Der Wiedereinstieg ins Berufsleben fällt beiden leicht. Erst nach gut einem Jahr, voll angekommen im Alltagstrott, merkt Tatjana, wie heftig das Fernweh in ihr brodelt. Sie will wieder raus, Tom sowieso. Doch noch bis Januar 2013 steht BREAKPOINT an Land. Leer, nackt und irgendwie wartend. »Wir waren nicht segeln, gar nichts. Wir mussten die Reisekasse auffüllen!« Es ist die Aussicht auf die nächste große Reise, die beide erneut zu eisernem Sparen motiviert und den Landkoller erträglich macht. Eine Abfindung für Tom, dessen Abteilung schließt, wird letztendlich der Grundstein für ein komplettes Refit der BREAKPOINT. Denn ihre Eigner wollen in noch dickeres Eis vordringen, auf noch einsameren Routen segeln.
Erst nach gut einem Jahr, voll angekommen im Alltagstrott, merkt Tatjana, wie heftig das Fernweh in ihr brodelt.
Im April 2016 sind Tom Witt und Tatjana Hartmann mit ihrer BREAKPOINT wieder aufgebrochen. Über Skagen, Island und Grönland nach Alaska. Amerika haben sie diesmal, anders als auf der Weltumseglung, an Backbord liegen lassen und sich durch die Nordwestpassage getastet. Vor ihnen liegt Kanada, der Pazifik, vielleicht Neuseeland. Ein Heilmittel gegen den Segelvirus vermissen sie nicht mehr: Das Ende ist nun wirklich offen.
Nachgehakt: Tatjanas und Toms …
… Tipps für Weltumsegler
• Nicht alles ernst nehmen, was gesagt wird. Zum Beispiel, dass es auf der Barfußroute keine Stürme gibt.
• Prepare for the worst and hope for the best. Unser Credo war Redundanz bei allen wichtigen Systemen wie GPS, Funk, Steuerung, Stromerzeugung.
• Konservendosen probieren, bevor man sie für Monate bunkert!
… wichtigste Bücher an Bord
• »Patagonia & Tierra del Fuego – Nautical Guide« von Mariolina Rolfo und Giorgio Ardrizzi. Ist einfach, gut und stimmt 100-prozentig.
• Revierführer wie der »Reeds Nautical Almanach«.
• Ein E-Book-Reader.
… spontane Antworten
Nordsee oder Ostsee? Ostsee: klares Wasser, lieblicher, keine Gezeiten.
Atlantik oder Pazifik? Pazifik. Ist unendlich vielseitig.
Hafen oder Ankern? Ankern. Es spart Kosten und wir lieben die Einsamkeit. Mit BREAKPOINT können wir unberührte Stellen erkunden, da sie für völlige Unabhängigkeit ausgerüstet ist.
… Revier-Geheimtipps
Ganz Südamerika und Patagonien. Für Taucher: Palmerston in den südlichen Cookinseln und Yap.
… Vorgehen in schwerem Wetter
Unsere Sturmtaktik ist, unter Maschine abzulaufen. Dann steuert der Autopilot, wir sind im Decksalon und kein Fetzen Segel ist oben. Jedes Segel draußen ist eine zusätzliche Gefahrenquelle, da es bedient werden muss. Rigg und Aufbau sind so massiv, dass das Schiff quasi trotzdem segelt. Wir sind aus jedem Sturm mit einem besseren Bauchgefühl für das Schiff hervorgegangen, gestärkt als Team Schiff-Mensch.
… Mittel gegen Seekrankheit
Der jeweils andere. Wir ergänzen uns hervorragend: Wenn der eine seekrank geworden ist, was selten vorkam, hat der andere auf einmal Bärenkräfte entwickelt, obwohl er ansonsten vielleicht auch seekrank geworden wäre.
… wichtigstes Ersatzteil
Ein funktionierender Autopilot. Aber generell sind alle wichtigen Systeme an Bord doppelt, die wichtigsten sogar dreifach vorhanden. Sogar der Twinkiel ist quasi ein Kiel mit Redundanz [lachen].
… seglerisches Vorbild
Die natürlichen Wasserwege um die Welt haben mich [Thomas] schon immer fasziniert. Die Leistung, sie zu bezwingen, wie Magellan es beispielsweise getan hat, war immer meine Vorstellung vom klassischen Segeln.
