Der Code Noir
Eve
Roman von
Insa Roland
1. Die Ankunft Der Code Noir Eve Roman von Insa Roland
2. Das neue Halsband
3. Pachet
4. Shopping und andere Unannehmlichkeiten
5. Verkauft
6. Master Tom
7. Pläne
8. Mit aller Härte
9. Der Bruch
10. Maxime’s Besuch
11. Stürmisch
12. Das Boot
13. Auszug
14. Gemütlichkeit
15. Beweisführung
16. Ball Vorbereitungen
17. Der Antrag
18. Eltern
19. Der Fetisch Ball
20. Gebunden fürs Leben
Der Flug war schrecklich, hatte er doch schon mit einer Wartezeit auf dem Vorfeld begonnen. Später schüttelten heftige Turbulenzen das Flugzeug wie ein Cocktailmixer. Für einen Moment dachte Eveline darüber nach, ob es ein Zeichen sein sollte. Eines stand fest: Marie und sie führten eine Liebesbeziehung mit dem gewissen Extra. Das was nun vor ihr lag, beschränkte sich auf Letzteres. Wie würde sie damit umgehen können? Ging das nicht alles etwas zu weit? Natürlich hatte sie diese Neigung und es wäre Selbstbetrug, das zu verneinen. Ob Robert und Julie aber die richtige Wahl waren, stellte sich immer mehr infrage. Aber kaum hatte Eveline den Ankunftsbereich verlassen, begrüßte sie Susanne mit all ihrer Herzlichkeit. Sie hatte geduldig im Flughafen ausgeharrt. Etwas worüber Eveline bereits begonnen hatte, sich Sorgen zu machen. Was wenn sie niemand abholen würde? Eine Befürchtung, die sich glücklicherweise nicht bewahrheitet hatte.
„Es ist so schön, dich wieder zu sehen Eveline!“, empfing sie sie freudestrahlend. Susanne lud Eveline im nächsten Dorf auf einen Kaffee ein. Dort würden sie Gelegenheit haben ausführlich zu reden, eh sie Eveline auf das Anwesen bringen würde. Es schien ihr ein Bedürfnis zu sein, Eveline ihr Beileid auszusprechen und berichtete darüber, mit wie viel Fassungslosigkeit die schreckliche Nachricht von Maries plötzlichem Tod aufgenommen wurde. Sichtlich ergriffen beschrieb sie, wie niedergeschlagen Robert und Julie waren. Besonders bei Julie hatte es einen tiefen Eindruck hinterlassen. Eine Aussage die Eveline überraschte, war sie doch davon ausgegangen, dass Robert die tiefer gehende Bindung zu Marie hatte. Sie lenkte das Thema weg von Marie hin zu Korsika und dem, was sie hier erwarten würde.
„Es war eine gute Entscheidung aus Paris wegzugehen, Susanne. Auch wenn Marie sicherlich für den Rest meines Lebens in meinem Herzen bleibt, sie hätte gewollt, dass ich das Geschehene hinter mir lasse und neu anfange.“
Susanne blickte ihr tief in die Augen. Sie begann sanft zu lächeln und strich Eveline zärtlich über die Wange.
„Du hast recht. Marie hätte nicht gewollt, dass du dich einmauerst und isolierst. Du hast noch so viel vor dir und zu entdecken in deinem Leben. Ein Leben, das es mit Sinn zu erfüllen gilt.“
Eveline nickte, fühlte im selben Augenblick aber, wie es ihrem Ego einen Stich versetzte. War es nicht genau das, was sie die letzten Monate in Perfektion praktiziert hatte? Aber damit sollte nun Schluss sein. Sie würde den beiden auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stehen, ihnen dienen und daran reifen. Bis sie eines Tages, ähnlich wie Marie, mit Stolz und Anmut durchs Leben gehen könnte. Ein Ziel, für das es sich zu leiden lohnte. Zumindest hoffte sie das.
„Ich werde Marie stolz machen. Ich glaube fest daran, dass sie mir von da oben zusieht. Glaubst du nicht auch, Susanne?“
„Ich bin eine tiefgläubige Frau, Eveline! Natürlich wird sie über dich wachen und zusehen, wie du dich hier anstellst. Ich bin fest davon überzeugt, dass Marie sehr wohlwollend zur Kenntnis nimmt, was du hier tust. Ist es nicht auch eine schöne Vorstellung zu wissen, dass man behütet ist?“
Für einen Moment wurde Eveline etwas unwohl. Wenn Marie wirklich über sie wachen würde, sie hätte all ihre Exzesse der letzten Monate miterlebt und sich sicherlich nicht nur einmal büschelweise Haare ausgerissen vor Wut. Eine Vorstellung, die ihr überhaupt nicht gefiel.
