Der weltweit anerkannte Experte des Karatedô, des Kobudô und des Taijiquan interessiert sich leidenschaftlich für Kampfkünste in all ihren Erscheinungsformen. Nach Effektivität im Kampf zu streben bedeutet für ihn, alle Entwicklungen vorurteilsfrei zu betrachten. Diese Überzeugung führte den modernen „Rônin“, als den er sich sieht, dazu, seiner Praxis auch andere Techniken hinzuzufügen, was selbst den Umgang mit zeitgenössischen Waffen einschließt. So ist er (mit entsprechenden Diplomen aus den USA und der Schweiz) u. a. auch als Ausbilder im Kampfschießen mit Handfeuerwaffen tätig.
Foto 1: Ôtsuka Tadahiko, links, gemeinsam mit dem Autor (Straßburg, Oktober 1993)
Mit seinem Institut Tengu , das er 1995 gründete, begann parallel zu seiner Tätigkeit als Budôka eine neue Etappe seiner Forschungen auf dem Gebiet der Kampfkünste. Das Ziel dieses Instituts besteht darin, auf Grundlage des Studiums und des praktischen Vergleichs zahlreicher Formen des Kampfes mit und ohne Waffe zu einem umfassenden Konzept der Selbstverteidigung zu gelangen, das den Gegebenheiten des heutigen Lebens gerecht wird. Die Absicht von Habersetzer Sensei besteht darin, der Praxis des Karatedô einen Sinn zu verleihen, der in der modernen Gesellschaft Bestand hat, einen Sinn, der nichts zu tun hat mit sportlichen oder spielerischen Varianten. Sein leidenschaftliches Streben gilt einer gültigen Neubestimmung des Konzepts des Kriegertums für unsere Epoche; Techniken, Taktiken und Verhaltensweisen der Praxis des klassischen Karatedô sollen mit den Gegebenheiten unserer Zeit in Einklang gebracht werden.
„Der Weg des Tengu“ (Tengu no michi) ist für ihn das Abbild einer neuen Bewußtwerdung, eines Willens, einer modernisierten Methode des Budô. Geistige Einstellung und technische Mittel entsprechen dabei den Anforderungen der heutigen Welt. Indem er nach langen Jahren auf dem Weg des klassischen Karatedô eine authentische Schule (Ryû) der vereinigten Kampfkünste (Shin Budô), „Tengu no michi“, gegründet hat, tat Habersetzer Sôke nichts anderes, als den lebendigen Geist der Tradition in die Gegenwart einzubringen. Ganz im Sinne eines „Tatsujin“ („aufrechter Mensch“) ist er somit seiner ursprünglichen Wahl treu geblieben, indem er die Tradition mit Nachdruck und Überzeugung ehrt und weitervermittelt.
Außer den 48 Originalzeichnungen des Bubishi, den 32 Zeichnungen aus dem Ji Xiao Xin Shu, die ihm von Ôtsuka Sensei anvertraut wurden und einigen Illustrationen, deren Quellen angegeben wurden bzw. die lizenzfrei sind, entstammen alle Zeichnungen der Feder des Autors.
Die Fotografien, wenn nicht anders vermerkt, sind von Gabrielle Habersetzer und aus den Archiven des Autors bzw. entstammen lizenzfreien Quellen.
Die Fotos, die Ôtsuka Sensei bei seiner Vorführung der Happoren no kata zeigen, wurden von Jean-Claude Bénis und von Jean-Jacques Graff angefertigt.
Der Autor dankt nachdrücklich Ôtsuka Tadahiko Sensei, 9. Dan des Gôjûkensha von Tokio, dessen Wissen und dessen Freundschaft dieses Werk ermöglicht haben.
Gleichermaßen geht der Dank des Autors an Jean-Jacques Graff, 2. Dan, der ihm als Partner in zahlreichen Praxisstunden für die Herausarbeitung der Interpretationen der 48 Bildtafeln des Bubishi diente, sowie an Jacques Faieff, 4. Dan, und Bernard Bomati, 3. Dan, Ausbilder am CRB, welche ebenfalls auf einigen Fotos dieses Buches vertreten sind.
