Von Anfang an betrachtete Prince Carwell als Solokünstlerin, die er aufbauen und hinter den Kulissen steuern wollte. Während er für sie Songs schrieb, bemühte er sich ganz bewusst um eine weibliche Perspektive, was den Text, aber auch den Sound betraf. Das schüchterne, schwungvolle „Wouldn’t You Love To Love Me“ zum Beispiel war aus der Sicht einer Frau geschrieben, die von einem männlichen Verehrer umworben wird. Prince war begeistert von der Möglichkeit, ein Nebenprojekt mit Carwell zu starten, und wollte ein Demo ihres Materials bei Warner Bros. vorspielen. Auch begann er ein Image für sie zu entwickeln und schlug vor, sie solle den Bühnennamen Susie Stone annehmen. Carwell hingegen sträubte sich, weil sie nicht wollte, dass ihre Karriere derart von außen festgelegt wurde. „Ich glaubte nicht wirklich an Prince, und ich wollte ganz bestimmt keinen erfundenen Namen“, sagte Carwell, die später eine erfolgreiche Sessionsängerin wurde und mit Künstlern wie Rod Stewart oder Christina Aguilera arbeitete. Ihre gemeinsame Arbeit versandete allmählich, als Prince sich mehr und mehr um die Promotion von For You kümmerte. Die Songs, die er mit ihr aufnahm, waren jedoch bereits ein erster Hinweis auf die stärkere Qualität, die auch sein späteres Popmaterial kennzeichnen sollte. Es existieren noch Überbleibsel dieser Sessions, „Wouldn’t You Love To Love Me“ wurde später von einem anderen Prince-Protegé aufgenommen, Taja Sevelle. Es existieren auch noch unveröffentlichte Versionen dieses Songs und eines weiteren Carwell-Titels, „Make It Through The Storm“, die Prince ursprünglich selbst sang.
Carwell war die Erste einer ganzen Reihe von Frauen, die Prince zu seinen musikalischen Aposteln machen wollte. Sie war dabei wesentlich talentierter als die meisten seiner späteren Schützlinge wie Vanity, Apollonia, Carmen Electra oder Elisa Fiorillo – Frauen, die Prince als Anker für seine Nebenprojekte dienten, um andere Seiten seiner kreativen Persönlichkeit auszudrücken. Carwell musste – wie später viele andere – feststellen, dass die Zusammenarbeit mit Prince einen hohen Preis forderte: Er bestand immer darauf, dass er bei jeder Unternehmung, die mit seiner Musik zu tun hatte, die absolute Oberherrschaft behielt.
Als Nächstes musste Prince eine Band zusammenstellen, die For You auf Tournee präsentieren konnte. Es sollte eine Gruppe sein, die – wie sein großer Einfluss Sly & The Family Stone – aus Musikern verschiedenen Geschlechts und verschiedener Rassenzugehörigkeit bestand. Die erste und wohl offensichtlichste Wahl war Anderson, der sich den Bühnennamen André Cymone gegeben hatte, am Bass. Zwar hatte er den Ehrgeiz, weit mehr zu sein als nur ein Begleitmusiker, aber er und Prince waren durch ihre gemeinsame musikalische und persönliche Vergangenheit eng miteinander verbunden. Als Nächstes sprach Prince den Schlagzeuger Bobby Z. Rivkin an, der nun schon seit etwa einem Jahr immer mal wieder mit ihm gespielt hatte. Diese drei bildeten die Kerngruppe, die nun im Übungsstudio von Del’s Tire Mart in Minneapolis Keyboarder und Gitarristen testeten, die sich auf die Anzeigen meldeten, die Husney in Lokalzeitungen aufgegeben hatte. Gayle Chapman, eine stille junge Frau und gläubige Anhängerin der christlichen Sekte The Way, übernahm zunächst die Keyboards. Dez Dickerson, ein Gitarrist aus dem Rockbereich, der sein Äußeres eher auf Punk getrimmt hatte, wurde als Gitarrist auserwählt. Die Suche nach dem zweiten Keyboarder dauerte etwas länger, aber Prince entschied sich schließlich für Matt Fink, einen Bekannten Rivkins. Sue Ann Carwell war für kurze Zeit als Backgroundsängerin und Congaspielerin mit dabei, stieg aber aus, als sie und Prince die gemeinsamen Sessions beendeten.
