»Hi Charly, was gibt es?«
»Dein Jeremy Boyle kam heute tatsächlich aus New York zurück. Er war auf einer Lufthansa Maschine gebucht und hatte eine Woche in den Staaten verbracht. In den Staaten hatte er auch noch einen Flug nach Washington gebucht. Da ist er zwei Tage geblieben.«
»Okay, danke dir.«
»Ich habe aber noch mehr für dich.«
»Na dann raus mit der Sprache.«
»Auf dem Rechner von Sven Müller habe ich etwas Interessantes gefunden. Das gehört bestimmt in deinen Fraport-Ordner.«
»Jetzt mach es nicht so spannend.«
»Es sind Daten. Daten von Messungen über Fluglärm in Frankfurt und Umgebung. Es gibt zwei verschiedene Auswertungen und die weichen erheblich voneinander ab. Aber nur eine davon wurde bei dem Mediationsverfahren zum Flughafenausbau berücksichtigt.«
»Lass mich raten. Es wurden nur die geringeren Messwerte berücksichtigt?«
»So ist es.«
»Wurde da manipuliert?«
»Das kann ich so nicht sagen, aber alles andere würde mich wundern.«
»Gibt es bei den Daten einen Hinweis auf Sabine Lehmann?«
»Nein. Jedenfalls nicht direkt. Einige Gutachter sind namentlich aufgeführt. Ob die in Verbindung zu deiner Träumerin stehen, musst du selbst rausfinden.«
»Ja, das finden wir schon raus. Wann kann Till mit seinem Sicherheitsdienst loslegen?«
»Theoretisch gesehen kann’s losgehen. Seine Entlassung habe ich vier Wochen rückdatiert. Das sieht dann nicht so überstürzt aus mit seinen Plänen für die Selbstständigkeit.«
»Und praktisch gesehen?«
»Die praktischen Dinge überlasse ich euch. Ich habe damit gar nix zu tun. Ich will meinen Kopf nämlich behalten, wenn Jensen eure rollen lässt.«
»Feigling.«
»Vergiss nicht, dass ich Invalide bin. Die Unterlagen habe ich auf den Schreibtisch von Till gelegt. Ich muss jetzt Schluss machen, habe hier noch einen Haufen Arbeit.«
»Bis morgen, du alter Veteran.«
Siebels vergaß tatsächlich immer wieder, dass Charly früher als Kommissar auf der Straße gearbeitet hatte, bis er bei einem Einsatz eine Kugel ins Knie geschossen bekam. Seitdem war er leicht gehbehindert, was man aber im täglichen Leben kaum bemerkte. Aber rennen konnte Charly nicht mehr und war deswegen in den Innendienst versetzt worden. Er machte mehrere Weiterbildungen im EDV-Bereich und entdeckte schnell seine Liebe zu Computern. Mittlerweile war er auch in Hackerkreisen eine bekannte Größe und im Präsidium unverzichtbar.
Der schwarze Porsche mit Boyle am Steuer fuhr an Siebels vorbei. Siebels überlegte einen Moment, ob er ihn verfolgen oder ob er besser noch mal bei Paulsen reinschauen sollte. Er entschied sich für Letzteres.
Astrid Lotz empfing Siebels mit einem kühlen Blick, führte ihn aber direkt in das Büro von Paulsen. Heute trug sie ein graues Kostüm und Schuhe mit noch höheren Absätzen als beim letzten Besuch von Siebels.
»Sie schon wieder?«, begrüßte Paulsen seinen Gast.
»Ja, ich schon wieder. Schlimm?«
»Die Polizei im Haus ist nicht gerade gut für das Image. Und in meiner Branche ist ein tadelloses Image unerlässlich. Wie kann ich Ihnen noch behilflich sein?«
»Frau Lehmann wurde heute in Untersuchungshaft überführt. Das wollte ich Ihnen eigentlich nur mitteilen.«
»Vielen Dank für die Information. Den Partnervertrag mit ihr habe ich bereits gekündigt. Ich wusste nur nicht, wo ich die Kündigung hinschicken soll. Hat sie eine Anschrift im Gefängnis?«
»Ist das nicht ein wenig voreilig? Noch ist die Schuld von Frau Lehmann nicht bewiesen.«
Paulsen lächelte gequält. »Das spielt keine Rolle. Unser Image ist mit dieser Geschichte beschädigt worden. Ich muss mich wohl nicht wiederholen?«
Siebels nickte und schrieb die Adresse des Untersuchungsgefängnisses auf einen Zettel. »Bitte schön.«
Paulsen nahm den Zettel entgegen.
»Werden Sie jemand Neues anstellen, um die Lücke zu füllen, die Frau Lehmann hinterlässt?«
»Vielleicht sogar zwei Leute. Die Geschäfte in Frankfurt laufen ganz gut. Sind Ihre Fragen damit beantwortet?«
Siebels vermutete, dass Paulsen den Vertrag mit Bockelmann gleich mit gekündigt hatte, behielt seine Vermutung aber für sich. Der Name Jochen Trutz lag Siebels noch auf der Zunge. Aber er erwähnte ihn nicht. Trutz wollte er lieber überraschend in dieser Kronberger Akademie aufsuchen.
