Der tiefere Sinn.
Jetzt muss ich’s dir sagen!
Für mich ist es klar!
Und dann deine Fragen –
Das ist doch nicht wahr!
Aus meinen Gefühlen
Nur dir zugetan
Vertrackte Zwickmühlen,
Da komm ich nicht ran!
D’rum hör mir jetzt zu,
Und hör nicht das raus,
Was ich gar nicht sage,
Sonst ist’s mit uns aus!
Nach draußen kann ich noch nicht geh’n,
Will nur den einen Film noch seh’n,
Und warum muss ich immer raus?
Die Freunde bleiben auch im Haus!
Stiefmütterchen und Löwenmäulchen
Die beiden Stiefmütterchen sahen gar nicht wie Stief und Mütterchen aus, sondern stolz und löwenmäulig. Groß war der Neid der Geschwister. Stief beugte sich wütend zu Mütterchen und flüsterte ihr ins Ohr: „Bruder Löwenmaul ist eine Gefahr für uns, alle bewundern nur ihn. Wir mögen deshalb schon gar nicht mehr der Sonne ins Antlitz schauen und kümmern vor uns hin. Er muss weg!“
Und weil die Mutter eben stief- und unmütterlich war, stimmte sie zu. Aber je weiter sie ihre langen Hälse in die warme Sonne reckten, um Löwenmäulchen zu ersticken, verloren sie ihr Gleichgewicht und fielen schließlich kraftlos um und vertrockneten. Die Sonne schien jetzt noch viel heller für Löwenmäulchen.
Und wo erst einmal ein Löwenmäulchen wächst, da leben bald noch viel mehr!
Der Mond streift durch die Wiesen,
Erhellt das schlummernd’ Gras,
Da musst’ er plötzlich niesen,
Nanu, was war denn das?
Da lag im Dämmerscheine,
Umschlungen eng ein Paar,
Es dacht’, es wär’ alleine,
Ihm droht keine Gefahr.
Doch als der Mond nun schreckte,
Das Glück im wogend Gras,
Sie schamhaft sich bedeckte,
Enttäuschung ihn zerfraß.
Das Leben ist nur noch ‘ne Plage,
Kommst du erst einmal in die Tage,
Kriegst morgens kaum die Augen auf,
Bevor sie zufall’n, hinkst du ‘raus.
Man trifft sich in der Rentnerrunde,
Beim Doktor früh zur Morgenstunde,
Und trägt den Rucksack mittags ‘raus:
Mit deinem Leben ist’s bald aus!
Als junger Bursch’ hast du die Nacht,
Nach deiner Lust zum Tag gemacht,
Und hattest trotzdem kaum Beschwerden,
Es war die schönste Zeit auf Erden!
Warum konnt’s so nicht weiter geh’n,
Und musst frustriert im Spiegel seh’n,
Dass von dir nicht viel mehr geblieben,
Als das, was nun die Ärzte lieben?
Als nun die Zeit heran gekommen,
Dass man sich eine „Braut” genommen,
Wollt’ ich auch ’mal spendabel sein,
Und füllt’ ihr „Balkanfeuer” ein!
Die Toilettenfrau vom Darß
1985
Wer Prerow besucht, kommt an der neuen Toilette nicht vorbei. Nicht etwa, dass man sie schon von weitem riecht, sondern sie liegt so zentral, nämlich gegenüber der Tankstelle oder neben der Bushaltestelle, man kann sie jedenfalls nicht verfehlen. Zu einer richtigen Toilette gehört auch eine respektable Wärterin. So also auch hier.
Sie passte gerade noch durchs Fenster, durch das sie Kundschaft heran guckte. Ein kleiner Schnack war ihr stets willkommen, und nachdem ihr Gesprächspartner gegangen war, machte ich ihr das Vergnügen, allerdings nicht ohne vorher meinen Ältesten zu bitten, auf gar keinen Fall zu lachen, denn solcherlei Damen sind nicht auf den Mund gefallen, und Ärger wollte ich vermeiden. Folgendes Gespräch entwickelte sich nun am Klofenster: „Guten Tag, ist das hier so ein richtiges Klo mit Wasser und so?“
„Na klar.“
„Also kann man sich hier mal ungestört lösen?“
„Was wollen Sie hier lösen?“
„Ich meine, ob man hier auch gepflegt sch… scheißen kann?“
Das verstand sie sofort und bestätigte es strahlend und wollte sogleich wissen, ob ich selber rauf wollte oder mein Sohn. Ich musste.
