E. T. A. Hoffman
Lektüreschlüssel XL
für Schülerinnen und Schüler
Von Eva-Maria Scholz
Reclam
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:
E. T. A. Hoffman: Das Fräulein von Scuderi. Erzählung aus dem Zeitalter Ludwig des Vierzehnten. Hrsg. von Heike Wirthwein. Stuttgart: Reclam, 2021. (Reclam XL. Text und Kontext. 16124.)
Diese Ausgabe des Werktextes ist seiten- und zeilengleich mit der in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 25.
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Lektüreschlüssel XL | Nr. 15538
2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2022
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-961963-7
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015538-7
www.reclam.de
Autor |
E. T. A. Hoffmann (1776–1822, eigentlich Ernst Theodor Wilhelm, das A für Amadeus ist eine Hommage an sein großes musikalisches Idol Mozart), deutscher Schriftsteller, Komponist, Zeichner und Jurist |
Erscheinungsjahr |
1819 im Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet 1820 als Teil der Erzählsammlung Die Serapions-Brüder (Band 3) |
Gattung |
Novelle |
Handlung |
Im Mittelpunkt der Handlung steht eine rätselhafte Raubmordserie, in deren Aufklärung das Fräulein von Scuderi verwickelt wird. Die für ihre Tugendhaftigkeit und Menschlichkeit hoch geachtete Schriftstellerin lässt sich dabei von ihrer Intuition leiten. Der Kriminalfall kreist um den meisterhaften Goldschmied René Cardillac. Die Handlung geht auf historische Ereignisse zurück. |
Zeit |
Die Erzählung beginnt im Herbst 1680 und erstreckt sich über mehrere Monate, Rückblenden reichen über 50 Jahre zurück. Zum Schluss erfolgt nochmals ein Zeitsprung von einem Jahr. |
Ort |
verschiedene Orte in Paris (u. a. Hof des Königs Ludwig XIV., Haus der Scuderi in der Straße St. Honoré, Werkstatt/Haus Cardillacs in der Straße Nicaise, Conciergerie) |
Das Fräulein von Scuderi ist einer von E. T. A. Hoffmanns bekanntesten und erfolgreichsten Erzähltexten. Im Herbst 1819 im Taschenbuch für das Jahr 1820 zum ersten Mal veröffentlicht, wird die Novelle ein Jahr später Teil des dritten Bandes der Erzählsammlung Die Serapions-Brüder . Das Fräulein von Scuderi handelt von einer rätselhaften Rätselhafte RaubmordserieRaubmordserie im Paris des 17. Jahrhunderts. Die titelgebende Hauptfigur, Magdaleine de Scuderi, ist eine hoch angesehene Schriftstellerin adeliger Herkunft, eine ehrwürdige ältere Dame, die am Hofe König Ludwigs XIV. wie auch in der ganzen Gesellschaft aufgrund ihrer Scuderi: Tugend und MenschlichkeitTugendhaftigkeit und Menschlichkeit geschätzt wird. Ebenjene Charaktereigenschaften sind es, die zu ihrer Verstrickung in die mysteriösen Juwelenmorde und ihre Aufklärung führen. In der Figur des begnadeten, aber besessenen Goldschmieds Cardillac präsentiert Hoffmann kontrastierend zur Scuderi die dunkle, dämonische Seite des Menschen, der, getrieben von unbezwingbaren Mächten, Cardillac: Künstler und VerbrecherVerbrechen begeht, die mit der Vernunft nicht greifbar sind. Durch die Hartnäckigkeit der Scuderi, die von der Unschuld des nach der Ermordung Cardillacs inhaftierten Goldschmiedsgesellen Olivier überzeugt ist, werden die Ereignisse rund um die Juwelenmorde aufgeklärt; in einer komplexen Erzählstrategie enthüllt sie der Text Stück für Stück.
Die Handlung geht auf Historische Quellenhistorische Begebenheiten zurück. Durch den Rückgriff auf belegte Kriminalfälle sowie real existierende Personen und genau lokalisierbare Schauplätze kreiert Hoffmann trotz der geheimnisvollen Ereignisse einen Anschein von Glaubwürdigkeit (d. h. die Illusion, dass sich die Ereignisse in der Lebenswirklichkeit der Leserinnen und Leser zugetragen haben), wie er für die Gattung der Novelle typisch ist.