… hilfreiche Seiten im Internet
Andere Segel-Reiseseiten. Darüber hinaus haben Gespräche mit Arved Fuchs authentische Informationen geliefert.
… Versicherungen auf Weltumsegelung
Auslandskrankenversicherung, Schiffshaftpflichtversicherung, ein Job für die Rückkehr.
… Lieblingsgericht bei Sturm
Vorgekochtes, zum Beispiel Eintopf oder Gulasch.
… Lieblingsgericht bei Flaute
Frisch gefangener und geräucherter Fisch.
… bewährte Passatbesegelung
Vor dem Wind unter Genua kreuzen.
… nützlichstes Kleidungsstück
Einfache Fahrradregenkleidung, da Ölzeug in unserem geschützten Cockpit oft nicht nötig war.
… Reiseblog der Weltumsegelungen
www.sy-breakpoint.de, www.sailing-adventure-services.com
Zwölf Fragen an Tatjana Hartmann und Thomas Witt
Warum wolltet ihr um die Welt segeln?
Weil es unheimlich befriedigend ist, sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Jeder Tag ist wie ein Abenteuerfilm.
Ohne was wärt ihr nie losgefahren?
Ohne den jeweils anderen.
Ein Ausrüstungsgegenstand, auf den ihr nicht mehr verzichten möchtet?
Vollkornbrot in Dosen [lachen], der Druckkochtopf, die Taucherausrüstung. Und auf der nächsten Reise kommt eine Getreidemühle zum Backen an Bord.
Das Werkzeug, das ihr am häufigsten in der Hand hattet?
Der Phasenprüfer. Man braucht ständig ein kleines, feines Werkzeug.
Die Stärken und Schwächen eures Schiffes?
Der Riss ist mit den hydrodynamischen Eigenschaften von heutigen Yachten nicht zu vergleichen. Wir sind sehr schwer, recht langsam und können nur 60 Grad zum Wind laufen. Dafür vermittelt BREAKPOINT auch in rauen Bedingungen ein sicheres Gefühl. Die Twinkiele schützen das Unterwasserschiff vor Korallen und Eis und erlauben uns trockenzufallen. Mit dem flachen Tiefgang kommen wir in Buchten, die anderen für immer versperrt bleiben.
Was bedeutet gute Seemannschaft für euch?
Die Kräfte der Natur niemals unterschätzen, immer einen Plan B haben, ein eingespieltes Team sein.
Was war unterwegs Luxus?
Fließendes Süßwasser, eine heiße Dusche, Strom, Cola oder ein Mars-Riegel. In den Tropen ein Regenschauer. Das war dann schon eine richtige Dusche, im Vergleich zur Anderthalbliterflasche, die sonst zur Verfügung stand.
Was hat euch gefehlt und was gar nicht?
Gefehlt hat uns Zeit. Gar nicht hingegen die Enge und die Zwänge der Zivilisation.
Habt ihr je überlegt aufzuhören?
Es gibt Hochs und Tiefs. Wenn wir Stürme hatten, haben wir es natürlich verflucht. Entweder hat der eine gesagt: »Ich steige aus und wir verkaufen das Schiff«, oder der andere. Es gab Momente, wo wir gesagt haben: »Das war’s.« Aber kaum hatte man den Fuß wieder an Land, war sofort alles wieder gut.
Hattet ihr mal Angst?
Es gab Situationen, in denen ich [Thomas] Angst hatte. Vielleicht, weil ich mir vorstellen konnte, was jetzt alles kaputt- oder schiefgehen könnte. Aber natürlich kann ich bei Sonnenschein, Backstagsbrise und springenden Delfinen nicht sagen, das finde ich blöd. Sonst wäre ich ja nicht hier.
Welche Eigenschaften sollte man als Weltumsegler haben?
Begeisterungsfähigkeit und Ausdauer. Es ist häufig kein Zuckerschlecken. Außerdem Mut und Abenteuerlust. Als solider Büromensch, der Sicherheit will, brauchst du nicht loszufahren.
Was würdet ihr beim nächsten Mal anders machen?
Das, was wir jetzt anders machen: ohne zeitliches Limit losfahren. Das war oft ein Schatten über der Reise. Wir hätten gern ein Jahr länger Patagonien und auch Alaska bereist.
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