»Meine drängendste Frage ist leider noch nicht beantwortet. Hat Sabine Lehmann ihren Freund erschlagen oder nicht. Und wenn ja, warum?«
»Die Antworten auf diese Fragen werden Sie bei mir und meinen Partnern kaum finden. Daher sollten Sie es auch unterlassen, meine Partner zu belästigen.«
»Ich weiß, Besuch von der Polizei ist schlecht für das Image.« Babygeschrei kündigte einen Anruf auf Siebels Handy an. Siebels hob entschuldigend die Hand. »Ich glaube, der Klingelton ist schlecht für das Image der Polizei.« Dann nahm er das Gespräch entgegen.
»Hipp-Gläschen? Nein. Kein Problem. Karotte? Wirklich? Okay. Bis nachher.« Siebels legte auf und schaute Paulsen fragend an:
»Haben Sie Kinder?«
»Nein. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Einkauf. Auf Wiedersehen.«
»Ich finde schon alleine raus. Viel Erfolg bei der Partnersuche.« Astrid Lotz stand in der Tür und schien den letzten Satz nicht richtig gedeutet zu haben. Jedenfalls schaute Sie Paulsen mit großen Augen an und Siebels verließ mit einem Grinsen die Villa.
Till hatte sich von seiner Grippe wieder erholt und saß mit Johanna beim Abendessen in der Küche. Er erzählte von den Träumen der Sabine Lehmann und von seiner Deutung.
»Wäre das nicht eher die Aufgabe eines Psychologen?«, fragte Johanna.
»Klingt meine Vermutung etwa unlogisch?«
»Nein. Im Gegenteil. Aber trotzdem.«
»Was trotzdem?«
»Trotzdem sollte sich das vielleicht mal jemand anschauen, der was davon versteht.«
»Du findest meine Theorie aber nachvollziehbar?«
»Ja, sagte ich doch.«
»Die Frau hat anscheinend nur noch für ihren Job gelebt und alles andere ausgeblendet. Am Ende hat sie wahrscheinlich sogar ihren Freund erschlagen. Vielleicht hat sie früher mal davon geträumt, eine Familie zu haben. Einen Mann und zwei Kinder und das passende Haus dazu im Grünen. Als Partner bei Paulsen hat man aber keine Zeit für so was. Die ist einfach in die falsche Richtung gelaufen und hat es nicht geschafft, sich wieder umzudrehen und zurückzulaufen.«
»Ach daher weht der Wind. Soll ich dir mal was sagen. Ich glaube, ich hätte gern ein Kind. Sehr gern sogar. Vielleicht sogar von dir.« Johanna grinste Till schelmisch an.
Plötzlich stand Till auf, zog sich seinen Pullover und sein T-Shirt aus und schaute Johanna an, die ihn verwundert betrachtete. Dann zog er seine Hose und seine Socken aus und stand im Slip vor ihr.
»Hey«, neckte sie ihn. »Ist dir warm?«
»Mir ist heiß.«
»Mach weiter«, hauchte Johanna ihm zu.
»Du bist dran«, grinste Till.
Johannas Blick verweilte noch eine Weile an ihm, bevor auch sie anfing, sich auszuziehen. Als sie nur noch einen Slip trug, zeigte sie auf Tills Unterhose. »Ausziehen.« Till gehorchte. Johanna betrachtete ihn dabei. »Der ist aber noch nicht bereit«, beschwerte sie sich.
»Er sieht halt die Küche so selten«, stammelte Till.
»Dann wird es aber Zeit.« Johanna stellte sich dicht vor Till, ließ ihre Hand über seine Brust und seinen Bauch wandern und schaute ihm dabei tief in die Augen. Ihre Fingerspitzen wanderten weiter nach unten und brachten zum Stehen, was stehen sollte. »Steht doch, geht doch«, sagte sie triumphierend und behielt das Objekt ihrer Begierde fest in der Hand. »Schaut er sich nun die Küche an oder streckt er sich nach mir?« Till wollte etwas erwidern, brachte aber nur ein leises Stöhnen zustande. Johanna drückte ihn mit sanfter Gewalt auf einen Stuhl. Als er im erregten Zustand und mit großen Augen vor ihr saß, rollte sie lasziv ihren Slip herunter. Sie beugte sich über ihn, schenkte ihm einen leidenschaftlichen Kuss und setzte sich auf ihn. Till umklammerte sie mit seinen Händen. Johanna bewegte sich langsam, seufzte leise und genoss die starken Hände von Till auf ihren Hüften. Sie liebten sich heftiger, ließen nur noch ihre Körper sprechen. Nach der Küche folgte der Fußboden im Wohnzimmer, bevor sie es im Flur noch einmal im Stehen machten und nach einer kleinen Verschnaufpause die Prozedur im Bett fortsetzten, bis sie endlich eng aneinander gekuschelt einschliefen.
Читать дальше