Die Segelyacht BREAKPOINT
Bootstyp, Baujahr |
Reinke 13M, 1999 |
Werft, Konstrukteur |
Benjamins in Emden, Kurt Reinke |
Rumpfmaterial |
Aluminium |
Länge über Alles |
14 m |
Breite |
3,70 m |
Gewicht |
16 t (voll beladen) |
Tiefgang, Kielform |
1,55 m, asymmetrische Twinkiele |
Rigg |
Sluptakelung mit Kutterstag und optionalem Babystag |
Segelgarderobe |
Groß, Genua, Fock, Sturmfock, Blister |
Ruderanlage |
Radsteuerung, voller Skeg, elektrohydraulischer Autopilot, Windsteueranlage (bis Französisch-Polynesien) |
Maschine |
Mercedes, 88 PS, 1000-Liter-Dieseltank |
Stromversorgung |
2 Lichtmaschinen mit 55 A bzw. 90 A, Ersatzgenerator mit 2 kW, 1 Solarpaneel à 120 W, 2 Solarpaneele à 35 W, Windgenerator, 2 AGM-Batterien à 200 Ah |
Wasserversorgung |
450-Liter-Wassertank, Wassermacher |
Kommunikation |
UKW-Seefunk, Kurzwellen-Seefunk mit Pactor-Modem (Provider: Winlink), Iridium-Satellitentelefon |
Navigation |
AIS (Sender/Empfänger), Kartenplotter, Radar, Papierseekarten |
Ankergeschirr |
32-kg-Niro-Bügelanker (80 m Edelstahlkette), verzinkter 28-kg-Bügelanker, Klappanker aus Aluminium als Reserve, elektrische Ankerwinsch mit 1500 W |
Beiboot |
3,10-m-Beiboot, 15-PS-Außenbordmotor |
Sonstiges |
Dieselheizung |
Martin Finkbeiner mit SY IVALU, September 2010 bis August 2013, Kiel–Kiel, 38.101 Seemeilen, 1054 Tage
2 Junge, komm heil wieder
Frei und weg: der 25-jährige Martin Finkbeiner und seine Weltumsegelung mit Hindernis und Hilfsprojekt
Der Kampf um Leben und Tod findet weit draußen auf dem Ozean statt, mit einem Sieger, der festzustehen scheint. Doch noch zappelt die riesige Makrele, zieht und zerrt, macht ihrem Kontrahenten das Leben schwer. Kurz bevor zwei starke Hände sie über die Bordwand hieven können, ruckt es ein letztes Mal heftig und sie verschwindet im tiefen Blau der See.
Also kein frisches Fischfilet zur Feier des Tages. Grund zur Freude hat Martin Finkbeiner dennoch an diesem Novembertag: Es ist sein 28. Geburtstag, es sind noch 2000 Meilen bis Südafrika und der Indische Ozean liegt bald achteraus. Nicht mehr lange, bis Martin die Welt im Kielwasser haben wird und im Online-Logbuch steht: »Wir haben es überprüft: Die Erde ist wirklich rund.«
Martin Finkbeiner aus einem beschaulichen Ort bei München weiß früh, was er nach der Schule einmal machen möchte: »Egal was es ist, Hauptsache irgendwas mit segeln.« Der Virus packt den sportlichen Schüler auf dem Ammersee und dem nahen Mittelmeer, wo die Eltern immer mal wieder ein Schiff chartern, schließlich ein eigenes kaufen. Martin beginnt eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann in einer Segelschule, arbeitet gleichzeitig als Segellehrer. Erst am Bodensee, später in Kiel für eine Firma, die Events auf ehemaligen America’s Cuppern anbietet. Damit könnte die Geschichte des jungen Mannes, der »etwas mit segeln« machen wollte, erfolgreich erzählt sein. Hätte der damals 23 Jahre alte Martin nicht bereits alle Klassiker der Segelliteratur verschlungen und in den Zeilen von Erdmanns »Tausend Tage Robinson« etwas entdeckt, das ihn mit aller Macht hinauszog. Robinson, das wäre auch er gern tausend Tage lang mal. Am liebsten sofort.
»Ich wollte nicht warten, bis ich in Rente bin«, lacht der Segelenthusiast. Das Geld für eine kleine gebrauchte Yacht hat er gespart, doch zum Kauf kommt es nicht. »Als meine Eltern merkten, wie entschlossen ich war, meinten sie: ›Junge, komm heil wieder, dann kannst du unsere IVALU für zwei Jahre haben.‹« Es ist der Schlüsselmoment, loszusegeln.
