Von diesem Konzept muss ein großer Reiz ausgegangen sein …
Anderthalb Jahre später kam Hans Kneifel in einem PLANETENROMAN noch einmal auf die Multicyborgs zurück. Atlan ist in »Der purpurne Drache« gezwungen, den Siedlern von Karthago II, die sich für echte Menschen halten, die Wahrheit über ihre Herkunft mitzuteilen. In dem Folgeband »Der brennende Arkonide«, der fast zwei Jahre auf sich warten ließ, bricht ein Aufstand auf diesem Planeten aus, und Atlan kehrt schwer verletzt nach Gäa zurück, wo ihn fortan seine Erinnerungen an die Frühzeit der Erde heimsuchen.
Obwohl thematisch in sich abgeschlossen, geht dieser Zweiteiler damit den »Zeitabenteuern« handlungsmäßig voraus und bildet eine Art Prequel oder Nullausgabe. Er erschien Anfang 2003 übrigens auch als PERRY RHODAN PLANETEN-ROMAN im Rahmen einer Sammler-Edition des Weltbild Verlags – erstmals als Hardcover, mit einem ausführlichen Vorwort und in neuer Bearbeitung.
Lizenzen, wohin das Auge blickt
Auf der Leserseite von PERRY RHODAN 700 hatte William Voltz noch stolz erklärt, dass die Taschenbuchausgabe der Serie bei Ace Books inzwischen Band 50 erreicht habe und die Fan-Clubs in den USA wie Pilze aus dem Boden schössen. Nun bemühte sich Cheflektor Kurt Bernhardt, das Interesse an weiteren ausländischen Ausgaben zu wecken.
PERRY RHODAN war das absolute Zugpferd für Lizenzverkäufe des Verlags. Die größte Weltraumserie der Welt erschien schon seit längerem auch in Holland, Frankreich und Japan, und unmittelbar nach der Frankfurter Buchmesse 1974 konnte Bernhardt in einem Rundschreiben vom 23. Oktober an alle Autoren verkünden: »Wir haben auf der letzten Messe Erfolge mit den ausländischen Lizenzen der PERRY RHODAN-Serie gehabt. Wir stehen zur Zeit in Vertragsverhandlungen mit Spanien, Finnland und Brasilien. Ace Books bringt im Frühjahr die PERRY RHODAN-Taschenbücher 3wöchentlich.«
Dabei handelte es sich allerdings um jeweils zwei Originalhefte in einem Taschenbuch, die PLANETENROMANE waren nur gegen Ende der Laufzeit mit einem einzigen Titel vertreten: »Im Zentrum der Galaxis« von Clark Darlton. Aber die Verhandlungen verliefen so erfolgreich, dass Bernhardt seinem Lieblingsautor Voltz am 17. Dezember 1974 mit stolzer Stimme mitteilte, »im PERRY RHODAN JAHRBUCH kann auch gleichzeitig angekündigt werden, dass die finnische PERRY RHODAN-Ausgabe der Heftserie in Vorbereitung ist. Dann können Sie weiterhin ankündigen, dass Atlan im Frühjahr nächsten Jahres bei Ace Books monatlich erscheinen wird – und zwar mit der Serie ATLAN EXCLUSIV.«
Und auf der Leserseite von Band 728 konnte Voltz schließlich sogar verkünden, dass der erste neue Lizenznehmer von PERRY RHODAN im Ausland, Finnland, seine Produktion gestartet hatte. Nicht ohne Stolz bildete er auch gleich das Titelbild des ersten Bandes ab. Es war ein Motiv von Johnny Bruck – wenngleich dieses Cover auf Deutsch das Heyne-Taschenbuch »Der Sternenschöpfer« von Olaf Stapledon geziert hatte. Damit orientierte sich die finnische an der dänischen Ausgabe, die kurz vorher gelaufen war.
Kustanuus Oy hieß der Verlag, der PERRY RHODAN am 17. Juni 1975 mit dem Roman »Kauhun hetkiä kuussa« in Finnland einführte. Leider sollten es insgesamt nur sechzehn Ausgaben werden, die alle in der zweiten Jahreshälfte erschienen. Die Hauptübersetzer waren M.-L. Vuorjoki und ein gewisser R.N., dann übernahm für Band zwölf und dreizehn P. Synimaa, bevor R. Halonen und Raili Niemelä die letzten beiden Folgen übertrugen; nummernmäßig orientierte sich die Lizenzausgabe an der deutschen Serie.
Praktisch im fliegenden Wechsel startete zum Zeitpunkt der Einstellung der finnischen die erste brasilianische Übersetzung von PERRY RHODAN. Am 22. Oktober 1975 war dort »Missão Stardust« an den Verkaufsstellen zu finden, und dieser Übernahme war ein erheblich längeres Leben beschieden. Ediouro Coquetel hieß der in Rio de Janeiro ansässige Verlag, der die Heftserie in der Editora Tecnoprint sechzehn Jahre lang wöchentlich herausbringen sollte – alle von Richard Paul Neto übersetzt und unter Einhaltung der Originalreihenfolge.
