Unwirksam ist bspw. eine Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, Kleinreparaturen selbst auszuführen. 16 )Wirksam sind dagegen Kostenklauseln, die sich gegenständlich auf die Teile der Mietsache beschränken, die dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind (z. B. Wasserhähne, Türgriffe, Jalousien etc.) und wertmäßig einen Höchstbetrag für jede Einzelreparatur sowie einen Jahreshöchstbetrag ausweisen. 17) Wirksam ist eine Formularklausel, die den Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen unter Berücksichtigung des Grades der Abnutzung oder zur Zahlung eines dem Abnutzungsgrad entsprechendem angemessenen Teils der Kosten verpflichtet. 18) Eine Klausel, die den Mieter dazu verpflichtet, die Schönheitsreparaturen durch einen Fachhandwerker ausführen zu lassen, ist unwirksam. 19) Unwirksam ist auch eine Formularklausel, die den Wohnraummieter verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben (sog. Endrenovierungsklausel). Dies gilt auch dann, wenn der Mieter im laufenden Mietverhältnis nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. 20) Enthält der Formularmietvertrag getrennte Klauseln, die den gleichen Regelungskomplex betreffen, so kann sich die Unwirksamkeit einer Klausel auf eine andere (wirksame) Klausel erstrecken. Getrennte Klauseln über laufende Schönheitsreparaturen und eine Endrenovierung sind aufgrund des sog. „Summierungseffekts“ somit unwirksam. 21)
Bei einem Mietvertrag, der zwischen einem Unternehmer (z. B. einer Wohnungsbaugesellschaft) und einem Verbraucher (z. B. Mieter) geschlossen wird, gilt gem. § 310 Abs. 3 BGB die gesetzliche Vermutung, dass der Unternehmer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellt hat. Darüber hinaus sind die §§ 305c Abs. 2, 306, 307 bis 309 BGB entgegen den Grundsätzen auf Allgemeine Geschäftsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – im allgemeinen Sprachgebrauch auch als „Antidiskriminierungsgesetz“ bezeichnet – soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen. Es findet über § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG auch auf das Wohnraummietrecht Anwendung.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist eine Benachteiligung aus den genannten Gründen – mit Ausnahme des Merkmals der Weltanschauung – bei der Begründung, Durchführung und Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses unzulässig. Die Vorschrift findet allerdings nur auf Großvermieter mit einem Bestand von mehr als 50 Wohnungen Anwendung. 22) Eine unterschiedliche Behandlung ist in diesen Fällen allerdings im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig. 23) Diese Ausnahme gilt allerdings nicht für die Merkmale Rasse und ethnische Herkunft.
Verfügt der Vermieter über einen geringeren Wohnungsbestand, ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft unzulässig. 24) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Wohnraummietverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnungen auf demselben Grundstück nutzen. 25)
Eine Benachteiligung i. S. d. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegt z. B. vor, wenn einem Mietinteressenten der Abschluss des Mietvertrages allein mit dem Hinweis auf seine ethnische Herkunft (z. B. Afrikaner) verweigert wird. 26)
Verstößt der Vermieter gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, kann der benachteiligte Mieter bzw. Mietinteressent gem. § 21 Abs. 2 AGG Schadensersatz (z. B. Fahrtkosten zur Wohnungsbesichtigung) und ggf. Schmerzensgeld (z. B. bei der Bezeichnung „Neger“) verlangen. Der Vermieter hat dabei das Verschulden eines von ihm beauftragten Wohnungsmaklers oder eines Hausmeisters zu vertreten.
