Übrigens gibt es neben der Risszeichnung eines Raumschiffs der Druuf in PERRY RHODAN 875, die Christoph Anczykowski anfertigte, auch ein von Hand nachbearbeitetes und patiniertes Zinnmodell, das der auf 145 Exemplare limitierten Vorzugsausgabe der SILBER EDITION von »Vorstoß nach Arkon« beilag. Es wiegt 375 Gramm, bei einer Höhe von zehn Zentimetern, und stammt von dem Figurendesigner Klaus Meyer. Die SILBER EDITION ist ein gigantisches Hörbuch-Projekt, in dem die SILBERBÄNDE auf jeweils zwölf oder dreizehn CDs von Josef Tratnik für Eins-A-Medien in Köln eingesprochen werden. Diese Hörbuchserie erscheint bereits seit 2002 und mittlerweile sogar viermal im Jahr als Normalversion und limitierte Vorzugsausgabe.
Und was machen die losen Fäden?
Perry Rhodans Absicht sollte natürlich glücken. Er will den Robotregenten, der nach Meinung der terranischen Spezialisten über eine Sicherheitsschaltung verfügen muss, ausschalten. Mit einer kleinen Schar Spezialisten, darunter auch Atlan, sickert er ins Zentrum von Arkons Macht ein – und der ursprüngliche Plan scheitert.
Aber dafür wird Atlan als nicht degenerierter Arkonide aus der Blütezeit des Imperiums anerkannt, und eine Sonderschaltung spricht an, die den Robotregenten wieder zur untergeordneten Maschine macht. Atlan übernimmt daraufhin als Imperator Gonozal VIII. die Herrschaft über das Große Imperium. Als es kurz darauf den Springern gelingt, die Position Terras herauszufinden, greift Arkons Flotte auf der Seite der Menschheit ein.
Gucky hingegen hat einen großen Verlust zu beklagen: Sein Heimatplanet Tramp wird in Zuge eines Experiments von insektoiden Aliens vernichtet, und der Mausbiber kann lediglich 28 seiner Artgenossen vor dem Untergang retten, darunter Iltu, seine spätere Frau. Die anschließende Suche nach den Mördern seines Volkes schilderte Clark Darlton in einem PLANETENROMAN, der sicher nicht zufällig die überlebende Anzahl seiner Artgenossen als Titelnummer trägt, nämlich 28. Der Roman heißt »Gucky und die Mordwespen«.
Rätsel und Zellaktivatoren
Ab Heft 50 war es in erster Linie um die Gründung des Solaren Imperiums gegangen, um die Auseinandersetzungen mit dem Robotregenten von Arkon und die Bedrohung durch die Druuf aus dem Roten Universum, die durch Zeitüberlappung ganze Planeten unter ihren Einfluss bringen. Jetzt, im August 1963, startete der dritte Zyklus der Serie: »Die Posbis«. Auch er umfasste wieder fünfzig Hefte. Die Handlungsebenen wechselten nicht mehr so oft, aber der neue Zyklus ließ sich glatt in der Mitte teilen – und K. H. Scheer begann mit dem Aufbau seiner so genannten Rätselstruktur.
Jubiläumsheft 100, »Der Zielstern«, signalisierte jedermann unübersehbar: PERRY RHODAN hat sich etabliert, ein Ende ist nicht in Sicht. Auf die Handlung übertragen hieß das: Professor Arno Kalup entschlüsselt das Überlichttriebwerk der Druuf. Rhodan macht sich mit der FANTASY, dem ersten Fernraumschiff der Terraner, das 200 Meter Durchmesser hat, auf den Weg zum Zentrum der Galaxis und begegnet auf dem Planeten Sphinx dem Volk der Akonen, direkten Vorfahren der Arkoniden, die eine beachtliche Transmittertechnik entwickelt haben. Doch sie sind nicht das erwartete Ursprungsvolk der Menschheit! Damit legt Scheer den Grundstein für spannende Fragestellungen, die weit in die Zukunft der Serie reichen und zugleich die früheste Vergangenheit der Terraner ausleuchten.