Da klagte sie mir mit traurigem Blick ihr Leid. „Sie wissen ja gar nicht, wie schwer es heute ist mit den Leuten, allens wird geklaut, so schnell kann man gar nicht gucken, und zerstört wird allens. Obwohl erst kürzlich eröffnet, sind schon sämtliche Brillens und Deckels bei die Männers kaputt, und sogar die Hähnens sind geklaut und auch einige Ziehers abmontiert!“
Ich versicherte sie meines Mitgefühls und blies kräftig in ihr Horn. Zwischendurch wendete sie hin und wieder ihr Ohr den einzelnen Damenkabinen zu, um sich an den unterschiedlichen Geräuschen, die sie durch jahrelange Praxis unfehlbar deuten konnte, zu orientieren, damit ihr letztlich niemand unbezahlt durch die Lappen gehen konnte. Dann steckte sie vertrauensselig ihren Kopf noch näher zu mir, denn mit so einem gebildeten Herrn ließ man sich gerne sehen, und sagte halblaut: „Jetzt sind die Kabinens frei, Sie dürfen schnell bei den Damens rauf, da ist es sauberer, kommen Sie man schnell rein!“
„Nee“, sagte ich, „das mag ich nicht, das ist mir peinlich, wenn neben mir plötzlich eine Dame ungeniert drauflos wirtschaftet und mich vielleicht hinterher noch sieht und schreit, und Ärger wollte ich ihr ja schließlich auch nicht machen, dann ginge ich lieber in den Wald und setzte mich hinter einen dicken Baum, dann kriegt er gleich frischen Dung und ich kann die schöne Natur genießen. Also nichts für ungut und schönen Dank, ich werde ihr Etablissement weiterempfehlen!“
Das konnte sie natürlich ganz gut verstehen. Dankbar gerührt drückte sie mir unauffällig ausreichend Toilettenpapier in die Hand und erklärte den kürzesten Weg.
Als wir endlich außer Sichtweite im Auto saßen und sie mit dem Nachwinken aufgehört hatte, mussten wir erst einmal lachen über diese gute Seele. Sie wird gewiss noch oft von ihrer netten Bekanntschaft dem ganzen Dorf erzählt haben.
Wo Swantevit im Meer versank,
Grün eingerahmt von Meeres Tang,
Da badet heut’ im Mondenschein
Ein wunderschönes Mägdelein.
Sie liebt den sprudelnd’ Meeresschaum,
Des Mondes Weg im lodernd’ Baum,
Das traurig’ Lied der Nachtigall,
Des Jägers fernen Büchsenknall.
Nun gleitet sie vom Stein hinab,
Und ahnt doch nichts von Swantes Grab!
Als sie im dichten Tang verschwand,
Betet der Götze: „Gott hab’ Dank!”
Hätt’ ich sie einmal nur besessen,
Könnt’ ich sie jetzt vielleicht vergessen,
Doch was ich damals nicht bekam,
Zieht mich noch heute magisch an!
Die Welle sich zum Berg auftürmt,
Am Himmel Wolkenherde stürmt,
Die Sonn’ sich bricht in allen Farben,
Das kann man nur im Norden haben!
Urlaubserfahrungen in Wieck
1980
Mit den sogenannten „Einheimischen“ hatten wir als „Wochenendhäusler“ so unsere Probleme. Frühmorgens eile ich zum Bäcker, denn frische Brötchen gehören nun mal zu einem zünftigen Frühstück. Ich bin dann auch der dritte Kunde vor der Ladentür des Bäckermeisters Kummer. Und was passiert nun wohl? So nach und nach kommen die Einheimischen angeschlendert und postieren sich gelassen im Schatten der Urlauber. Aber kaum wird die Ladentür geöffnet, gehen sie stolzen Hauptes an der inzwischen lang gewordenen Schlange vorbei und sind die Ersten im Laden. Und werden selbstverständlich auch bedient. Und nicht nur mit zehn Brötchen, nein einhundert werden eingesackt, und die Verkäuferin belehrt die nun allmählich ihre Fassung verlierenden Urlauber, die ängstlich ihre Brötchen schwinden sehen, dass das Einheimische wären, Berufstätige, die nicht so viel Zeit wie die Urlauber hätten, und schon sind die Brötchen alle. Pech gehabt? Schweinerei, denke ich, in Stralsund gibt es so etwas nicht. Man stelle sich einmal vor, ich als „Einheimischer“ des Tribseer Dammes ginge bei Bäcker Kaschützke an der brav wartenden Schlange aus Knieper-West oder Grünhufe vorbei in den Laden. Man würde mich zu Recht erschlagen! Von Unrechts wegen könnte ich ja in Wieck auch an der Schlange vorbeigehen, denn das Haus, in dem wir Urlaub machen, gehört uns, aber leider ist es eben nur ein Wochenendhaus, und deshalb bin ich eben kein Einheimischer. Und deshalb muss ich mir genau wie alle anderen Urlauber die Brötchen vor der Nase wegschnappen lassen!
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