In der literaturwissenschaftlichen Forschung wurde viel darüber diskutiert, welche Themen der Facettenreiche Erzählungfacettenreichen Erzählung den Kern des Textes bilden: Während einige die Novelle in erster Linie als Kriminal- oder Detektivgeschichte lasen, standen für andere vielmehr Künstlertum und Wahnsinn im Vordergrund. Sie interessierten sich für die Psychopathografie eines künstlerischen Genies (d. h. für die Novelle als Untersuchung der Auswirkungen psychischer Störungen auf die Entwicklung des Künstlers Cardillac). Wiederum andere richteten ihr Hauptaugenmerk auf die Frage, ob E. T. A. Hoffmann – von Beruf Schriftsteller und Jurist – nicht primär eine Kritik des Justizsystems seiner Zeit intendiert habe. Diese Vielschichtigkeit ist es, die die Beschäftigung mit der Novelle, auch in der Schule, reizvoll macht. Hoffmanns Werk wird der Epoche: RomantikEpoche der Romantik zugeordnet.
Das Fräulein von Scuderi spielt in Paris, 17. JahrhundertParis zur Zeit des »Sonnenkönigs« Ludwig XIV. Der Beginn der Ereignisse ist auf den Herbst 1680 datiert. Die Zusammenfassung der Handlung erfolgt gemäß inhaltlichen Abschnitten.
Erster Abschnitt (S. 3, Z. 1 – S. 8, Z. 14)
Die Handlung beginnt unvermittelt mit dem Nächtlicher Besuchmitternächtlichen Erscheinen einer verhüllten Gestalt vor dem Haus Magdaleine von Scuderis. Der nächtliche Besucher will die Hausherrin trotz der späten Stunde unbedingt sprechen. Da Baptiste, der Hausangestellte, zur Hochzeit seiner Schwester gefahren ist, ist die Scuderi mit ihrer Kammerfrau, der Martiniere, allein in ihrem Haus in der Straße St. Honoré – was der ungebetene Besucher zu wissen scheint. Nach einigem Zögern öffnet die Martiniere, durch das sanfte Flehen des vermeintlich harmlosen Besuchers gerührt, die Tür. Einmal im Haus, wird der junge Mann aber ungestüm und fordernd, zückt ein Stilett und verlangt nochmals vehement, zur Scuderi vorgelassen zu werden. Die Martiniere verweigert ihm jedoch den Zutritt zu den Gemächern ihrer Herrin. Als die berittene Polizei auf der Straße hörbar wird, ruft die Martiniere um Hilfe, und der Eindringling muss fliehen. Zuvor übergibt er der Kammerfrau ein Geheimnisvolles KästchenKästchen für die Scuderi. In ebendiesem Moment kommt Baptiste zurück, der auf der Hochzeit seiner Schwester von einem schlechten Gefühl, einer nagenden Vorahnung befallen worden und früher nach Hause gefahren ist. Baptiste vermutet einen geplanten Mordanschlag auf die Scuderi und will das Kästchen in die Seine werfen, letztlich kommen sie aber darin überein, dass das Fräulein selbst darüber entscheiden soll, wenn sie am nächsten Morgen über die Geschehnisse der Nacht in Kenntnis gesetzt worden ist.
Zweiter Abschnitt (S. 8, Z. 15 – S. 18, Z. 20)
Abb. 1: Verhaftung der französischen Giftmörderin Marquise de Brinvilliers. Holzschnitt von 1867 – © INTERFOTO / Sammlung Rauch
Der nächste Abschnitt enthüllt die Hintergründe der Befürchtungen Baptistes in einem ausführlichen Rückblick auf Ereignisse der jüngeren Vergangenheit: Ein neu entwickeltes geruchs- und geschmacksneutrales Gift, das durch bloßes Einatmen tötet, wird für eine Serie von Rückblick: GiftmordserienMordanschlägen verwendet und versetzt Paris in Angst und Schrecken.
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