also welches Gericht im Streitfall angerufen wird) enthalten. Dieser kann im B2B-Bereich grundsätzlich frei bestimmt werden. Allerdings hat das GeschGehG hier die Zuständigkeit novelliert und ausschließlich bei den Landgerichten angesiedelt. Die einzelnen Bundesländer können außerdem Spezialkammern bilden. Daher ist bei der Wahl eines Gerichtsstands entsprechend zu berücksichtigen, dass sich das zuständige Gericht unter Umständen nicht am Sitzort oder auch nur in der Nähe befindet.
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