Die Bandmitglieder waren nicht nur von seinem offensichtlichen Talent fasziniert, sondern auch von seiner Entschiedenheit und seiner Energie. Dickerson erinnert sich daran, wie er sich kurz nach seinem Vorspielen als Gitarrist mit Prince unterhielt und wie sehr ihn die Reife des Neunzehnjährigen dabei beeindruckte. „Er stellte mir gut durchdachte Fragen zu möglichen zukünftigen Entwicklungen“, sagte Dickerson. „Ich merkte gleich, dass er jemand war, der sich viele Gedanken machte, und der nicht nur sagte: ‚Hey, Alter, wir werden alle Rockstars.‘“
Nachdem ein großer Teil ihrer Ausrüstung bei einem Einbruch in Del’s Tire Mart gestohlen wurde, zog die Band in Willies Keller um, wo dann jeden Tag geprobt wurde. Live entwickelten sich die Songs zunehmend in eine raue und rockige Richtung. Dickerson, der auf Led Zeppelin und andere Hard-Rock-Bands stand, erhöhte die Energie der Musik mit seinen mächtigen Akkorden und intensiven Soli. Cymone, der sich Prince unbedingt als musikalisch ebenbürtig erweisen wollte, zeigte sein Können in seinen notenreichen Basselementen. Fink erwies sich ebenfalls als facettenreicher Musiker, der wilde Soli beisteuerte, die stark von Fusion-Jazz-Keyboardern wie Jan Hammer und Keith Emerson beeinflusst waren. Prince entwickelte bei den Vorbereitungen für die Liveauftritte denselben Perfektionismus wie bei den Aufnahmen zu For You und trieb seine Band dazu an, die Songs fehlerlos zu beherrschen. Aber sie arbeiteten bei Jamsessions auch einige neue Ideen aus, und die Riffs, die so entstanden, nahm Prince mit nachhause und formte daraus neue Songs.
Zwar war Prince seinen Mitmusikern gegenüber meist recht herzlich, aber am Anfang zeigte er sich oft eher reserviert; er schien lediglich mit ihnen Musik machen zu wollen und keine privaten Kontakte zu wünschen. „Wenn er jemanden nicht gut kannte, wirkte er meist sehr schüchtern, und einige Leute legten ihm das als Ungeselligkeit aus“, meinte Dickerson. Dennoch beeinflussten seine neuen Mitstreiter seine Entwicklung in vielerlei Hinsicht. Chapmans Religiosität faszinierte ihn, vor allem ihre häufigen Bemerkungen, dass Gott Prince mit einzigartigen Fähigkeiten versehen hatte. „Sie sagte ihm, er sei gesegnet, und das hat er geschluckt“, erinnerte sich Rivkin. Dickerson machte Prince derweil mit anderen musikalischen Strömungen wie Punk und Heavy Metal vertraut. Außerdem inspirierte die farbenprächtige Kleidung des Gitarristen Prince dazu, über sein eigenes Live-Image nachzudenken.
Prince war vor allem für Ideen empfänglich, die ihn von anderen R&B-Künstlern unterschieden. In vieler Hinsicht stand sein erstes Album stark in der Tradition von Sängern wie Al Green und Smokey Robinson, die in erster Linie Liebeslieder schrieben und ihr Publikum selten mit musikalischen Richtungswechseln konfrontierten. Dennoch dachte Prince bereits darüber nach, wie er aus diesen engen Grenzen ausbrechen konnte. „Er machte sehr deutlich, dass die Band eine Mischung aus Rock und R & B bringen sollte“, sagte Dickerson. Dass er sich bei der Zusammenstellung der Musiker sehr an Sly & The Family Stone orientiert hatte, einer Gruppe, die stark der Gegenkultur der Sechziger verhaftet war, zeigte an, dass er eine gesellschaftskritische und politische Komponente zum Ausdruck bringen wollte. Als Husney ihm sagte, dass die Beatles eine ganze Generation schockiert hatten, weil ihr Haar bis über die Ohren reichte, begann sich Prince mit der Idee auseinander zu setzen, wie man die Aufmerksamkeit des Publikums mittels bestimmter optischer Eindrücke fesseln konnte.
Insgesamt hatte sich die Beziehung zu seinem Manager verschlechtert, nachdem For You erschienen war. Prince, der davon ausging, dass die Platte nicht ausreichend beworben worden war, entwickelte einen Groll gegen Husney und Russ Thyret, den Warner-Verantwortlichen, mit dem er den meisten Kontakt hatte. Thyret wiederum, der sein Möglichstes getan hatte, um das Album bei den Radiosendern unterzubringen, beklagte sich frustriert bei Husney, dass Prince überzogene Erwartungen hatte und nichts vom Musikgeschäft verstand. Der Manager konnte dem kaum widersprechen.
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