Martin legt seinen Job als mittlerweile selbstständiger Skipper auf Eis und kratzt die Ersparnisse zusammen. Von Sponsoren oder zahlenden Gästen will der junge Mann sich nicht abhängig machen. »Ich wollte einfach weg und frei sein.« Ein Freund wird ihn jedoch begleiten; Johannes, der zwar kein erfahrener Segler ist, aber genauso begeisterungsfähig.
Weihnachten feiert die Crew auf hoher See, spielt »Schneeflöckchen, Weißröckchen« auf der Mundharmonika, bei 30 Grad im Schatten.
Am 15. September 2010 werfen der 25-jährige Martin und der 24-jährige Johannes in Kiel die Leinen los. Zwei Jahre soll die Reise dauern, entlang der Barfußroute um die Welt. Jahre später wird Martin sagen: »Es hat Wochen gedauert, bis ich wirklich kapiert habe, was los ist.«
Junge Crew mit altem Antrieb
Als Martin und Johannes nach 2600 Meilen auf den Kanaren ankommen, hat sich Bordroutine eingestellt. Sie haben sich an Wachwechsel, den Sternenhimmel und an das, was sich wie die große Freiheit anfühlt, gewöhnt. In beständigem Passatwind segelt IVALU im Dezember 2010 über den Atlantik. Weihnachten feiert die Crew auf hoher See, spielt »Schneeflöckchen, Weißröckchen« auf der Mundharmonika, bei 30 Grad im Schatten.
In der Karibik ergänzt Martins Schwester Barbara, 24 Jahre alt, das Herrenduo zum munteren Trio. Sie hat unbezahlten Urlaub, um bis Fidschi an Bord zu bleiben. Weitere Freunde wollen später dazustoßen. Die IVALU-Crew macht Anstalten, das Durchschnittsalter der Weltumsegler rekordverdächtig zu senken.
Alles könnte perfekt sein, wäre da nicht ein Problem mit dem einen Ausrüstungsteil, das Segler zwar vermeintlich nicht brauchen, ohne das sie aber dennoch meist aufgeschmissen sind: der Motor. IVALUS alter Diesel streikt ständig. Für die Passage des Panamakanals scheint er sich noch einmal zusammenzureißen und stirbt dann, kaum dass sich die Schleusentore zum Pazifik wieder geschlossen haben, endgültig. Niemand kann helfen, niemand weiß Rat.
Eine defekte Maschine ist jedoch nichts, was jemanden wie Martin, der von Computern und Smartphones so viel hält wie Fische von Anglern, lange aufhalten würde. »Wir wollen nach wie vor eine Weltumsegelung, keine Weltummotorung machen« , steht später im Logbuch. Ohne funktionierenden Motor geht es zu den Galapagosinseln, um Blaufußtölpel, Meeresechsen und Riesenschildkröten zu sehen.
Es bleibt nichts anderes übrig, als den Anker zu kappen und das Weite zu suchen.
Dort fällt Martin eine Entscheidung, die nur wenige Weltumsegler treffen: nach Süden abzuknicken, zur Osterinsel. Dem einsamen Flecken im Südostpazifik, der eher auf der Route der Kap Hoorniers als auf dem Weg der Barfußsegler liegt. Martin zieht er mit der rätselhaften Vergangenheit seiner weltberühmten Steinstatuen an. Nicht minder spannend, nicht minder abgelegen: Pitcairn, die Insel, auf der die Nachfahren der BOUNTY-Meuterer noch heute leben. Isoliert, ohne Flughafen und Hafen, mit nur einem unwirtlichen Ankerplatz. Für IVALU wird er zum Hexenkessel: An der rauen Küste steigen Brecher ins Cockpit, alle Versuche, den Anker zu bergen, misslingen. Es bleibt nichts anderes übrig, als ihn zu kappen und das Weite zu suchen. Nächster Halt: die Gambierinseln im Südosten Französisch-Polynesiens. Hier vereiteln Tage später starker Wind, starke Strömung und der fehlende Motor das erfolgreiche Anlanden ganz und gar. Nach acht Stunden gescheiterter Versuche dreht IVALU ab, Kurs Tahiti.
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