Der benachteiligte Mieter kann beim Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im laufenden Mietverhältnis zudem die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen oder auf Unterlassung klagen. 27)
Anfechtung eines Mietvertrages
Die Parteien können den Mietvertrag unter den Voraussetzungen der §§119 ff. BGB anfechten. Als mögliche Anfechtungsgründe kommen u. a. der Inhalts- und Erklärungsirrtum sowie die arglistige Täuschung in Betracht. 28) Eine wirksame Anfechtungserklärung führt auch nach Überlassung der Mietsache 29) zur rückwirkenden Nichtigkeit des Mietvertrages. 30) Eine Anfechtung hat gegenüber der Kündigung somit den Vorteil, dass das Mietverhältnis aufgrund der Rückwirkung umgehend beendet wird.
Siehe auch: |
→Beendigung des Mietverhältnisses |
Praxistipp:
Eine wirksame Anfechtung des Mietvertrages lässt auch den Provisionsanspruch eines Immobilienmaklers nachträglich entfallen. 31) Die Entstehung eines Provisionsanspruchs setzt nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass zwischen dem Auftraggeber des Maklers und einem Dritten ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Wird dieser sog. Hauptvertrag (z. B. ein Mietvertrag) von einem der Vertragspartner wirksam angefochten, entfällt damit auch nachträglich die Voraussetzung für die Entstehung der Maklerprovision. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Auftraggeber des Maklers oder der Dritte aufgrund eines Irrtums oder einer arglistigen Täuschung zur Anfechtung berechtigt gewesen sind.
In der Praxis ist insbesondere die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung des Vertragspartners von Bedeutung. 32) Als Täuschungshandlung kommt ein positives Tun oder ein Unterlassen in Betracht. Die Täuschung kann also durch eine unrichtige Erklärung oder durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen begangen werden. Das Verschweigen einer Tatsache erfüllt allerdings nur dann den Tatbestand einer arglistigen Täuschung, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht bestanden hat. Das Bestehen einer Aufklärungspflicht setzt wiederum voraus, dass der Vertragspartner nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. 33) Die Parteien des Mietvertrages sind daher generell verpflichtet, solche Umstände zu offenbaren, die für die Willensbildung des Vertragspartners erkennbar von entscheidender Bedeutung sind, insbesondere wenn sie geeignet sind, den Vertragszweck zu vereiteln oder erheblich zu gefährden. 34) Ein Mietinteressent ist daher z. B. verpflichtet, den Vermieter von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Kenntnis zu setzen. 35) Demgegenüber hat der Vermieterden Mietinteressenten vor Abschluss des Vertrages über Mängel der Mietsache in Kenntnis zu setzen, die eine dauerhafte Nutzung ausschließen oder erheblich beeinträchtigen. Neben der Anfechtung besteht bei der Verletzung der Offenbarungspflicht auch alternativ die Möglichkeit, das Mietverhältnis außerordentlich fristlos gem. § 543 Abs. 1 BGB zu kündigen. Das Mietverhältnis wird in diesem Fall mit dem Zugang der Kündigung beendet.
Darüber hinaus müssen Fragen des Vertragspartners grundsätzlich vollständig und richtig beantwortet werden. 36) Der Vertragspartner ist allerdings nicht verpflichtet, unzulässige Fragen (zutreffend) zu beantworten. Der Vermieter hat vor Abschluss eines Mietvertrages ein besonderes Interesse an der Einholung vorvertraglicher Informationen, insbesondere zu den Einkommensverhältnissen des Mietinteressenten. Demgegenüber ist der potenzielle Mieter grundsätzlich daran interessiert, möglichst wenig über seine persönlichen Verhältnisse preiszugeben. Die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird durch das Grundrecht der „informationellen Selbstbestimmung“ gewährleistet, das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ableitet. 37 ) Die Einholung personenbezogener Informationen wird daher nur zulässig sein, soweit dies für die Begründung und Durchführung des Vertrages und zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist. Ob die Frage einer Vertragspartei demnach zulässig oder unzulässig ist, muss anhand einer Interessenabwägung im Einzelfall ermittelt werden. Die Problematik ist insbesondere im Zusammenhang mit der Erteilung einer „Selbstauskunft“ durch den Mieter von Bedeutung.
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