„Ich weiß nicht, ob ich wollen würde, dass Marie alles sieht, Susanne! Ich hab Dinge in den letzten Monaten getan, auf die ich nicht besonders stolz bin.“
„Oh Eveline, natürlich ist nicht alles, was du tust, in Maries Sinne. Doch glaube ich, sie wird verstehen, warum du es getan hast.“
Der Gedanke beruhigte Eveline ein wenig und entlockte ihr ein Lächeln. Leicht versonnen nippte sie an ihrem Latte macchiato. Sie blickte durch das große Schaufenster. Draußen vor dem Café hetzte der Frühlingssturm vereinzelte Wolken über den Himmel. Die Sonne tat gut. Zu lange war sie in das triste Grau gehüllt gewesen. Der Winter in einer Stadt war nie schön, doch der letzte war besonders schlimm und hatte ihre Trauer in einen depressiven Sumpf verwandelt.
„Madame und Monsieur haben Verständnis für deine Situation, Eveline. Sie werden dir die Zeit geben, die du brauchst, um dich einzugewöhnen. Sie wissen selbst sehr genau, wie es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren.“
Natürlich wussten sie das. Der Tod von Isabelle hatte die beiden damals schwer getroffen. Aber genau das verunsicherte sie nun ein wenig. Sie würde kein Ersatz für Isabelle sein können. Isabelle war Vergangenheit, genau wie Marie. Eveline nickte sanft und blickte wieder in die Augen der Frau, die ihr auf so mütterliche Weise versuchte, die Bedenken und Ängste zu nehmen.
„Das weiß ich, Susanne. Aber danke. Auf der einen Seite möchte ich nicht, dass man besondere Rücksicht nimmt, auf der anderen habe ich Angst mich zu verlieren und Marie zu verdrängen.“
Susanne nahm sie wortlos in den Arm und drückte sie fest an sich. Es brauchte keine Worte, um zu verstehen, was Susanne ihr sagen wollte. Sie hatte verstanden, was Eveline fühlte.
Nach einer Weile des Schweigens zahlte Susanne die Getränke und blickte auf die Uhr. Die beiden tranken aus und gingen langsam zum Auto. Eh sie wieder ins Auto stieg, überkam sie dann doch ein Gefühl der Panik. Ja, Marie hatte die beiden sehr gemocht. Doch wusste sie selbst so wenig über sie. Bis auf das Wochenende auf dem Anwesen hatte sie nicht viel von Robert und Julie erlebt. Und selbst da waren sie meistens mit anderen Gästen beschäftigt. Vielleicht war das alles eine äußerst schlechte Idee gewesen, Hals über Kopf hierher zu kommen. Susanne bemerkte ihr Zögern, als sie an der Autotür stand, schüttelte den Kopf und kam um den Wagen herum zu Eveline.
„Es ist alles gut, meine Liebe. Du musst dir keine Sorgen machen. Die beiden sind ganz wundervolle Menschen und werden sich fürsorglich um dich kümmern.“
Eveline sah sie erstaunt an. Langsam begann Susanne ihr Angst zu machen. Es schien, als würde diese Frau Gedanken lesen können.
„Du bist mir unheimlich, Susanne! Woher weißt du, was in meinem Kopf vorgeht?“
Sie strich Eveline wohlwollend über die Schulter und öffnete ihr mit einem Lächeln die Tür. Die ganze Fahrt über schwiegen sie, auch wenn sie sich immer noch Sorgen machte, entschied Eveline sich, es auf sich zukommen zu lassen. Sollte es überhaupt nicht funktionieren, würde sie es denn beiden sagen und zurück nach Paris reisen. Sie würde sich selbst eine Probezeit geben und sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Sicherlich würden die beiden es nicht anders wollen.
„Ich sehe Geister und mache mich verrückt“, fuhr es plötzlich aus ihr heraus.
Susanne erschrak so heftig, dass sie fast von der Fahrbahn abgekommen wäre.
„Gott, Eveline! Musst du mich so erschrecken? Meine Güte!“, entfuhr es ihr geschockt.
„Aber ich stimme dir zu, wenn es das ist, was ich denke. Es gibt wirklich keinen Grund sich Sorgen zu machen. Du wirst sehen, in ein paar Tagen lachst du über deine jetzigen Zweifel.“
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