Einen humorigen Beitrag zur Rätselstruktur leistete übrigens – vielleicht ungewollt – auch diesmal wieder der ideenreiche Kurt Brand: In Heft 97, »Der Preis der Macht«, schildert er die von den Arkoniden abstammenden Soltener, die neben einer buckelförmigen Stirn eine starke Rückgratverkrümmung aufweisen. Die Männer dieses Volkes sind in der Galaxis als Lügner verschrien, weil sie auf fremden Welten stets die matriarchalische Gesellschaftsform ihrer Heimatwelt zu verschleiern versuchen! Einerseits ein rüder Scherz über Pantoffelhelden, der noch stark das Flair der Fünfzigerjahre atmet – andererseits ein Vorgeschmack auf die umweltangepassten Terraner späterer Jahre …
Neben der Rätselstruktur entwickelte Exposé-Autor Scheer noch eine weitere Handlungsebene. Cardif lässt sich von dem Geistwesen ES nämlich nicht nur Rhodans Zellaktivator geben, sondern gleich zwanzig weitere, in deren Besitz sich die schon seit mehr als zehntausend Jahren existierende, galaxisumspannende Sekte der Báalols bringt. Doch die Aktivatoren erfüllen ihren Zweck nicht, sondern führen zu seltsamen Phänomenen. Also wird die Abteilung III unter Leitung von Oberst Nike Quinto darauf angesetzt, eine Unterorganisation der Solaren Abwehr, die sich als Interkosmische Soziale Entwicklungshilfe tarnt. In fünf Romanen schildert Kurt Mahr, beginnend mit Heft 102, »Abteilung III greift ein«, bis zur Halbzeit des Zyklus ihre Einsätze gegen Aras, Springer und Antis.
Endgültige Aufklärung über das Schicksal der zwanzig Zellaktivatoren sollte allerdings erst fünfzehn Jahre später ein PERRY RHODAN PLANETENROMAN geben. In Band 179, »Unsterblichkeit x 20«, lässt der Autor Peter Terrid Staatsmarschall Reginald Bull ganze fünf Tage Zeit, um diese Frage auf einer lebenswichtigen Mission zu beantworten.
Wechselbad der Gefühle
Die Erfinder von PERRY RHODAN erlebten eine aufregende Zeit – die Romane blieben nicht ihre einzigen Kinder. Ende 1963, als die Scheers ein selbstgebautes Haus in Harheim, damals noch vor den Toren Frankfurts, bezogen, hatte Clark Darltons zweite Frau Uschi den gemeinsamen Sohn Robert geboren. Ein halbes Jahr später brachte Heidrun Scheer das Töchterchen Corinna zur Welt – und Vater Karl-Herbert schrieb mit sichtlichem Stolz an den Verleger Rolf Heyne: »Ich bin noch immer wie benommen von dem Wunder, das aus einer mikroskopisch kleinen Eizelle entstand und Mensch wurde. Gegen dieses älteste Phänomen der Weltgeschichte ist der phantasievollste utopische Roman ein brüchiges Machwerk, dem nicht einmal eine Spur dieses unfasslichen Schöpfungsaktes anhaften kann …«
Dafür starb am 17. August ein enger Freund aus Fanzeiten. Scheer und Darlton hatten sich schon Anfang der Sechzigerjahre, als ihre Schriftstellerkarriere Fahrt aufnahm, aus der Fanszene zurückgezogen, doch beide hatten weiter mit Heinz Bingenheimer Kontakt gehalten, der ganz in Scheers Nähe wohnte. Darlton hatte unter dem Namen seines Freundes sogar mehrere SF-Romane übersetzt. Der Goldmann Verlag hatte ihn als »Heftchen«-Autor nicht beschäftigen wollen, doch das »unbeschriebene Blatt« Bingenheimer wurde für »seine« übersetzerischen Leistungen vom Lektor ausdrücklich gelobt!
Jetzt gönnte Darlton sich wieder einmal das Vergnügen, einen Western zu schreiben – diesmal nicht als Tom Chester für Kelter, sondern als Frank Haller für Bastei –, und als Bingenheimer starb, beendete er als letzten Liebesdienst ein Romanfragment, das unter ihren beiden Pseudonymen erschien. Als Darlton 1965 sein Domizil in Salzburg aufschlug, dachte er »in der Fremde« oft an seinen Freund, der so unerwartet gestorben war.
Читать дальше