Der Autor weiß den ausgezeichneten Kontakt mit Patrick McCarthy zu schätzen, der eine eigene Studie über das Bubishi verfaßt hat und der dem Autor gestattet hat, auf eine Anzahl von Informationen und Überlegungen dieser Studie zurückzugreifen.
Der Autor dankt Claudia von Collani aus Würzburg, Danträger des CRB/Institut Tengu, Theologin, Japanologin und Sinologin, für ihre Recherchen, die die Einführungen zu den „32 Formen des Boxens des Kaisers Song Taizu“ bereichert haben.
Centre de Recherche Budo (CRB)
7b Chemin du Looch
F-67530 Saint-Nabor
Internet: www.karate-crb.com
Deutsche CRB-Website:
www.wslang.de/karatecrb
Vorbemerkung zur 3. deutschsprachigen Auflage
Die 32 Formen des „Boxens des Kaisers Song Taizu“
Kaiser Song Taizu (927 - 976), der Begründer der Song-Dynastie. Er gilt als Schöpfer eines eigenen Kampfkunststils, des Taizu Chang Quan („Taizus lange Faust“), auf welchen die 32 Formen aus dem Ji Xiao Xin Shu zurückgehen.
Ôtsuka Tadahiko Hanshi, der Leiter des Gôjûkensha in Tokio, bat mich im Rahmen eines Besuches im Elsaß im Herbst 2007, die „32 Formen“ von Qi Jiguang in Europa zu veröffentlichen (siehe S. 55ff.). Diese sind auch Bestandteil des ersten Bubishi (Wu Bei Zhi) von Mao Yuan Yi (siehe S. 23f.). Ich nutze die Gelegenheit der deutschsprachigen Neuauflage meines Buches über das okinawanische Bubishi, um diese bislang im Westen nicht veröffentlichte Arbeit zu publizieren. Dies stellt einen wichtigen Beitrag für die Erforschung der Wurzeln der Kunst der „leeren Hand“ dar – des okinawanischen Tôde und des daraus hervorgegangenen japanischen Karate. Einmal mehr bin ich Ôtsuka Sensei zu großem Dank verpflichtet für das Vertrauen, das er mir entgegenbrachte, als er mir seine Übersetzungen des alten chinesischen Dokuments sowie einige Kommentare dazu anvertraute (mit einer Übertragung ins Französische, die durch seine Schüler Philippe Callens und Kyôko Momose ausgeführt wurde). Die dazugehörigen Abbildungen entstammen dem Werk „Ji Xiao Xin Shu“ von Qi Jiguang, in der Version, wie sie ins Wu Bei Zhi von Mao Yuan Yi aufgenommen wurde.
General Qi Jiguang (1528 - 1588). Er gilt als Autor des Ji Xiao Xin Shu, einem Handbuch für die militärische Ausbildung, das u. a. die 32 Formen des Taizu Chang Quan enthält.
Der Weg, dem wir in den Kampfkünsten folgen, ist eine der Erscheinungsformen des Tao. Ich glaube, daß dies auf menschlicher Ebene einfach nachzuvollziehen ist. Gleich dem Tao hat der Weg weder Anfang noch Ende. Seit es die Menschheit gibt, existiert er, spornt er an, folgt er bestimmten Vorgehensweisen. Und es wird ihn so lange geben, wie es Menschen gibt, die es dazu drängt, sich den Fragen zu stellen, die der Weg aufwirft. Den Weg zu erforschen kann bedeuten, zu versuchen, stromaufwärts zu seinen Quellen vorzustoßen – was eine Art archäologische Neugierde voraussetzt. Man kann aber auch versuchen, seinem Fluß stromabwärts zu folgen, angespornt von einer Zukunftsvision, so, wie ich es selbst mit meinem „Weg des Tengu“ (Tengu no michi) versuche. Beides verlangt unendlich viel Gefühl für das rechte Maß, Respekt und Bescheidenheit. Ich bin sehr glücklich, daß ich dank der Freundschaft von Ôtsuka Tadahiko Sensei hier wieder die Gelegenheit hatte, den Weg in Richtung seiner Quellen erforschen zu können. Er, der genau verstanden hat, welche Ziele ich mit meinem „Weg des Tengu“ verfolge, hat mir – im vollen Bewußtsein der Unterschiede unserer Vorgehensweisen – erneut sein vollkommenes Vertrauen geschenkt.
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