Erst im Jahre 1991 wurde die Serie mit Band 536 »Crepúsculo dos Ídolos« von Ernst Vlcek eingestellt. Bis ein neuer Verlag gefunden war, Star Sistema e Projetos Limitida in Belo Horizonte, sollten zehn Jahre vergehen. Dann startete PERRY RHODAN erneut – allerdings mit Band 650, dem Beginn des Zyklus »Hetos der Sieben«. Die Ausgabe läuft nach wie vor sehr erfolgreich. Damit ist die brasilianische Ausgabe heute eine der am längsten laufenden Lizenznahmen – nur noch übertroffen von Holland, Frankreich und Japan.
Auch Clark Darlton setzte sich für Auslandsverkäufe ein. Am 4. Januar 1975 machte er William Voltz ein verspätetes Neujahrsgeschenk. »Im übrigen sagte mir Ace zu, DRAGON eventuell ab Herbst zu bringen, aber das kann auch noch bis 1976 dauern. Wenn alles klappt, können wir im November mit dem Vice President von Ace Books, Waxman, sprechen. Und ich bin froh, dass er meinen Vorschlag akzeptierte, nur EXCLUSIV zu bringen.«
Am 28. Februar setzte Darlton noch eins drauf, als er Voltz mitteilte, dass ein italienischer Verlag PERRY RHODAN haben wolle. Am 3. Juli bot Kurt Bernhardt das PERRY RHODAN JAHRBUCH in den USA an, und am 22. Dezember 1975 beantwortete Bernhardt eine Anfrage von Voltz nach dem italienischen Lizenznehmer. Außerdem startete in diesem Jahr eine französische Lizenzausgabe der Comicserie »PERRY – Unser Mann im All«, von der bis 1976 zweiundzwanzig Ausgaben erschienen.
Nie wieder sollte man bei PERRY RHODAN so viele Auslandsgeschäfte gleichzeitig tätigen …
COMMANDER SCOTT
Acht Jahre war es mittlerweile her, seit der Bastei Verlag mit seiner SF-Serie REX CORDA nach nur 38 Heften mit dem Versuch scheiterte, eine Konkurrenz zu PERRY RHODAN aufzubauen. Jetzt setzte der frischgebackene Redakteur Michael Kubiak auf ein anderes Konzept, das den Titel COMMANDER SCOTT tragen sollte.
Als Grundlage diente die Taschenbuchreihe CAP KENNEDY, die der Brite E. C. Tubb von 1973 bis 1975 unter dem Pseudonym Gregory Kern für den amerikanischen Markt verfasste – als Konkurrenz für die Lizenzausgabe von PERRY RHODAN. Zwar konnte sie sich nicht behaupten und wurde nach nur sechzehn Bänden wieder eingestellt, aber in Deutschland dienten diese Bände und ein zusätzlicher Roman, der in den USA erst 1983 herauskommen sollte, als Ausgangsmaterial für eine SF-Heftserie, die von deutschen Autoren unter demselben Pseudonym weitergeführt wurde.
Es war ein bunter Reigen, der sich als deutsche Inkarnation von Gregory Kern versammelte. Den Anfang machte der beliebte SF-Übersetzer und linke PERRY RHODAN-Kritiker Horst Pukallus mit Band 9, unmittelbar gefolgt von dem SF-Veteran aus Leihbuchzeiten Manfred Wegener, der bei Moewig gerade seine Piratenserie SEEWÖLFE unterzubringen versuchte. Band 12 sah – frisch von Kurt Brands SF-Serie RAUMSCHIFF PROMET – Ronald Maria Hahn als Autor. Alle drei ließen noch jeweils vier Romane folgen.
Mario Werder, der hauptsächlich Gruselromane schrieb, verfasste mit Band 13 und 18 die gleiche Anzahl von Romanen für COMMANDER SCOTT wie für die im Marken Verlag erschienene SF-Reihe ZEIT-KUGEL. Band 37 stammte von Hans Joachim Alpers, der für TERRA ASTRA schon mehrere Romane als Mischa Morrison geschrieben hatte. Sie waren dem Lektor Günter M. Schelwokat durch einen Mittelsmann angeboten worden, weil Alpers selbst bei ihm aufgrund seiner harten linken Kritik nicht sehr beliebt war. Ironie des Schicksals, dass Alpers später – nach entsprechenden Erfahrungen bei Fischer und Knaur – selbst eine umfangreiche SF-Taschenbuchproduktion bei Moewig herausgeben sollte und 2007 mit dem bei Heyne erschienenen ARA TOXIN-Roman »Necrogenesis« außerdem noch einen Beitrag zum PERRY RHODAN-Universum leistete.
Pikanterweise schrieben auch zwei Autoren aus dem Perryversum an der Serie mit. Neben Hans Peschke, der parallel zu seinen ersten ATLAN-Romanen die Bände 23, 35, 39 und 41 verfasste, war kein Geringerer als Horst Gehrmann alias H. G. Ewers vertreten, ein Stammautor von PERRY RHODAN. Er verfasste die Bände 20, 33 und 40.
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